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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 11
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0043

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Ao. 11.

Dritter Jahrgang.

Mittwoch, 27. Januar 1869.

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für die BcMe Schwetzingen und Philippsbürg.
Verkündigungsblatt d-Z Amts u. Aultsgerichtsbezirks Schwetzingen.
Organ der badischen Aopfenproducenien
(unter Koutrole der landwirthschaft liehen Bezirksdirektion Schwetzingen stehend).


Der preußisch-österreichische Jedernkrieg.

Wenn es überhaupt geruthen ist nach hitzigem Wortstreite
sich noch einmal zu besinnen, worüber man sich eigentlich erei-
fert habe, so ist dies namentlich nach dem letzten Berlin-Wiener
Fedcrnkrieg am Ort. Es ging sa u n s besonders an, wir
waren die Helena in diesem Streit; brach er doch hauptsächlich
darüber ans, daß offiziöse Wiener Federn erklärten, man würde
Oesterreich im Wege finden, wenn inan Anstalt machen wollte,
den Main, diesen deutschen Nnbicon, zu überbrücken. Da inan
nun aber weder im Norden, noch im Süden eben daran dachte,
den Main Zu forciren, so erschien diese Erklärung als ein vom
Zaun gerissener Span, denn, wie das Nothbnch beweist, ein
langer gehegter Plan zu Grunde liege. Und gerade der Ar-
tikel des Prager Friedens mit dem man polterte, behielt den
Süddeutschen das Recht der Mainüberbrnckling vor. Es war
daher eine ebenso imzeitige als unberechtigte Bevormundung
unserer Mittelstaaten, wenn ihnen dies Recht von Wien aus
geschmälert werden wollte. Gras Bismarck erklärte seinerseits,
daß er so wenig von Wien als von Paris ans den Deutschen
das Recht, sich die Hand zu reichen, werde schmälern lassen.
Die Ungarn aber erk ärten, daß sie sich gar nicht darum küm-
mern, ob der Main bergauf oder bergab laufe. Dies gab
den Mainwächtern vollends das Signal zum Rückzug. Zn
beachten ist, daß gleichzeitig der Versuch gemacht wurde, die
Hände Rußlands und Frankreichs über Preußen weg in einan-
der zu legen, während von derselben Seite über Preußen ge-
klagt wurde, daß es so fest an Rußland hänge, eine Wehklage,
in welche auch gut national Gesinnte ans reinem Eifer ein-
stimmten ! (Schw. M.)

Dic spanische Armee.
In der „Köln. Ztg." veröffentlicht I. v. Wikede Briefe
über die spanische Armee, welche sich zugleich über die Gründe
der vielen Militärrevolntionen in Spanien verbreiten. Unter
diesen Gründen wird zunächst der unwürdige Protcktwnsniffng
und das KamarUlawesen des Hofs ansgcsührt, welche den ini-
btürischen Geist des Heeres und besonders der Offiziere auf's
Aenßerste zerrütten mußten. Sodann die eigenthümliche Zu-
sammensetzung des Ossizierkorps, in welchem sich stet? viele
Parteigänger und entschiedene Gegner befanden, die schon früher
mit de!'. Waffen in der Hand gegen einander gekämpft hatten,
so daß von einem wahrhaft kameradschaftlichen Geist keine
Spur zu finden war. Dann die geringe Wertschätzung des
Eids und endlich der Müßiggang und die geringe Bildung der
Offiziere. Wikede schreibt: Tie Armee Spaniens hat im Ver-

> hältniß fast die dreifache Zahl von Offizieren aller Grade ge-
! habt, als dies z. B. bei Preußen der Fall ist, und da die
jetzige siegreiche Revolution sogleich allen Offizieren, dic dabei
geholfen hatten, den Grad uni einen Rang erhöhte, so wird
dieses Mißverhältnis; jetzt noch mehr gestiegen sein. Diese un-
verhältnismäßig vielen Offiziere aller Grade und Waffengat-
tungen führen größtentheils ein sehr träges Leben und verfallen
daher nur zu leicht dein geistigen wie körperlichen Müßiggang.
Da die Dienstzeit der Soldaten bei der Infanterie 5 Jahre,
bei den Spezialwaffen aber 7 Jahre betrügt, die Anforderungen
an deren militärische Ausbildung aber äußerst gering sind, so
wird im Allgemeinen nur wenig exercirt, und der spanische
Offizier ist kaum den vierten Theil der Zeit im Dienste, wie
dies jetzt bei den Offizieren der norddeutschen Bnndesarmee
der Fall ist. Die geistige Ausbildung der meisten Offiziere
ist eine ungleich geringere, als in Norddenffchland, irgendwie
Kenntnisse besitzen nur wenige von ihnen, und außer mit dem
Durchblüttern von Zenungen befaßt sich nur eine äußerst ge-
ringe Anzahl der Offiziere mit Lesen. So ergibt sich denn
die übergroße Mehrheit der spanischen Offiziere einem süßen
Nichtsthnn, von dem wir im norddeutschen Bnndesheere kaum
einen Begriff haben. Höchstens alle Tage von 10—1 Uhr
ein Stündchen auf der Parade umher zu stehen, dies ist oft
in Wochen die einzige Dienstthütigleit sehr vieler Offiziere aller
Grade. Ihre übrige allzureichliche Muße füllen zahllose Liebes-
abenteuer ans, und sonst sitzen sie oft Stunden lang, je nach
den verschiedenen politischen Parteien getrennt, in den vielen
Kaffeehäusern, um bei einem Glase Eiswasser oder einer Taffe
Chocolade zu politisiren. Um sich eine eigene verständige po-
litische Meinung zu bilden, fehlt es jedoch der Mehrzahl sowohl
an Klarheit des Urtheils, wie an positiven Kenntnissen, und
da die Spanier, wie alle Südländer mehr rege Phantasie wie
nüchternen Verstand besitzen, so verfallen nur zu viele Offiziere
in politische Parthei-Jntrigwm und helfen unsinnige Revolutio-
nen anzetteln, die ihrem Vaterlands nur Unheil bringen und
die blutige Hydra des grausamen Bürgerkrieges heranfbeschwö-
ren. Dazu kommt, daß die meisten spanischen Offiziere kein
eigenes Vermögen besitzen und nur spärliches Gehalt, welches
oft dazu noch unregelmäßig ausbezahlt mied, erhalten, daher
ein sehr kümmerliches Leben führen müssen. Dies bewirkt,
daß sich so viele von ihnen revolutionären Umtrieben geneigt
zeigen, da sie ja ohnehin nicht allzuviel verlieren können, im
Falle des Gelingens der Revolution aber schnelleres Avancement
und besondere Belohnungen zu erhalten hoffen. Mit dieser
kärglichen Lebensweise und häufigeren Neigung zu Revolutionen
steht die Sucht nach langen Titeln, glänzenden Uniformen und
möglichst vielen bunten Orden, die allen Spaniern und beson-
ders den Offizieren eigen zu sein pflegt, im schneidenden Wi-
derspruche. Wer einen langen, oft vierzeiligen Adelsnamen
besitzt, hält streng darauf, daß er auch stets mit solchem genannt
und geschrieben wird, auf hochtönende Titel wird hoher Werth
gelegt. Bunte Ordensdekorationcn sind noch viel mehr begehrt
als dies in Deutschland der Fall ist, und sie werden gewiß
stets und selbst beim Morgcnanznge angelegt, ^-o besaß das
Königreich Spanien allein zehn verschiedene Orden, von denen
 
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