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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 82
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0333

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Kttitaa. 16. Juli 138g. 82. Tritt« Jahrgang.


Amls-Derküildigimgsblatt für den Bezirk Schwehmgen.

Badische Hapscnfeiinng.

Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe Sonntagsblatt. — Ale Postanstaltm und Boten nehmen Bestellungen an. — Preis vierteljährlich 1 fl. 15 kr.
Anzeigen, die dreigcspaltene Petitzeüe oder deren Raum 3 kr.

Die Gestaltung der Dinge in
Frankreich.
War es schon bei den diesjährigen Wahlen
Zum französischen gesetzgebenden Körper klar ge-
worden, daß eine Krisis für das französ. Kaiser-
reich angebrochen sei, und mahnte der tobende
Lärm der Pariser Straßenunruhen noch deutlicher
daran, daß die alten Zeiten des geräuschlos wal-
tenden Absolutismus für Frankreich vorbei seien,
so stellte es sich vollends im Verlaufe der außer-
ordentlichen Session der franz. Kammer, welche jetzt
ein so schnelles Ende genommen hat, unzweideutig
heraus, daß die Regierung Ludwig Napoleons an
einer entscheidenden Epoche angelangt sei. Noch ist
Zwar ein volles, klares Resultat auch durch die
neuesten Vorgänge, welche das Telegramm meldet,
nicht ereicht. Aber die Dinge, welche seit einer
Reihe von Tagen in eine bange Periode der
Stockung gerathen waren, sind im Fluß. Der
Kaiser hat nachgegeben, die Kugel ist im Rollen.
Wie weit der betretene Weg der Reformen ihn
führen wird, ist heute noch ungewiß und läßt sich
auch aus dem Inhalt der kaiserl. Botschaft noch
nicht ermessen. Der Umstand, daß die Minister
nach der Verlesung derselben ihre Entlassung gaben,
bürgt dafür, daß nicht auf dem Wege bloßer ver-
änderter Praxis, sondern auf einem neuen gesetz-
lichen Boden, der durch neue Personen gelegt werden
soll, die Regierung fortgeführt werden wird. Die
Entlastung der Minister ist an sich schon ein kon-
stitutioneller Akt, die Möglichkeit, daß dieselben
künftig aus den Reihen der Kammer genommen
werden können, schafft die Grundlage, auf welcher
ein ganzes konstitutionelles System sich auferbauen
könnte — könnte, wenn die angefangene Bewegung
wirklich die Stärke erreichen wird, soviel durchzu-
setzen. Offenbar war von dem Augenblick an, als

Erinnerung an Vater Haydn.
(Fortsetzung.)
Selbst die Frauen blieben in dieser wichtigen Ange-
legenheit nicht müßig. Auch sie gaben in dieser wichtigen
Lebenssrage Rath und die Frau Archivar und Instrumenten-
Verwalterin Hutzler meinte allen Ernstes, es würde gut
Ding sein, wenn man den Kindern weiße Kleidchen anzöge
wie zur Kirchweihe und solche auf das Schloß schickte, um
vor seiner „Durchlaucht-Ercellenz" einen Fußfall zu thun.
Kurz, es wurden so zu sagen alle Register gezogen
und Nichts unversucht gelassen. Nur die italienischen
Sänger schien die Auflösung weniger anzufechten. Signora
Molteni Agricola fuhr eben so freudig noch in ihrem Phae-
ton spazieren und prahlte, daß man ihr gleichzeitig von
Venedig, Mailand und Neapel Engagementsanträge gemacht.
Eben so unbesorgt waren die Sänger Cartellieri und Sa-
limboni. Elfterer meinte sogar, mit der unerwarteten Kün-
digung ein Geschäft zu machen. Er habe mit dem Fürsten
hinsichtlich seiner Stelle Jahrescontrakt abgeschlossen, und da
müsse er wenigstens ein Abfindungsquantum von tausend
Dukaten bekommen.
Ja, diese sogenannten großen Künstler, sie konnten eben

für die lieberolen Forderungen eine Mehrheit des
gesetzgeb. Körpers gesichert war, der Entschluß der
Regierung zur Nachgiebigkeit entschieden. Fraglich
bleibt aber, ob nun diese Mehrheit, nachdem ge-
wisse Konzessionen erreicht sind, nicht alsbald wieder
zerflattern wird. Der Kaiser scheint diese Aussicht
für keine so gewisse zu halten, denn er hat dafür
gesorgt, daß er ungestört von weiteren parlamen-
tarischen Debatten sich besinnen kann, wie weit er
auf dem Wege des Liberalismus vorschreiten will,
indem er die Sitzungen der Kammer auf unbe-
stimmte Zeit vertagt hat. Er hat aber noch mit
einem andern Faktor zu rechnen, der allgemeinen
Bewegung der Geister, welche sich des ganzen, so
entzündlichen französischen Volkes bemächtigen wird,
nachdem das Wort „Reformen" vom Throne ge-
fallen ist, nachdem ein Ministerium vor einer
Kammermehrheit sich zurückgezogen hat. Er wird
Ernst machen müssen, wenn nicht heute, so desto
gewisser morgen. (Schw. M.)

.ijj- Tagesübersicht.
Schwetzingen, 14. Juli.
Im Ganzen genommen zeigt sich ein bemerk-
barer Stillstand in der hohen Politik. Minister
und Diplomaten fliehen in die Bäder, um Erho-
lung für überstandene Strapazen zu suchen.
In Frankreich hat sich übrigens vor wenigen
Tagen ein Akt vollzogen, dessen Tragweite noch
nicht zu ermessen ist; das Ministerium Rouher hat
seine Entlassung erbeten und erhalten. Ob der
Kaiser sich jetzt zu den verlangten Reformen im
Innern bequemen, oder sich der Kriegspartei in
die Armee Wersen wird, ist ungewiß, muß sich
aber bei der Bildung des neuen Ministeriums
schon zeigen.
Die deutsche Arbeiterbewegung dauert fort, die

so leicht wieder hinausgehen in die weite Welt! Aber die
armen Musiker, was sollten sie anfargcn, sie, die oft ein
Heerdchen Kinder um sich hatten, und in Folge obigen Be-
schlusses der Noth anheimfielen? — Einen: war dies Vor-
behalten, dem Kapellmeister — Joseph Haydn. Seit jener
Stunde, wo er mit dem Fürsten gesprochen, war sein Ge-
müth sehr düster gestimmt, der sonst so heitere Sinn war
getrübt, er sann nach, den Spruch des Fürsten rückgängig
zu machen. Es war schon spät in der Nacht, als er auf
seinem Zimmer saß und diesem Gedanken nachhing. Er
erhob sich vom Stuhle, schritt auf und ab und sagte dann:
„Gut es wird gehen! Mit Gott und meiner schwachen
Kraft will ich's versuchen. Noch hat nur der allgütige
Gott eine andere Sprache verliehen, es ist die Sprache der
Musik und mit dieser will ich reden zu seinem Herzen."
Den Ballen der rechten Hand auf seine Stirn über die
Augen gedrückt, stand er brütend da, still, regungslos.
Plötzlich aber ließ er die Hand sinken und rief triumphi-
rend: „Ja, so sei es, eine Abschieds-Sinfonie!"
Er stürzte an sein Schreibpult, zog Notenpapicr aus
dem Fache hervor, und nach etlichen Minuten schrieb er an
inen: Entwürfe mit wahrhaft heiliger Begeisterung. Rings-
umher tiefe Stille. Die Schloßuhr hatte längst Mitternacht
geschlagen; man hörte in Haydns Zimmer nur das Pickc-

Laffalleaner fallen mehr und mehr von ihren seit-
herigen Führern ab und wenden sich neuen zu, die
wahrscheinlich dasselbe Spiel wie ihre Vorgänger
spielen und schließlich ebenso ihre öffentliche Lauf-
bahn beenden werden.
König Wilhelm von Preußen befindet sich ge-
genwärtig in Bad Ems.
Oberkonsistorialrath Fournier in Berlin, der
gestrenge Sittenrichter ist zu 300 Thaler Geld-
strafe oder 4 Monate Gefängniß wegen der
Backpfeife, die er einer Braut bei der Trauung
applicirte, verurtheilt worden.
Die Aechtheit der „offenen Schreiben" welche
seither durch „mehrere Priester" in der Bad. Ldztg.
an Hrn. Jakob Lindau gerichtet wurden, wird
jetzt selbst von der ultramontanen Partei nicht mehr
angezweifelt und fordert eine Priesterkonferenz die
in Bruchsal abgehalten wurde ihre Amtsbrüder
auf, vertrauensvoll mit ihren Beschwerden hervor-
zutreten und gewiß zu sein, daß alles zur Beile-
gung derselben gethan werde. — Das Central-
comite der kath. Volkspartei fordert seine Gesin-
nungsgenossen in einem Flugblatte bereits auf, bei
deu kommenden Landtagswahlen energisch zu Werke
zu gehen und nur Männer von entschiedener Farbe
in die Kammer zu wählen. „Die Baiern schauen
jetzt auf uns", schließt der Aufruf „und wehe uns,
wenn sie uns zurufen können: Schlaft nur, ihr
freiwilligen Sklaven; aber tragt das Loos, welches
ihr verdient habt!" Wie schön gesprochen!
Baden.
—t— Schwetzingen, 14. Juli. Die „Karlsr.
Ztg." brachte eine Abhandlung über die bestehen-
den und noch in Aussicht stehenden Bahnbauten
in unserm Lande und hob in derselben ganz be-
sonders die Bedeutung der Mannheim-Karlsruher
Rheinbahn für die Landesinterefsen, für den Ver-

pick seiner Taschenuhr und das hastige Kritzeln der Schreib,
feder. —
Am andern Tage war der Mann der Töne wieder
in der Nähe des Fürsten, um sich eine Gnade zu erbitten.
„Wenn es sein muß, daß wir scheiden, scheiden auf immer,
so leihen Sie Ihr Ohr nur noch einmal den Klängen Ihrer
Kapelle!"
Der Fürst gewährte diese Bitte um so eher, da der
Tag herannahte, wo in seinem Schlosse eine glänzende Ver-
sammlung von Gästen stattfand. Bis dahin war noch eine
Frist von zehn Tagen, und diese benutzte Haydn gar trefflich,
denn einzig und allein für diesen Tag schrieb er seine Ab-
schieds-Sinfonie, diesen Don Quixote, diesen humoristisch-
sentimentalen Roman der Musik. In wenig Tagen war
die Partitur vollendet, die Stimmen wurden ausgeschrieben
und die Sinfonie einstudirt, wo Haydn den Orchcstermit-
gliedcrn nun besondere Winke gab, wie sie sich bei der Auf-
führung dieses Werkes zu verhalten hätten.
(Fortsetzung folgt.)
Z)er Wrocch gegen den Lieutenant a. D.
Gart Iriedrich Krnll Wilhelm v. Aailrow.'
(Fortsetzung.)
Angekl. Selbstkmntniß ist eine sehr schwere Sache, ich
 
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