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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 63
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0257

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Mittwoch, 2. Juni 1869.

Ao. 63.

Dritter Jahrgang.

Preis: '^jährlich 45!r.
per Post bezogen 56 kr.
Anzeigen werden die
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deren Raum mit nur
2 kr. berechnet.
Die Boten erhalten
2 kr. monatlich.
für die Bmvke Schwetzingen und Philippsburg.
Verkittldigungsblatt des Amts- und Amtsgerichts-Bezirks Schwetzingen.
Grgan der badischen Kopfenprodncenten
(unter Kontrole der landloirthschastlichen Bezirksdirektion Schwetzingen stehend).


Die französischen Wahlen.
Die Abstimmung der Provinzen ist wenig ge-
eignet. den Eindruck der Pariser Wahlen zu ver-
wischen. Gewiß bat die Regierung die große
Menge ihrer amtlichen Kandidaten dnrchgebracht.
Aber die Opposition hat sich über den Gesammt-
anssall der Wahlen darum doch nicht zu beklagen.
Opposition, das heißt von jetzt an radikale Oppo-
sition. Zunächst fällt die große Zahl der Bezirke
auf, in denen eine zweite Abstimmung nothwendig
wird, ein Beweis für den Eifer des Kampfes, für
welchen auch die vergleichsweise sehr geringe Zahl
der Enthaltung spricht. Sodann hat die Opposi-
tion in der That eine Anzahl Stimmen gewonnen.
Was aber das Bezeichnendste ist: wo ein Oppo-
sitioneller dnrchgedrungen ist, gehört er in der Re-
gel der extremen Richtung an. In dieser Be-
ziehung dienen die Tepartementswahlen dazu, die
Bedeutung der Pariser Liste zu verstärken. Diese
letztere ist über alle Erwartung hinaus der Aus-
druck der Feindseligkeit gegen das Kaiserreich, die
Pariser haben sich selbst nicht für so unversöhnlich
gehalten, als sie sich nun ausweisen. Bezeichnend
ist die Haltung der Oppositisnsblätter. Die ge-
mäßigten darunter, die zum Theil die alten Par-
teien vertreten, sind unfähig, ihren Mißmuth zu
verbergen. Selbst der Siecle sieht sich völlig über-
flügelt und ist nun in der mißlichen Lage, mit ei-
nem Auge Freude über den Sieg von Gambetta
und Rochefort, mit dem andern Trauer über den
Sturz Carnots und Jules Favre's ansdrücken zu
müssen Weiter nach Links stand von vornherein
der Avenir National, dessen Zufriedenheit denn auch
natürlicher anssieht. Aber auch er trennt sich un-
gern von Jules Favre und namentlich von Carnot,
wie er denn Gambetta einen Borwnrs daraus macht
gegen diesen unerschütterlichen Vertheidiger der
Volksrechte ansgetreten zu sein. Ganz glücklich
sind nur die extremen Blätter, wie der Rappel,

welcher bei den Wahlen eine große Rolle gespielt
hat. Der Reveil, welcher derselben Richtung an-
gehört, hat den Verlust der von ihm aufgebrachten
phantastischen Kandidatur Bandin zu beklagen.
Diese Idee war doch selbst den unversöhnlichen
Parisern zu bunt. Gambetta, Bancel, Rochefort,
diese drei Namen bedeuten die Revolution. Nur
sieht die Pariser Bevölkerung nicht so aus, als ob
sie es mit der Vollstreckung ihres Urtheils so eilig
Hütte. Die Wahlen sind noch nicht die Kriegser-
klärung, sie sind erst das Ultimatum. Aber offen-
bar hat die Hauptstadt ihre Absicht knndgegeben,
sich nicht erst aus Transaktionen einznlaffen. Sie
hat alle Abgeordneten beseitigt, die sie fähig glaubte,
sich in einen Vergleich irgend einer Art mit der
Regierung einzulassen. Man wundert sich beinahe,
daß Picard und Jules Simon noch Gnade vor
dem allgemeinen Stimmrecht gefunden haben.
Vom internationalen Standpunkte aus kann
man den Ausfall der Wahlen nicht mit ungemischter
Befriedigung ansehen. Eine Stärkung. der gemäßig-
ten Opposition, der Sieg der Devise Ollivier's,
märe ein dem Frieden günstiges Anzeichen gewesen.
Weit weniger Garantien bieten und die Namen
Raspail und Rochefort. Ueberdies wird die Kriegs-
Partei die Gelegenheit günstig glauben, den Kaiser
in ihrem Sinne zu bearbeiten, indem sie betont,
wie dieser Opposition gegenüber keine ruhige Ent-
wickelung der französischen Zustände sei. Indessen
sind die Ereignisse noch zu frisch, als daß sich schon
Anzeichen für die muthmaßliche Haltung der Re-
gierung anführen ließen.
Baden.
* Schwetzingen, 31. Mai. Die Mannh.
Abendzeitung, das Organ der Demokratie unseres
Landes, secnndirt in ihr.r Sonntagsnuinmer den
Ausfall, welchen ein Anhänger demokratischer
Grundsätze in unserem Blatte gegen den National-
liberalismus machte.

Sie zeigt sich so gerührt durch die Wahrneh-
nehmung einen Demokraten unter uns zu besitzen,
daß sie ihren Lesern dessen Worte buchstäblich
wiedergibt, während sie der Erwiderung des Geg-
ners nur so weit es ihr beliebt oberflächlich er-
wähnt; ein hübsches Beispiel einseitiger Parteistel-
lung !
Dabei wird das Zusammengehen mit dem Ul-
tramontanismns in Abrede gestellt und letzterer
blos als ein schwarzes Gespenst bezeichnet! ° Der
urkomische Schluß, der dem Ganzen die Krone
aussetzt lauiet: „Volk merke auf. Man treibt mit
dir ein frevelvolles Spielst!)"
Uns Baden, 30. Mai. Die Mannheimer
Erklärung hat in Karlsruhe über 1100 Unter-
schriften erhalten.
— Die am 23. Mai !. I. von dem Gemeinde-
rath und kleinen Ausschuß der Stadt Lahr be-
schlossene Ergebenheitsadresse an Se. König!. Hoheit
den Großherzog, welcher sich beinahe die ganze
Bürgerschaft, sowie die staatsbürgerlichen Einwohner
— im Ganzen 908 an der Zahl — angeschlossen
haben, ist heute an ihren Bestimmungsort abge-
schickt worden.
— Im Amtsbezirk Sinsheim hat die Mann-
heimer Erklärung binnen 8 Tagen 2536 Unter-
schriften erhalten; in Neckarbischossheim 132 ; in
Reichartshausen 112.
— Aus der Gemeinde Haslach ist ebenfalls
eine Vertranensadrefse an das Ministerium Jolly
abgegangen.
— Die am 26. d. in Mannheim begonnene
Vorvesprechnng behufs Bildung eines hiesigen Orts-
vereins sowie eines Kreisvereins der nationalen
Partei wurde gestern zu Ende geführt und wird
das Ergebniß allernächsten- zur allgemeinen Kennt-
nis; gebracht werden. — Ans Dürrheiin wird uns
eine Beitrittserklärung zur Mannheimer Deklaration
mit 60 Unterschriften übermittelt.

„Sehr gut, Gentlemcn", fuhr der Detective in derselben
kühlen Weise fort, „aber bemerken Sie zwei kleine Blut-
flecke auf des Gefangenen Henidärmel und den größcrn auf
seinen: Stiefel von Bockshaut; ist dies kein Grund zum
Verdacht?"
Wir richteten Alle neugierige Blicke auf die Kleidung
Thorne'S und Niemand that dies mit größerer Neugierde,
als der Gefangene selbst; doch Keiner von uns sagte ein
Wort, denn die rothen Flecke waren da. Thorne bemerkte
sie auch und gerietst in augenscheinliche Verwirrung.
„Noch mehr, Gentlemcn", fuhr der Detective fort,
indem er mit einer raschen und gewandten Bewegung die
Hand in die Brieftasche meines Collegen steckte und einen
langen Dolch hervorzog, dessen glänzende Klinge durch Blut-
flecke verdunkelt war. „Ist dies kein Grund zum Verdacht?"
fuhr Farceur fort. „Vielleicht 'hat Einer von Ihnen diese
kleine Waffe zuvor gefeh'n. Die Juwelen am Griff find
allein ein kleines Vermögen Werth und jetzt werde ich lesen,
was in der Klinge eingravirt ist. Er betrachtete sie auf-
merksam und sagte in langsamen deutlichen Worten:
„San Jago de Gonzaga von seinem Freunde Pedro Le
Carmelo 1834."
Thorne sah überwältigt vor Erstaunen und Besorgnis;
auL. Alle zogen sich unwillkürlich von meiner-', Partern

n m den H als!
(Fortsetzung.)
Als Detective Farceur zum Schlüsse feiner etwas ein-
seitigen Rede gelangte, heftete sich fein feines Auge fest auf
meinen Freund und Collegen Jchabod Thorne. Die Hand-
schellen waren schnell zur Stelle und der Detective prüfte
sie mit kritischem Auge: augenscheinlich zufriedengestellt nä-
herte er sich Thorne mit einem bösen Lächeln und sagte in
zartem lächelnden Tone: „Erlauben Sie, Sir."
Ich konnte mich nicht enthalten, über den Humor des
Detective zu lächeln, aber Thorne, der noch von dem furcht-
baren Schlage litt, war nicht znm Scherz aufgelegt und
streckte beide Hände aus, um den Detective zurückzustoßen,
aber zu unserer Verwunderung hörte man die Schlösser ein-
schnappen und Thorne war gefesselt.
„Nimm sie ab, verdammter Narr", grollte er fluchend,
„dies ist keine Zeit für Narrenspossen."
„Ich stimme in dieser Sache vollkommen mit Ihnen
überein", sagte Mr. Detective Farceur von San Francisco,
„und das ist auch der Grund, weßhalb ich mit vollkomme-
ner '.Überlegung handle. Ich laste stets den Scherz aus
Geschäften weg."

.Was meinen Sie?" ries Thorne aus, indem er vor
Wuih erbleichte.
„Gmtlemen", sagte Mr. Detective Farceur, indem er
sich kalt und geschäftsmäßig gegen uns wandte, „entschuldigen
Sie meine Kürze, aber Geschäft ist Geschäft. Verstehen Sie
mich wohl, ich beschuldige diesen Gentlemcn nicht, drei un-
schuldige menschliche Wesen ermordet zu haben, Alles was
ich sage, ist, daß er verdächtig erscheint und meine Erfah-
rung hat mich gelehrt, daß man einen solchen Mann, er
mag schuldig oder unschuldig sein, fcsthalten muß.
Thorne war zu stolz, um seine Wuth länger zu zeigen,
er nahm die Miene eines Mannes an, der eine Weile lang
den plumpen Scherz eines Possenreißers ertragen muß.
„Ach was", sagte ich, nun auch zornig werdend, „es
ist Zeit, daß dieser Comödie ein Ende gemacht wird; wir
wollen aufbrcchen. Auch die Andern, welche die Sache
gleich mir wie einen unzcitigen Scherz betrachteten, zeigten
Ungeduld.
„Eine Comödie?" rief der Detective mit Würde. „Gent-
lemen, dies ist keine Comödie; dieser Herr", sagte er, indem
er auf Thorne hinwies, „hat sich gestern auf dem Schau-
platze des Mordes befunden und kehrte um halb eilf Uhr
zurück. Bietet das nicht Grund zum Verdacht?"
„Gewiß nicht", riesen etliche Stimmen gleichzeitig.
 
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