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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 69
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0281

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Mittwoch, 16. Juni 1869.

Zo. 69.

Dritter Jahrgang.


Erscycim Sonntag,
Mitnv oct> und
ärBtag.
Alle Vostanstalten und
Boten nchinen Bestel-
lungen an.

Preise ^jährlich 15kr.
per Post bezogen 56 kr.
Anzeigen werden die
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deren Raum mit nur
2 kr. berechnet.
Tie Boten erhalten
2 kr. monatlrcy.

Verkündigungsblatt des Amts- und Amtsgerichts-Bezirks Schwetzingen.
Organ der badischen Aopsenproducenten
(luiter Kontrolle der landioirthschastlichen .Bezirksdirektion Schwetzingen stehend).

Wie man in „Sympathien" macht»
Preußenfeindliche, sonst aber — deutsche (!) Blät-
ter gefallen sich in der Schilderung folgenden Er-
eignisses :
„Wahrend die Bevölkerung von Paris sich
durch die Nichiwiederwahl von Mpoult, Jules
Favre, Ollivier in prenßenseindlichem Sinne aus-
sprach, hat die Bevölkerung der Stadt St. Dizier
letzten Sonntag durch eine imposante Demonstration
zu Gunsten des Königs von Hannover und seiner
Sacke, einen eklatanten Beweis der Gesinnungen
gegeben, welche man in den franz. Provinzen für
Preußen und dessen Erfolge von 1866 hegt.
„lieber diesen Vorfall, der die Aufmerksamkeit
aller hiesigen politischen Kreise erregt, berichtet das
Journal »Tis kroArss äs lu Hunts-Nurns« : in
der Stadt Dizier, bekannt durch ihre tapfere Hal-
tung unter Francois I. und ihren muthigen Wi-
derstand 1814 gegen dm Preußen, fand ein Volks-
fest statt, wie ein solches selten vorznkominen Pslegl.
In St. Dizier leben ebenfalls einigrirte Hanno-
veraner, die sich der freundschaftlichsten Behandlung
von Seite der Bevölkerung erfreuen. Einer der
angesehensten Bürger der Stadt, Hr. E. Chtlot,
der sich besonders um die armen Flüchtlinge an-
nahm, hatte sich durch einen derselben an den Kö-
nig Georg V. mit denk Ansuchen gewendet, der
Hannoveranische Herrscher möge seinen erstgeborenen
Sohn zur Taufe halten. König Georg willfahrte
bereitwilligst diesem Ansuchen und so fand letzten
Sonntag die feierliche Ceremonie statt, die aus
einem Familienfeste eine große Demonstration (!)
einer ganzen franz. Provinzstadt gegen Preußen
wurde. Der König von Hannover hatte seinen
hier ansässigen Vertreter, Hrn. Negierungsrath
Meding beauftragt, sich nach St. Dizier zu
ben und dort an Stelle des Königs
vorztmehmen. Herr Meding traf

u m den Hals!
(Schluß.)
Ich nahm dann die Sache in die Hand und gab dem
gelehrten Richter eine Rede zu hören, in welcher ich jeden
Umstand mit der Schärfe und Genauigkeit abmaß, als wenn
ein Geiziger fein Gold zählt. Der anklagende Advokat
streckte sich und gähnte und gerieth endlich außer sich; auch
der Richter verlor die Geduld und sagte mißgestimmt:
„Dies ist ganz überflüssig, Mr. U., Ihre Bemerkungen
haben keine Wirkung auf die Geschworenen. Wenn Sie
Zeugen haben, so führen sie dieselben vor,"
„Ich habe nur Einen, Euer Ehren!"
„Wer ist es?"
„Mr. Detective Farceur aus San Franzisco."
Jeder Anwesende schien hierüber sehr verwundert zu
sein, aber keiner mehr, als der Detective selbst. Er war
immer noch durch das schwarze Pflaster entstellt und sein
eines scharfes kleines, grünes Auge richtete sich unruhig auf
mich, als er noch ein Mal die Zeugenbank betrat, welche
eine Armlänge von mir entfernt war. Ich muß den Leser
hier daran erinnern, daß ich im Begriff stehe, ein Verhör
zu beschreiben, das sich in Californien im Jahre 185* und
nicht in einem formellen Gerichtshöfe zutrug.

tuiig des Majors Düring, Flügeladjudant des
Königs, 6 oder 7 andern hannoveranischer Offiziere
Sonntag um halb 2 Uhr in St. Dizier ein und
wurden die Herren am Perron des Bahnhofes von
einer zahlreichen Deputation empfangen. Der
Zug verfügte sich ins Stadthaus, wo der Maire-
Stellvertreter im großen Saale den Vertreter des
Königs Georg begrüßte und die Vorstellung der
Vokabeln und Mnnizipalräthe erfolgte. Von da
ging es begleitet von Talksenden von Menschen
unter dem Zurufe von Seite der Bevölkerung nach
dem Hause des Hrn. Chilot, welches mit weißgelben
und franz. Fahnen decorirt, und wo über dem
Eingang das hannoverische Wappen in Heller Far-
benpracht prangte. Als Herr Regierungsrath Me-
ding mit den übrigen Herrn die Schwelle über-
schritt, spielte eine Musikbande die hannöverische
und französische Volkshymne (!) Hier wo zahlreiche
Gäste harrten, fand eigentlich erst öie erste offizielle
Begrüßung durch Hrn. Chilot statt, der in einer
sehr schwungvoll gehaltenen und gefühlvollen Rede
dem König von Hannover für die Ehre, welche er
nicht nur ihm und der Familie, sondern der gan-
zen Stadt erweise, dankte. Ans diese Ansprache
erwiederte Herr Meding ungefähr Folgendes:
„„Ich bin entzückt und geehrt meine Herren,
Ihnen den Dank des Königs, meines erhabenen
Herrschers, anssprechen zu können für den sympa-
thischen Empfang, welcher den flüchtigen Hanno-
veranern in Frankreich überhaupt und in St.
Dizier insbesondere zu Theil wurde. Das ganze
Hannoveranische Volk theilt die Dankbarkeit Seiner
Majestät. Wir haben in Frankreich, wie andere
Verbannte von dem lieben Vaterlande jene Sym-
pathie gefunden, welche diese große und mächtige
Nation allem großen und erhabenen Unglücke zollt.
Aber wir haben mehr als Sympathie, wir haben
nachahmungswürdige Beispiele gefunden. Wir ha-
ben vor uns das Beispiel des großen Königs
Franz I., dessen Geschichte so eng mit den Ueber-
Frage. „Mr. Farceur, wie lange sind Sie geheimer
Polizei-Agent gewesen?"
Antwort. „Zwanzig Jahre lang."
F. „Wo befanden Sie sich in der Nacht, als der
Mord geschah, dessen Mr. Thornc beschuldigt ist?"
A. „Auf meinem Wege von diesem Ort nach dem
Westen; ich langte in der Nacht bei Ihrem Geschäfts-
lokal an."
F. „Lind Sie gewiß, daß Sie nicht in nordöstlicher
Richtung gekommen sind?"
A. „Ja, ich bin dessen gewiß."
F. „Mr. Farceur, sprechen Sie französisch?"
A. „Sehr unvollkommen."
F. „Sie sprachen es sehr fließend iy Ihrer Unter-
haltung mit Ihrem schurkischen Camernden bei der Eichen-
gruppe am Flußufcr, wo ich Sie in der vergangenen Nacht
hörte."
D'er Deteclive fuhr zusammen, wie wenn er eine La-
dung Schrot erhalten hätte. Sein kleines grnneS Auge
sank in den Kopf zurück, als ob es eine Glasperle wäre.
Meine anderen Fragen waren kurz und zum Ziele führend.
F. „Mr. Detective, haben Sic nie einen andern Na-
men geführt, als Farceur?"
A. „Nein, Sir."

bege-
ben Taufakt
nuu in Bealei-

liefernng.en von St. Dizier znsawmenhüngt, dieses
Kölligs, der nach der Schlacht von Pavia jene
erhabenen Worte sprach: „Alles ist verloren, nur
die Ehre nicht!" und der eben durch die Ehre,
die er nicht verloren, sein Königreich, seine Macht,
seinen Ruhm zurück eroberte.
„„Wenn ihre Sympathien uns trösten, so geben
uns ihre Beispiele Mutb. Die Dankbarkeit für
Frankreich wird für ewig in alle hannoverische
Herzen gegraben sein und auch in Hannover wird
man eben so heiß wie hier beten: „Gott schütze
Frankreich, die Beschützerin alles hohen Unglücks!""
„Diesen Worten folgte ein ungeheuerer Beifalls-
sturm, der durch die von drallsten hereintönenden Rufe:
„^ivs 1s roi OsorFs & Vivs 1s HanQOvrs"
noch vermehrt wurde.
„Gegen 3 Uhr begab sich der Zug mit dem
Täufling und sämmtlichen Gästen nach der Kirche,
wo die Geistlichkeit die Allkommenden an der
Schwelle des Gotteshauses empfing. Unter Glocken-
gelünte und Orgcltönen fand der Eingang in die
vollgepropste Kirche statt, wo der feierliche Akt
vollzogen wurde. Nach demselben und nach An-
hören des Abendgebetes verliest mail die Kirche,
um im Hotel äs vills den Civilact vorzunehmen.
„Um 6 Uhr Abends fand ein von Hrn. Chilot
zu Ehren seiner Gäste veranstaltetes Diner von
90 Gedecken statt, an welchem alle ofsiciellen Per-
sönlichkeiten der Stadt und Umgebung, alle Notab-
len rc. theilnahmen, wahrend sich auf dem Platze
eine unabsehbare Menschenmenge drängte und
drückte, um wieder die im Saale gesprochenen und
beklatschten Worte zu erhaschen. Daß es hierbei
an Toasten nicht fehlte, brauchen wir wohl kaum
zu erwähnen und haben besonders drei einen nicht
endeil wollenden Jubel hervorgerufen ; der des Hrn.
Chilot auf den König von Hannover und jener
des Regiernngsraths Meding aus Frankreich." (!)

F. „Ich möchte es doch glauben. Sie erlauben wohl,
daß der Richter und die Geschworenen Ihr Gesicht sehen.
Ich will Ihnen helfen."
Ich streckte bei diesen Worten rasch meine Hand aus,
und mit zwei schnellen Bewegungen hatte ich dem Zeugen
sein Augcnpflaster, seinen falschen Backenbart und seine beiden
Perrücken vom Kopf gerissen, was eine große Veränderung
in seinem äußeren Erscheinen hervorbrachte. Er zeigte sich
jetzt als ein glattrasirter schwarzhaariger Bursche, auf dessen
Züge das Verbrechen seinen Stempel gedrückt hatte.
„Nun, Mr. Detective Farceur", fuhr ich fort, „find
Sie ganz gewiß, daß Sie nicht einen anderen Namm führen,
unter dem Sie allgemein bekannt sind?"
„Nein", antwortete er hartnäckig, „ich weiß von keinem
andern."
„Aber ich weiß Ihren Namen ganz sicher", behauptete
ich, „und ich wünsche, daß alle Anwesenden ihn erfahren,
er ist La Morte."
Die Wirkung dieser Worte, welche mit lauter Stimme
gesprochen wurden, war magisch. Jedermann sprang von
seinem Sitz empor. Der falsche Detective warf einen
wirren Blick umher, zog ein Messer aus der Brust, durch-
brach die Menge und stürzte zur Thür. Aber er war augen-
blicklich zu Boden geschlagen und wieder zurückgeschleppt.
 
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