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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 51
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0209

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Sonntag, 2. Mai 1869.

>0. 51.

Dritter Jahrgang,

Erscheint Sonntag,
Mittwoch und
Frcitag.
Alle Postanftaltcn und
Boten nehmen Bestel-
lungen an.


ochenölatl
für die Bmvke Ichwthingcn und PH Nippsbürg.

Preis: ^jährlich 45kr.
per Post bezogen 56 kr.
Anzeigen werden die
dreispaltige Zeile oder
deren Raum mit nur
2 kr. berechnet.
Die Boten erhalten
3 kr. monatlich.

Verklmdigmigsblatt des Amts- und Amtsgerichts-Bezirks Schwetzingen.
Hrgan der badischen Aopfenproducenten
(unter Kontrvle der luudwirthschaftlicheu Bezirksdirektion Schwetzingen stehend).

^ Vorgesehen nnd nachbedacht.
Demokratie und U l t a m o n t a n i s m n s
reichen sich in unserem Lande die Hände, um die
n al i o n a l li be ra le Partei trocken zu setzen!
Zwei nette Verbündete, welche wahrlich nicht ge-
genseitige Zuneigung sondern nur der Haß, den
sie dem gemeinschaftlichen Gegner zollen, zusammen
führt.
Leide Parteien — Ultramontane wie Demo-
kraten — wissen recht wohl, daß, wenn es ihnen
gelingen würde, die Nationalliberalcn zu stürzen,
sich dann zwischen ihnen selbst ein erbitterter Kampf
um des erlegten Bären Fell entspinnen müßte, aber
so sicher auch der Eintritt dieses Momentes ist,
falls die nationalliberale Partei unterliegen müßte
— man hütet sich diese Achillesferse des Bündnis-
ses zu berühren !
Die Demokratie, diese sog. Volksparte!, die sich
der Hochherzigkeit ihrer Plan: und Ziele, der
Ehrlichkeit ihrer Mittel rühmt, ist rünkevoll genug
sich mit einer Partei zu verbinden, welche herrsch-
süchtig nnd brutal, den Rückschritt in Staat nnd
Kirche will, die ihren Weg zu diesem Ziele mit
unabänderlicher Konsequenz und Rücksichtslosigkeit
wandelt, nnd welche nur darum die Mitwirkung
der Demokratie zu erreichen sucht, um ihrem ab-
schreckenden Gebühren als Köder den Deckmantel
des „versimpelten" Liberalismus, wie sie ja jede
freie Regung nennt, nmhängen zu können!
Durch das Zusammengehen mit den Ultramon-
tanen arbeitet die Demokratie für die Ausbreitung
des geistigen nnd politischen Despotismus nnd schlügt

somit lieber ihren eigenen Grundsätzen ins Gesicht,
als sich mit der liberalen Partei zu verständigen
nnd gemeinschaftlich mit ihr zu kämpfen, daß die
Bahn des Fortschritts frei wird.
Ja, ihr Herren Demokraten, ihr gedenket es
pfiffig zu machen, aber ihr habt es im Ultra-
montanismus mit einem Verbündeten zu thnn, der
gleichzeitig insgeheim euer schlimmster Gegner ist,
der euch — nichts für ungut — an Macht, Kraft
und Schlauheit zehnmal überlegen ist, der euch im
Falle des Sieges, der ohnehin höchst zweifelhaft,
in die Tasche stecken uno um die Früchte der Arbeit
betrügen würde!
s Tagesübersicht.
Schwetzingen, 30. April.'
Die Postverhandlnngen des nordd. Bundes mit
England sind gescheitert, mögen aber wohl
später wieder anfgegriffen werden, dagegen kam mit
Nom ein Postvertrag zu Stande.
In Gladbach fand unter dem Vorsitze
des Neichstagsabgeordneten Fritz M ende eine
Volksversammlung statt, welche der anwesende Po-
lizcikommissär in Folge einer Rede des Vorsitzen-
den für aufgelöst erklärte. Die Anwesenden wei-
gerten sich den Saal zu verlassen, es kam zu einem
furchtbaren Tumult, wobei Messerstiche nnd Glä-
serwürfe mit unterliefen. Mende wurde mit etwa
l5 der Tnmullanten verhaftet nnd nach Düssel-
dorf verbracht.
In Hannover hat eine Haussuchung eine Liste
ans Tageslicht gebracht, die ein Verzeichnis; der
Leute enthält, welche vom Exkönig Georg un-
terstützt werden nnd dafür in welfischem Patriotis-
mus machen.
Die Session des sranzös. gesetzgebenden Kör-

pers ist beendigt nnd stehen für Ende Mai die
Neuwahlen in Aussicht.
In Folge der mazzinischen Verschwörung in
Mailand, hat sich die italienische Regierung an den
schweizerischen Bnndesrath gewendet und denselben
ersucht für eine Entfernung Mazzini's vom schwei-
zerischen -Gebiete Sorge zu tragen. Der Bnndes-
prüsident hat darauf hin Mazzini dazu bestimmt,
sich von Lngnano, wo er sich seither aufhielt und
voil wo ans er die Fäden und Maschen der Ver-
schwörung knüpfte, zu entfernen.
Ans Irland ist wieder ein sog. agrarisches
Verbrechen (Mord eines Gutsbesitzers durch dessen
Pächter) zu melden. Agrarische Verbrechen sind
eben eine „Eigentümlichkeit" der grünen Insel
nnd finden ihre Erklärung meist in der Unmensch-
lichkeit lind Härte der Gutsherren.
In Heidelberg wird unter der Redaktion des
Hrn. Sind. Rüdt voll Mannheim ein Blatt für
Arbeiterkreise: Die Waffe betitelt erscheinen.
Der Titel zeigt so ziemlich die Tendenz an, in
welcher das Blatt redigirt wird oder werden soll.
Die erste Nummer, eine wahre Blnmenlese von
Phrasen, ist eine Mahnung an die „Männer des
Schweißes!" Ob der Herr Studiosus diese Män-
ner des Schweißes näher als von Hörensagen
kennt, ist noch ziemlich ungewiß.
Baden.
* Schwetzingen, 29. April. Am 1., 2.
und 3. Mai tagt die Wanderversammlnng badi-
scher Landwirthe und Gutsbesitzer in Mannheim.
Unter den Verhandlungen, die zur Diskussion ge-
langen, erwähnen wir nur die für uns wichtigste:
W elche A nssicht e n ans d a nernde Ei n-
träglichkeit b i e te t i m b a d i s ch e n Land e
der Hopsend a n d (Res. Frhr. v. Bodmanii).
Außerdem werden die HHrn. Dr. Herth, F. Scipio
li. a. m. weitere landwirth. Fragen, die uns fer-
ner liegen, behandeln.

Erlebnisse eines Deutschen in Indien.
(Fortsetzung.)
Dem Gatten gegenüber war das Benehmen von Ma-
dame de L. . . . abgemessen und kalt, obgleich sic sich be-
fleißigte, dies in meiner Gegenwart möglichst zu verbergen,
was ihr aber, trotz der wenigen Erfahrungen, die ich, von
Jugend aus fast nur unter rauhen Seeleuten lebend, im
Umgang mit Damen bisher sammeln konnte, nicht gelang;
doch trug dieses abgemessene und kalte Benehmen anderseits
unverkennbar den Stempel des Gesuchten und Angenom-
menen und es gab Augenblicke, wo ich die Ueberzeugung
gewann, daß die strenge, scheinbar kalte Frau ihren: Manne
mit leidenschaftlicher Liebe ^ugethan war. — Wer vermag
die Widersprüche eines weiblichen Herzens zu ergründen.
Ten Thee nahinen wir in der Regel in der Vorgallerie
(Veranda), die nach den: Garten zu gelegen war, und labten
uns in der Abeudkühle an den herrlichen Düften, die von
den tausenden der balsamischen Blüthen der Bäume und
Sträucher desselben ausströmter. An einen: dieser Abende
hatte mich n:ein Freund aufgcfordert, einige interessante Epi-
soden aus meinem bewegten Sccmannslebcn mitzutheilen.
Manches Ereigniß war wohl der Art, daß es die Aufmerk-
samkeit der Hörer fesseln konnte; mochte aber mein Vortrag

der blumenreichen Ausdruckswcisc ermangeln, ai: welcher
der Orientale so reich nnd daher verwöhnt ist, oder sprach
der Inhalt des Erzählten Frau de L . . . . überhaupt nicht
an, kurz, ich bemerkte sehr bald, daß sie mir nicht nur gar
keine Aufmerksamkeit schenkte, sondern auch unruhig war
und so zu sagen wie auf Kohlen saß. Plötzlich erhob sic
sich, mitten in der Erzählung eines, wie ich glaubte, recht
spannenden, mir zugestoßcncn Abenteuers, verließ uns, ging
in: Garten einigemal hastigen Schrittes aus und ab. und
verschwand dann in einem der dunkeln Laubgänge. — Tas
Gespräch hatte durch diesen Aufbruch der Hane-fran eine
plötzliche Unterbrechung erlitten; schweigend tranken lvir
unsere Tasse Thee, — es war für mich eine peinliche Si-
tuation. Nach einigen Minuten brach ich das Schweigen
und bemerkte: „Deiner Gemahlin scheint meine Unterhaltung
zu mißfallen.* Mit einem trüben Lächeln entgegnete de L.:
„Ach, das mußt Tu so nicht nehmen, sie ist heute schlechter
Laune.* Wie jederzeit, dachte ich, — sagte aber: „Ich hoffe
doch nicht, daß meine Anwesenheit, .... überhaupt, . . . .
daß ich — — * „O nein, nicht doch*, siel er ein, „bitte,
bitte, fahre in Deiner so interessanten Erzählung fort und
übersieh diese launenhaften Grillen meiner Frau. Ich kam
feinen: Wunsche nach, doch er selbst unterbrach mich bald,
indem er meine Hand ergriff und mit bewegter Stimme

sagte: „Alexander, nimm es nur nicht übel, ich weiß nicht,
worin es liegt, aber ich bin nicht in: Stande, aufmerksam
zu sein.* Ti.fes Mitleid fühlte ich mit meinem Freunde;
d c r Mann, der in den Augen der Welt so überaus benei-
denswert!) und glücklich scheint, ist namenlos unglücklich,
diese Ueberzenguug glaubte ich gewonnen zu haben und
konnte mich nicht enthalten, derselben Worte zu geben. Of-
fen sprach ich meine Meinung dahin aus, daß ich mich
überzeugt halte, wie er sich unglücklich fühle, daß sein Un-
glück ii: seiner Heirath begründet wäre, und daß Liebe und
Zufriedenheit aus seinen: Herzen entflohen sei. Mit einem
erzwungenen Lachen entgegnete er: „Aber Freund, wie kommst
Du zu solcher Annahme? Ich versichere Dir als Ehren-
mann. daß ich sehr glücklich bin, meine Frau wie meinen
Augapfel liebe und ebenso auch überzeugt bin, daß sie nur
mit derselben Liebe zugethan ist, die sie empfand, als wir
am Altäre unsere Hände in einander legten.* Dieser Aus-
spruch von einen: Manne, dessen Offenheit und Wahrheits-
liebe ihn schon als Jüngling kennzeichncte, dessen Ehrenhaf-
tigkeit hier von Allen ganz besonders anerkannt und hervor-
gehobcn wurde, befremdete und verwirrte mich, um so mehr,
da, als kann: seine Worte verklungen, auS dem Garte,: ein
Jammergeschrei zu uns drang und ich darin die Stimme
der schönen Sclavin erkannte. (Fortsetzung folgt.)
 
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