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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 130
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0525

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Freitag, 5. November 1869.

Ao. 130.

Dritter Jahrgang


Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe S o n n t a g s b la t t. - Alle Postanstaltm nnd Boten 'nehmen Bestellungen an. — Preis vierteljährlich I fl. 15 kr.
Anzeigen, die dreigespaltene Petitzeilc oder deren Raum 3 kr.

Neueste Hspfermachrichteri.
* Nürnberg/ 2. November. Es scheint, daß
sich das Geschäft wieder etwas beleben sollte, nnd
der hiesige Markt mit den hohen Preisen, welche
ans den Produklionsplatzen bezahlt werden, gleichen
Schritt zu halten beginnen will. Bereits am
Samstag kamen ziemliche Abschlüsse von Mittel-
und Primahopfen zu Stande und auch gestern
war das Geschäft belebt. Die Umsätze seit Don-
nerstag mögen ca. 1000 Ballen betragen. Für
Export werden bis jetzt nur Altmärker (wovon
gestern eine Parthie von 74 Ballen zu fl. 64 ver-
kauft wurde) und Oberösterreicher acqnirirt.
Die Preise für Mittel- nnd gut Mittelhopfen
sind gleich geblieben, dagegen werden Hochprima
immer theuerer u. dgl. Württemberger wurden zu
fl. 120, Hollidauer zu fl. 125 bezahlt, prima
lufttrockene Elsüßcr erzielten fl. 95 — 100, der-
gleichen mittel fl. 90—95, halb fenergetrocknete
fl. 80—90, Lothringer fl. 70—75. Kleine Par-
thien prima Gebirgshopfen lösten fl. 106 — 110,
den gleichen Preis erzielten Aischgründer. Dagegen
sind die Preise für Landspalter um fl. 10 — 15
heruntergegangen.
Der heutige Markt war mit 60 Ballen Hop-
fen befahren, verlief aber ganz leblos; es wurden
bis gegen 11 Uhr kaum 50 Ballen verkauft.
U8. Nürnberg, 2. Novemb. Seit einigen
Tagen haben wir Regenwetter und die Zufuhren
zum Markte bleiben gering. Dessenungeachtet ist
das Geschäft nicht animirt und sind wie seither
Prima vorherrschend in Frage. Zum heutigen
Markte kamen ca. 70 Ballen und werden fol-
gende Preise bezahlt:
Prima Martnvaare fl. 100, Sekunda fl. 80 — 85
„ Hallertauer „ 125, „ „ 90 — 98
„ Württemberg. „ 115, „ „ 85—90

Franzosen
„ 105,

„ 71
-78
Altmürter
„ 70,

„ 62
—65
Schwctzinger
„ 112,

„ 80
-85

Die Kauflust ist schwach und wenig verkauft.
Bade n.
** Schwetzingen, 3. Nüv. Die Einführung
directer Wahlen, welche die Gegner unserer Re-
gierung auf ihre Fahnen geschrieben hatten und
als Haupttrnmpf gegen den Landtag, sowie gegen
die leitenden Persönlichkeiten anszuspielen gedachten,
ist in der Kammer nicht dnrchgegangen, dagegen
eine den Zeitverhältnissen vollkommen entsprechende
Wahlreform angenommen worden, welche die gol-
dene Mittelstraße zwischen dem seitherigen und dem
von der Oppositionspartei beliebten System hält.
Die Behauptung, daß nur > das directe
Wahlsystem den getreuen Ausdruck des Volks-
willens repräsentier, war von jeher eine gewagte
Behauptung.
Viel eher ist anzunchmen, daß die Vtasfe der po-
litisch Unreifen oder Gleichgültigen ein schwires Ge-
wicht in die Waaschale des Wahlergebnisses wirft
und ein dem Willen des intelligenten und denken-
den Mittelstandes entgegengesetztes Resultat liefert.
Gerade auf der Körperschaft der Wahlmänner
ruht eine moralische Verantwortlichkeit für das
schließliche Ergebnis; der Wahlausfülle, weil man
annehmen kann und darf, daß in diesem Wahl-
körper die Summe der Einsicht, die genaue Er-
kenntnis; der Zeit- nnd der speziellen Sachlage ver-
treten ist, um mit klarem, von Parteileidenschaft un-
getrübtem Blicke di; Verhältnisse zu erwägen nnd
ihnen gemäß zu handeln.
Bei dieser Gelegenheit können wir nicht um-
hin, unfern Lesern die Ansicht eines liberalen
Blattes, der Konst. Ztg. über denselben Punkt
mitzutheilen.

Sie geht von der so oft gehörten Vehcmptung
aus, daß die indirekte Wahl eine Fälschung des
Voltswillens sei. Da die Gegner noch nie den
Beweis für diese Behauptung anzntreten gewagt
haben, so sagt die „K. Ztg.", indem sie zunächst
unser Heimathland Baden im Auge behält, daß
,.wenn die indirekte Wahl eine Fälschung des
„Volkswillens genannt wird, dies in noch
„höherem Grade von der direkten Wahl ge-
sagt werden muß."
Beweis. Wenn die Mehrheit der Wahl-
männer liberal ist, so wird ein Liberaler zum Ab-
geordeten gewählt, ist die Mehrheit nltramontan/
so wird ein Ultramontaner gewühlt. Die Urwähler'
haben es also in der Hand, durch die Wahlmänner
die sie wählen, die Parteifarbe des zukünftigen
Abgeordneten zu bestimmen.
Hier aber wendet man ein, die Wahlmänner
stimmen oft ganz anders, als die Urwähler
wollten.
Ist das wahr?
Wir wollen es nicht in Abrede ziehen, aber
dann haben die Urwähler selbst den Fehler ge-
macht. Warum haben sie Leute gewählt, auf die
sie sich nicht verlassen konnten.
Bietet die direkte Wahl bessere Garantieen?
Nein.
Wenn die Urwähler nicht einmal im Stande
sind, einen Wahlmann zu wählen, der ihre lieber-'
zeugnng vertritt, wie sollen sie einen Abgeordneten
wühlen können, bei dem dies der Fall ist? Ist
dies etwa leichter? Man sollte meinen schwerer,
und weil es schwerer ist, können weit eher Miß-
verständnisse oder Täuschungen Vorkommen.
Den Wahlmann, den nmn wählt, den kennt
man. Er ist ein Mann ans dein Orte, man spricht
mit ihm, nmn trifft ihn im Wirthshans, man
! politisirt mit ihm, man weiß, weß' Geistes Kind

Pimch von Zastrow.
(Fortsetzung.)
Dee Gerichtshof zieht sich nun zur Bcrnthung des An-
trages der Staatsanwaltschaft zurück und lehnt denselben ab,
beschließt dagegen die Verlesung der Protokolle. Dies ge-
schieht. Der den Angeklagten bezichtigende Inhalt derselben
ist bekannt.
Wir fahren in dem Bericht über die Zeugenvernehmung
die am 27. ftnttfand, fort. Der nächste Zeuge ist der
Polizei-Lieutenant Maurer.
Es sagt derselbe aus, der Knabe Emil habe zuerst auf
die Frage, wer ihn so zugerichtet, wiederholt „Mein Vater!"
geantwortet, auch den Stock und das Tuch als Eigenthum
feines Vaters bezeichnet, was die Verhaftung des Vaters
Hanke zur Folge hatte. (Derselbe wurde bekanntlich bei
dem Mangel aller Verdachtsmomente bald wieder ent-
lasten.)
Nach Vernehmung des Dr. Maske, Arzt in Bethanien
beantragt der Gerichtshof auf Antrag des Verthcidigers, die
beiden Phyfici Doktoren Skrzeczka und Liman mit einer so-
fort anzustellenden Untersuchung, ob der Knabe Hanke van

den erlittenen Verletzungen dauernde Nachtheile an feiner
Gesundheit zu befürchten habe, während welcher Zeit eine
Pause in der Verhandlung cintritt. Nach der Pause geben
die beiden Phhsici ihr Gutachten dahin ab, daß dauernde
Nachthcile für die Gesundheit deS Emil Hanke nicht zu be-
fürchten seien, die Anwendung des Z 193 des Strafgesetz-
buches auf den vorliegenden Fall mithin nicht stattfinden
könne.
Professor Dr. Sonnenschein hat in Gemeinschaft mit
Tr. Liman die Kleidungsstück des Hanke und die des An-
geklagten untersucht und an einer Hellen Sommerhose des
letzteren zwei 10 Millimeter große Blutflecken, an einer-
wollenen Winterhose im Schnitte mehrere '/I Millimeter
große Flecken gefunden. Tr. Liman meint, diese Flecken
könnten von irgend eimr Zufälligkeit herrühren. Ein Stück-
chen Leinen, angeblich aus dem Hemde des Hanke, zeigt
Schmutz, Blut rc. Tic Baumwolle, mit der das am That-
ortc aufgefundene Taschentuch gesäumt ist, erwies sich bei
der mikroskopischen Untersuchung mit derjenigen identisch
welche bei dem Angeklagten in einer Büchse gefunden wurde.
Die an der Erde des Bodens aufgelesencn Haare stimmen
mit denen des Angeklagten in Dicke und Rinde nicht über-
ein, doch schließen die beiden Sachverständigen die Möglichkeit
i nicht aus, daß ein Mensch verschiedene Haare haben könne.

Zwei Polizcibeamte und einige andere Zeuginnen ha-
ben dm Angeklagten schon vor längerer Zeit und wiederholt
am Grünen Weg gesehen; derselbe bernft sich abermals ans
seinen Doppelgänger. Schneider Müller, ein im Rufe als
Trunkenbold stehender Mensch, der den ersten Verdacht auf
Zastrow warf, will den Angeklagten auf dem Ostbahnhof
kennen gelernt haben, wo er mit unzüchtigen Anträgen an
ihn heranirat. Der Angeklagte nennt den Zeugen einen
Erzlügner, muß aber später zugcben, daß er mit ihm zwei-
mal wechselseitig Onanie getrieben, Müller will den Ange-
klagten in der vierten Stunde am Grünen Weg getrosten
haben, während er in der Voruntersuchung aussagte, es
möchte zwischen 2 und 3 Uhr gewesen fein. Der als Ent-
lastungszeuge vorgeschlagene Schuhniachergeselle Teetz ist um
3 Uhr am Potsdamer Thor gewesen hat aber den Ange-
klagten nicht gesehen, wie dieser behauptet.
Nachdem noch zwei Zeugen vernommen, die uichi We-
sentliches zur Sache aussagm können, schließt die Sitzung
um 7^2 Uhr.
Am Mittwoch, 27. Okt-, wurde mit dem Zeugeuverhor
fortgcfahrm, wozu 30 Personen, darunter acht Frauen vor-
geladen sind. Frau Wiüwe Slravmow, dritthalb Jahre
- laug bei Zastrow Aufwärtenn, reeoguoSeüt 'mit grösster
> Bestimmtheit den vorliegenden Stock mit Elfmbeinlrücke.
 
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