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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 102
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0413

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>'0. 102.

Dritter Jahrgang,

Mittwoch, 1. September 1869.


Amts-Werkündiguiigsökalt für den Bezirk Schwetzingen.

fcn; c > tnng.


Erscheint wöchentlich drei Mal nebst ver belletristischen Beigabe S o n n t a g s b la tt. — Alle Postanstalten und Boten nehmen Bestellungen an. — Preis vierteljährlich 1 fl. 15 kr.
Anzeigen, die dreigespaltenc Petitzeile oder deren Raum 3 lr.

Neueste Hopfemrachrichteri.
Schwetzingen, 31. Aug. Gestern hat die ^
Hopfenpflücke hier und in unfern benachbarten Orten
allgemein ihren Anfang genommen. Das Prodnkt,
sowohl frisches als schon getrocknetes, zeichnet sich
dnrch seine Schönheit auf's Vorteilhafteste ans.
Fremde Käufer zeigen sich bereits und wird für
hübschen neuen Hopfen fl. 80 gerne bezahlt. Auch
einige Säcke vorjährigen Gewächses wurden zu
fl. 45 abgegeben.
* Nürnberg, 28. Ang. (Markt-Bericht.)
Wir haben prächtige Sommerwitternng, welche der
Reife des Hopfens sehr gut zu Statten käme, wenn
die Nächte nicht zu kalt wären. Seit unserm Donners-
tagsberichte blieb gleich ruhige Tendenz. Alte
Waare, ohne Umsatz und Nachfrage, mit Ausnahme
feiner Sorten 68er, kamen nur etliche Ballen zu
45—48 fl. zum Verkauf. Dagegen erlösten 9 —10
Ballen gestern angekommeue neue Hopfen, je nach
Beschaffenheit, 98, 100 und 105 fl. Die an-
dauernde Ruhe im Geschäfte ist am besten dadurch
gekennzeichnet, daß der beendete Augustmonat in
alter wie in neuer Waare nicht den vierten Theil
des Marktverkehrs nachweist, wie in den beiden
Vorjahren. Durch die frühere Erndte 1868 waren
mit Ende August schon 2000 Ballen neuer Waare
verschleißt, während wir bis heute kaum 50 Ballen
1869er zahlen. Vom heutigen Geschäft ist bis jetzt,
Mittags außer der Ankunft dreier Postchen Tett-
nanger und Schwetzinger neuer Waare nichts zu
melden; es wurden hievon etliche Ballen zu 100
bis 105 fl. übernommen. (A. H.)
Tübingen, 27. Aug. Die Einheimsung des
Frühhopfens wurde gestern eröffnet; nächste Woche
werden alle Hopfenpflanzer Nachfolgen. Wenn
wir auch keine Aussicht auf eine reiche Erndte haben,
so verspricht doch das Produkt in der Qualität ein
vorzügliches zu werden.

* London, 23. Aug. Wir haben wenig
Aenderung in unfern Pflanzungen zu melden. Hie
und da ist ziemliche Besserung zu bemerken, da die
Reben rein sind und die Blüthe versprechend; aber
in einem großen Theil unserer Anlagen wird viel
über Schimmel und kränkliche Reben geklagt, haupt-
sächlich in Mittel- und Qst-Kent. Unser Markt ist
ruhig bei weichenden Preisen, da die Cousumenten,
wie gewöhnlich, ziemlich mit Waare für unmittel-
baren Bedarf gedeckt sind. — Import vergangener
Woche: 50 Ballen von Antwerpen, 21 von Ham-
burg , 684 von New - Port und 4 Ballen vom
Rotterdam.
Bade ir
Karlsruhe, 27. Man glaubt, daß
die wichtigsten Gesetzentwürfe den Kammern sofort
bei ihrem Zusammentritt vorgelegt werden können.
Das Handelsministerium bereitet einen solchen über
die Arbeit der Kinder in den Fabriken vor oder
hat denselben bereits beendigt. Am eingreifendsten
sind ohne Zweifel die Vorlagen über Armenunter-
stützung und Gemeindeverfassung. Wie weit die
^Entwürfe über etwaige Abänderungen des verfas-
sungsmäßigen Wahlrechts gediehen sind, ist mir nicht
bekannt. Schon früher hatte indessen die Negie-
rung sich bereit erklärt, die Abhängigkeit des Wahl-
rechts von der Bürgereigeuschaft fallen zu lassen
und eine Gesetzesinitiative der Stünde anzuerkennen.
Nach der jetzigen Wahlordnung erfolgt überdies
zwar die Wahl der Abgeordneten mittelst geheimer,
jene der Wahlmänner aber mit offener Stimm-
gebung. Auch dies wird sich wohl nicht halten
lassen. Der Zug der Zeit geht auf geheime Stimm-
gebuug.
— In Betreff der projektirten Badischen
Landesbank ist der Statutentwurf vom Grün-
duugskomittee vollständig durchberathen und in ver-
flossener Woche mit dem Gesuch um Ertheilung der

Konzession dem Handelsministerium übergeben wor-
den. Das Kapital ist auf 10 Mill. 500,000 fl.
rh. 6 Mill. Thlr. festgestellt, wovon jedoch Zu-
nächst nur die Hälfte emittirt wird. Tie Aktien
lauten auf 350 fl. rh. 200 Thlr.; die andere
Hälfte der Aktien darf erst nach Beschluß der Ge-
neralversammlung und nach vollständiger Einzahlung
der Aktien erster Emission begeben werden und er-
folgt die Verwerthung derselben für Rechnung der
Bank; jedoch wird den Inhabern der Aktien erster
Emission ein Vorrecht ans den Bezug nach festzu-
setzendem Cours gewährt. Die Bankgeschäfte er-
strecken sich auf Wechseldiskontirungen, Lombard-
darlehne, An- und Verkauf von Gold und Silber,
gemünzt und in Barren, Besorgung von Inkasso's,
Ankauf von Werthpapieren, jedoch nur bis zum
fünften Theil des Grundkapitals, Ausstellung von
Anweisungen auf sich und ihre Filialen, Errichtung
von Girogesehästen, Annahme von Depositen. Der
Sitz der Bank ist Mannheim, doch errichtet sie auch
in anderen Städten, und zwar jedenfalls in Karls-
ruhe, sowie vorzugsweise in Freiburg, Heidelberg,
Pforzheim, Lahr, Konstanz, Lörrach Filialen.
Der Anfsichtsrath besteht ans 12 Mitgliedern,
von denen mindestens 3 in Mannheim, 3 in Karls-
ruhe, und von den übrigen nur 2 außerhalb Baden
wohnen dürfen. Die Bankdirektiou besteht aus einem
Bankdirektor und einem oder mehreren Subdirek-
toren. — Die Dauer der Gesellschaft ist aus 25
Jahre festgestellt. Vor dieser Zeit darf ihre Auf-
lösung nur in einer besonders dazu einberufenen
Generalversammlung, in der mindestens die Hälfte
der Aktien vertreten ist, und mit einer Mehrheit
von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen be-
schlossen werden, und außerdem kann die Auflösung
auf Anordnung der großh. Regierung erfolgen,
wenn das Aktienkapiral durch Verluste um ein
Viertel oder mehr vermindert ist. Bis zur ersten

Eisenbahn-Unglück in America.
(Schluß.)
Der Stoß war ein furchtbarer, in seiner ganzen Kraft
bis in den letzten Wagen fühlbarer. Die Schläfer wurden
aus ihren Betten geschleudert und Stücke Holz oder Bettzeug
flogen um sie her. Halb nackt sprangen sie aus den Wagen
unbewußt einer Gefahr entgehend, deren ganze furchtbare'
Größe sie erst jetzt kennen lernen sollten. Die Auswanderer
im Rauchcoupe waren mit demselben in das Feuermcer
geschleudert worden. Für die war keine Hoffnung mehr.
Stücke von zertrümmerten Wagen deckten das Geleise. Der
Postwagen lag an der einen, der Gepäckwagen an der an-
deren Seite, während über dieselben, mit dem Dach nach
unten, die Rauchwaggons lagen. Wohin immer das Auge
sah, züngelten gierig die Flammen an deni leichten trockenen
Material heran. Es war eine erschütternde herzzerreißende
Scene, in langer Reihe hoch gen Himmel die Flammen
emporlodern zu sehen, zu wissen, daß ein Dutzend Menschen,
von ihnen umgeben, dem sichern Tode geweiht find, und
kein Sterblicher von den Hunderten, die es sehen und fühlen,
kann sie retten. Dr. Hallock war im Schlafwaggon, als
der Zusammenstoß geschah; die heftige Erschütterung warf

ihn nach vorn unter die Trümmer der zerschmetterten Wagen,
jedoch ohne ihn auch nur im geringsten zu verletzen. Von
dem Wirrwar der Eisen- und Holztrümmer umgeben und
eingezwängt stand er da; wohin auch seine Auge sah, nahte
das schreckliche Element. Er versuchte sich mit gewaltiger
Krastanstrengung loszureißen, aber umsonst — die Masse
war zu dicht und zu schwer. Mit besorgten vom Schreck
fast verzerrten und todtenbleichcn Gesichtern rannten seine
Bekannten hin und her, indem sie riefen: „Ist keine Hülfe
für Dr. Hallock ?" Mit Blitzesschnelligkeit griff das Feuer
die nächste Umgebung des Doctors an; er verschwand im
Flammenmeere, intum er immer wieder rief: „Ich bin
nicht im Geringsten verletzt, aber ich kann nicht entkommen!"
Nach und nach wurde es still. Entsetzt blickte einer den
andern an — keiner wollte seine fürchterliche Ueberzeugung
laut aussprechen. Alles wußte, daß der Doctor verbrannt
war. Mit ihm zusammen verbrannte ein Deutscher, Namens
Daniel Bauer, ein noch junger Mann. Als man endlich
des Feuers Herr geworden, fand man 6 menschliche Körper
vollständig verkshlt unter den Trümmern des Nauchwaggons,
und am Nachmittag wurden noch weitere 13 von den Ar-
beitern aufgefundcn. Verwundet wurden sehr Wenige.
Herumflicgende Splitter waren nur von Wenigen bemerkt
worden; vielmehr läßt sich bei der Heftigkeit des Stoßes

annehmen, daß außer Dr. Hallock alle schnell gestorben
waren. Vom Personaljdes Expreßzugcs war keiner todt,
nur zwei leicht verletzt. Unter den Todten sind noch als
Deutsche bekannt: Ein Mann und ein Weib mit drei Kna-
ben und ein junger Mann D. Bauer. Ein „Gottfried
Kraus" ist schwer verwundet. Alle sind Auswanderer nach
dem Westen. Unter 150 Wagen waren 11 unverletzt ge-
blieben. Die Ursache des furchtbaren Unglücks war fol-
gende: Ter Schnellzug, der mit der vorgeschrieben Schnellig-
keit fuhr, mußte nämlich bei Mast Hope an einem Fracht-
zug vvrübcrfahrcn, der an einer bestimmten Stelle in ein
Seitcngeleise cinbicgt, um den Schnellzug vorüber zu lassen.
Ter Frachtzug war auch vorschriftsmäßig ausgcfahren und
erwartete das Passiren des signalisirten Schnellzuges; der
Führer des ersteren, James Griffin, war während des
Haltens eingcschlafen, erwachte jedoch plötzlich und öffnete,
ohne zu wissen, was er eigentlich wollte, das Dampfvcntil,
so daß der Train sich rückwärts in Bewegung setzte. In
diesem Momente sauste der Schnellzug mit einer Geschwin-
digkeit von etwa 25 Meilen pro Stunde heran. Ein schriller
Pfiff gab das Signal zum Bremsen, doch es war zu spät.
Tic schwere mächtige Locomotive deS Schnellzuges fuhr in
rasender Eile auf den Frachtzug.
 
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