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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 11
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0044

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mehrere 3—4 Klassen haben, und da die cigenthümliche Sitte :
herrschte, daß Jeder, der eine höhere Ordensklasse empfangt,
auch seine niederen Klassen behült und fortträgt, so ist die
Brust fast aller Offiziere nnd Unteroffiziere mit Ordenssternen
und Abzeichen förmlich übersäet und 10 —12 Dekorationen
bei vielen Offizieren gehören keineswegs zu den Seltenheiten. !
Daß derartige Offiziere, Unteroffiziere und auch viele Soldaten !
alles Andere mehr als wirkliche und wahre Republikaner sind ^
und sein werden, bedarf wobl keiner näheren Auseinandersetzung. !
Sollte daher Spanien wirklich die republikanische Slaatsform i
annehiwm, so würde dies eine Republik ähnlich jener in den
ehemaligen spanischen .Kolonien von Südamerika werden, d. h.
Milüürrevolutionen würden das Land auf das Aeußerste zer-
rütten und ein ehrgeiziger General nach dem -andern den Prä-
sidentenstuhl einnehnum und seinen Vorgänger mit Gewalt
davon zu vertreiben sich bestreben.

Deutschland.
Berlin, 21. Jan. Abgeordnetenhaus. Der von
Woelfel beantragte Gesetzentwurf wurde angenommen. Derselbe
lautet: Das Eheverbot des preußischen Landrechts wegen
Ungleichheit deS Standes ist mit allen Folgen aufgehoben.
Berlin, 21. Jan. Wie verlautet, haben die über den
Abschluß eines Postvertrages zwischen dem Norddeutschen Bund
und Schweden hier geführten Verhandlungen einen günstigen
Verlauf genommen. Mit Leichtigkeit ergab sich eine Verstän-
digung über das Porto und den sonstigen Posttarif, sowie über
die Regelung des gesummten beiderseitigen Postbetriebes. Nur
die Angelegenheit in Betreff der See-Postverbindung unterliegt
noch weitereit Ermittlungen und Vereinbarungen. Namentlich
schwebt noch die Frage, ob die bisherigen Einrichtungen vorerst
beizubehalten oder sofort umzugestalten seien. Mit allein Grund
soll indessen vorausgesetzt werden können, daß auch diese An-
gelegenheit bald eilte für beide Theile befriedigende Lösung
finden werde.
O e ft e r r c i ch i s ch e Monarch; e.
Wien, 20. Jan. Dem Abgeordnetenhaus ist gestern
eine authentische Aufklärung über die Ereignisse in Wieliczka
zugegangen, und die darin konstatirten Thatsachen geben der
bisher beliebten Schönfärberei das entschiedendste Dementi.
Unwissenheit, Kopflosigkeit und Sorglosigkeit haben den Wasser-
cinbruch herbeigest hrt, welchen man volle acht Tage lang,
während noch Hülfe möglich war, erst zu verheimlichen und
dann zu vertuschen bemüht war. Und so steht denn die Sache
gegenwärtig so, daß „gehofft" werden darf, eine Gefahr für
die Oberfläche, d. b. für die Stadt Wieliczka, sei gar nicht,
für das Bergwerk selbst „möglicherweise" nur in seinen unter-
sten Theilcn vorhanden.
A rt s l a n
Brüssel, 22. Jan. Der Kronprinz von Belgien ist
heute Nacht gestorben.
Washington, 2l. Jan. Im Abgeordnetenhailse wurde
der Antrag gestellt, den Ankauf Cubas zu versuchen und zu
diesem Vehufe Verhandlungen einzuleiten.

Was giebt es Neues im Amtsbezirke?
* Schwetzingen, 25. Jan. Der Winter, dessen Herrschaft kürzlich
nach eine so milde war, zeigt sich in den jüngsten Tagen als ein üußnst
gestrenger Herr, der unerbittlich, wenn auch spät, doch um so s> l erer aus-
tritt. Die jungen Knospen, welche durch die milde und laue Witterung
der vergangenen Tage im Schloßgarten schon allenthalben hcrvorgelockt
wurden, müssen ihren Vorwitz bitter büßen.
Die prachtvolle Eisdecke, die den großen Sec des Gartens zu einem
Tummelplatz der Schlittschuhläufer umgewandelt hat, ist täglich ungemein
frequentirt und sind es namentlich auch Fremde, meist Heidelberger Gäste,
welche von dem Wintcrvcrgnügcn, das der Garten derzeit bietet, angczogen
werden; selbst die junge Damenwelt befährt vielfach die glatte Eisbahn
mit angeborener Aninuth und Leichtigkeit. Gestern wimmelte es förmlich
von Vertretern aller Altersklassen und Stünde auf der Eisdecke des See's
und am llfer, so daß von der Ferne gesehen, das Ganze einen: durch einander
wogenden Bienenschwärme glich; das summte und schwirrte, lachte und
plauderte, baß es ein Helles Vergnügen war. Trotzdem die Schlittschuh-
läufer und Schlitten sich in raschem Fluge durch die dichte Menge
Bahn brechen mußten, ist nicht der geringste Unfall zu beklagen und erregte

es nur Heiterkeit, wenn da oder dort ein unsicherer Fußgänger den Bode»
unerwartet ein wenig unfreiwillig küßte.
Künftigen SamStag soll ein kostümirteS Kränzchen im Gasthof zum
Erbprinzen stattfinden, die Beteiligung füllt weit zahlreicher aus, als man
anfänglich erwartete und zeigt es sich jetzt erst, daß Man für gesellige Ver-
guügungen weit mehr Lunn hat, als seit lange her angenommen
wurde.

Herrn Lrnnis Verlobung»

(Fortsetzung.)
So gewaffnet nnd mit einer Unerschrockenheit ohne G'eichen,
verließ er das Hans, ging er gegen den brausenden Strom,
und über die Brücke, und über die An bis zur großen Straße,
weiche von einem Ende des Thals zum andern führt, nnd von
Bäkely nicht gemieden werden konnte.
Die Natur erwachte unter dein Triller der Lerchen; die
Gewellte entwanden sich dem Schoos der Gebirge nnd schwangen
sich golden der Sonne zu. Ein heiliger Schauer dnrchbebte
die Waldung; — Verklärung strömte vom glänzenden Himmels-
gewölbe herab über die gewaltigen Felsentannen nnd über die
Mooßsteine und Kräuter.
Herr Quint faltete in stiller Verzückung die Hände zusam-
men. Er sah hinaus in die blühende, schimmernde Thalwell,
wie in ein neues Leben, dessen Engel Vütely war. Alle Herr-
lichkeit nnd Pracht der Frühstunde war für ihn der feier-
liche Eingang zur Epopöeseiner Zukunft; das Einlänten seines
großen Sonn- nnd Festtags!
Träumend ging er auf der Straße hin, gegen das große
Dorf Thofa, von wober die Geliebte kommen sollte. Der Weg
stieg am Ufer des Stroms über Bergschntt und Fetten empor;
rechls und links von alten Eichen, Fichten nnd Lerchenbänmen
besetzt und verworrenem Dickicht.
Auf der Höhe-faltete sich ihm über den Wipfeln der unten
vom Strom-Ufer anfragenden Tannen eine liebliche Landschaft
ans, in deren Milte sein Landgut wunderschön gelegen war.
— Auch übersah man von hier ans des WegS eine gute Strecke
vorwärts, der sich wieder in die Tiefe zwischen Waldung und
mit kleinen Blumen bestreuten Felsen hinfenkte.
Hier beschloß Herr Ouint Position zu nehmen, und Bütely
zu erwarten. Demi es ließ sich ihr doch nicht so eutgegenlaufen,
ohne alle Vorbereitung. Die Bekanntschaft war allzufrisch; und
die mit ihr verknüpften Unfälle — — das Tischtuch — —
Dies war Entladung aller Elektrizität; Amor ließ die
Flügel sinken, Herr Quint das Blnmenbüschel; ein trübender
Hauch ging über den Glanz der Natur, wie der Seufzer eines
besten Geistes.
Die unselige Erinnerung an's Tischtuch wüthete mit winter-
licher Hand im Frühlingsgarten jeiner Phantasie. Alle Freuden
und Hoffnungen erstorben; er stand cha, wie einer der Nie-
mand angehört; wie ein Pilger ans der Fremde im plötzlichen
Nebel; oder wie ein Trinker, der mitten unter Thorhciten
nüchtern wird.
Er stampfte mit dem Fuße ärgerlich gegen die Erde. —
„Da läuft der Narr hin, bei Gott, um sich noch einmal vor
dem liebenswürdigsten Geschöpf unterm Hummt lächerlich zu
machen! Schämen wird sie sich in deiner Seele nnd in deinem
Namen. Und du so plump, so tölpisch! — o, warum war
ich denn unglücklich, warum sogar lächerlich!"
Herr Quiut warf mit Heftigkeit seine Blumen zu Boden.
„Es ist vorbei! Es ist genüg, sie liebt mich nicht; und
wenn sie wollte, sie könnte nicht! — Da wäre der Klotz ein-
mal wieder sauber angeprallt, wenn er ihr henk sein Kompli-
ment geschnitten, wie einer alten nnd sichern, aus - und abge-
machten Bekannt - und Freundschaft! — Troll Er sich ganz
sachte davon, laß Er erst Gras wachsen über Seine Albernheit,
dann klopff Er wieder an und weld' Er sich!"
So mißhandelte sich selbst, mit karihenserhafter Strenge,
der arme Quint. Er sah in dem Augenblick seine Fehler in
Riesengestalt, die ihn zu Boden drückten, nnd seine Tugenden
schienen ihm Zwerge. — Er verzweifelte so sehr an sich, daß
er sich von annzem Herzen verachtete. — Schönheit, Reichthum,
 
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