Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe S o n n t a g s b la tt. — Alle Postanstalten und Boten nehmen Bestellungen an. — Preis viertelsährlich 1 fl. 15 kr.
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L-chwetziugen, 6. Juni.
Graf Bismarck, dessen Gesundheit immer nach
nicht völlig hergestellt ist, hat sich van seinen staats-
münnischen Obliegenheiten entbinden lassen und
wird auf seinem Gute V arzin ein länd-
liches Stilleben führen. Die Fortführung der Ge-
schäfte zwischen dem Staatsministerium und dem
Bundeskanzleramte leitet der Präsident des Bun-
deskanzleramtes Delbrück.
Es scheint, daß dem Grafen der A erger
über den Ausfall der Zollparlamentsverhandlungen
ein wenig ins Blut gestiegen ist. Uebrigens ist
dem geplagten Manne, dessen Thätigkeit eine so
umfassende, auch ein wenig Nahe zu göunen! —
In Mitte der Lassalleamr erhebt die Zwie-
tracht ihr von züngelnden Schlangen umwundenes
Haupt. Ihre seitherigen Apostel und Propheten
v. Schweitzer und Mende werden von an-
dern Führern aufs heftigste angegriffen und ihnen
der Vorwurf gemacht, daß sie Usurpatoren und
Leute seien, welche um ihrer selbstsüchtigen und ehr-
geizigen Zwecke willen ihre blind ergebenen An-
hänger verrathen und verkaufen. Es ist eben im-
mer ein gefährliches Ding um die Volksgunst, nach
dem: Hosiannah folgt regelmäßig — verdient oder-
unverdient — das: Kreuzige!
In Linz (Oesterreich) hat eine große Volks-
versammlung die Resolution gefaßt, daß eS im
Hinblick aus die klerikalen Bestrebungen eine Pflicht
der Regierung sei. die reaktionären Umtriebe mit
allen ihr zu Gebot stehenden Mitteln zu bekämpfen.
Das Volk wacht endlich auch in Oesterreich aus!
Ein geistlicher Professor Gaßner von Salzburg
hat eine sehr gelehrte Abhandlung über Teufelaus
treibung geschrieben. Nach seiner Lehrmethode soll
Urian wirklich noch sein Unwesen treiben, Menschen
und Vieh rc. bezaubern, wogegen er als das ein-
zige Universalmittel Weihwasser anempfiehlt. IWo-
Uatuur sst. Der Herr scheint eine ziemlich genaue
Bekanntschaft mir dem Gott-sei-bei-uns zu Pflegen,
And öfters von ihm geplagt zu seiu!
Tic demokr „Neue bad. Ldsztg." urtheilt hin-
sichtlich der Thätigkeit, welche Hr. -Jcuob Lindau
bei der Schulabstimmnng in H We" erg entwickelte,
in einer keineswegs schmeichelhaften Weise über
diesen Führer der Ultramontanen. Sie macht ihm
den Vorwnrf, daß er den Schinken nach der Wurst
geworfen, das heißt um einer untergeordneten Sache
willen höhere Ziele außer Acht gesetzt habe und
nennt ihn darum einen unfähigen Eonfu;sionsrath.
Vom Standpunkt der Demokratie aus betrachtet,
mag die „N. bad. Ldsztg." Recht haben, vom
Gesichtspunkte der nltramontanen Purtei ans beur-
theilt, muß jedoch die Haltung Lindau's eine correcte
genannt werden.
In Staufen, im schönen Oberlande, wo
vorigen Sonntag eine Versammlung der Ultra-
montanen stattfinden sollte, war auf ergangene
Aufforderung hin der Zuzug der Liberalen ein
massenhafter und fanden.sich aus den benachbar-
ten Städten nicht weniger als etwa 2000 Antic-
lericale ein. In Folge dessen unterblieb die ultra-
montane Versammlung. Gestern tagten in Bruchsal
wo die s. g. kathol. Volkspartei an Pfingsten ihre
erste M ass en - Versa m m lung hielt, die
Liberalen, wobei Kicfser und Knsel sprachen. Es
ist doch eigenthümlich, daß die von ihren Gegnern
als in den letzten Zügen liegend bezeichnete natio-
nalliberale Partei heute kräftiger u. energischer denn
je wieder aus dem politischen Schauplatze steht!
Baden.
* Schweizingen, 6. Juli. Die Veröffentli-
chung der Normen, nach welchen Hr. Güteran-
Crnnrerung an Vater Hahdn.
(Fortsetzung.)
Uebcrhaupt wußte Haydn in den Proben trefflich um-
zugehen. Er stampfte nicht mit dein Fuße auf oder schwang
den Taktstock wie einen Windmühlenflügcl in der Luft her-
um. Sein ganzes Wesen war herzliche Innigkeit, Sanft-
muth und Liebe. — Tie Musiker, meist Familienväter,
waren auch verständige Leute und nahmen Lehre an. Wenn
etliche der Jüngeren so zu sagen hetzten und die Tempi
schneller nehmen wollten, da machte Haydn ihnen begreiflich,
daß es dem gemächlichen Zustande eines glücklichen Menschen
zuwider sei, immer und ewig zu fliegen. „Dem Ohre ist
es ja nicht möglich zu folgen", fuhr er dann lächelnd fort.
„Das geht nit! Ties Jagen und Treiben schauens, das
stört den behaglichen Zustand des Genießenden und nicht
selten tödtet es sogar den Geist der Komposition."
So verlangte er auch im Gespräch mit Kunstkennern
und Kritikern ein offenes, freies Urtheil über seine Kom-
positionen, dmn er sah wohl ein, daß jede kunstrichterliche
Unwahrheit oder Zurückhaltung Verrats, am Verstände sei.
Auf diese Art waren schon mehrere Jahre vergangen
und Haydns Phantasie hatte so manches Werk geschaffen,
von dem aber außer seinen: Kreise weniger die Rede war,
weil damals Journale und Zeitungen sich nicht mit solchen
Dingen beschäftigten. Angeregt von dein Hohen und Herr-
lichen im Bereiche der Tonkunst beschloß der Fürst, das
Orchester zu vermehren, und Haydn erhielt Auftrag, die
Engagements nach seinem Gutdünken abzuschließcn.
Aber auch in die S Hauspiel- und OpernvorsteLungcn
sollte neues Leben kommen. Als der Fürst sich einige Mo-
nate lang in Italien aufgehalten und wieder aus seine Be-
sitzungen zurückkehrtc, ertönte plötzlich die Kunde, daß der
Fürst eine italienische Operngesellschaft angeworbcn habe.
Was man sich bisher nur in der Stille erzählt, wurde zur
Wahrheit, denn bald daraus erschien die berühmte italienische
Sängerin Molteni Agricola, die außerdem noch durch ihre
Schönheit glänzte und einen Ungeheuern Aufwand machte.
Mit ihr zugleich langte auch der zu Bergamo geborene
Tenorist Kartelliert an, sowie die Bassisten Genarali und
Bonareri. Der Vaßbuffo Salimboni traf an: spätesten einz
er saß in Venedig, wo er Spielschulden gemacht, und mußte
mit dreihundert Dukaten ausgclöst werden.
So gab es denn jetzt in: Orchester uud auf der Bühne
Italiener, Deutsche und Böhmen, ja, es befanden sich sogar
zwei Lauten- uud Gcigenmachcr in: Gefolge.
Kapellmeister Haydn hatte nun alle Hände voll zu
kaufskommissär Lauter bei seinen Verhandlungen
mit den Grnndeigenthümern hiesiger Gemarkung zu
verfahren gedenkt, hat allgemeine Billigung gefun-
den. Es ist dadurch .Klarheit uud gewissermaßen
ein System in die Sache gebracht, durch welches
me Regulirung zwischen beiden Theilen erleichtert ist.
Sv viel wir der öffentlichen Meinung nach
beurtheilen können, findet man die ausge teilten
Preise, die noch um 10 Prozent über den Mittel-
preis gehen, bei der Wegnahme ganzer Grund-
stücke, oder solcher welche nicht in m ehrere Theile
zerrissen werden, annehmbar. Da aber, wo ein
Acker derart in die Bahnlinie fällt, daß links und
rechts des Bahnkörpers dem Eigenthümer unbedeu-
tende Stücke Verb leib: n, deren Anbau sich nicht
mehr für den Besitzer lohnt, die somit be-
deutend an Werth verloren haben, kann man sich
mit dem Regulirungssystem nicht sehr befreunden,
weil dasselbe zu wenig Rücksicht auf einen solchen
Fall nimmt.
Wir zweifeln übrigens nicht, daß es den Be-
mühungen des Hrn. Lauter gelingen wird die In-
teressen der durch ihn vertretenen Gesellschaft zu
wahren, ohne deßhalb diejenigen der betreffenden
Grundeigenthümer außer Acht zu setzen und daß,
wenn beide Theile mit ihren Angeboten sowie All-
forderungen die rechte Mitte halten, alles aus güt-
lichem Wege und zu beiderseitiger Zufriedenheit
geordnet werden kann.
Utts Baden, 2. Juli. Nach dem „Staats-
anzeiger" vom Gestrigen werden die Ergänzungs-
wahlen für den Landtag alsbald vorgenommen
werden. Nach einer vorausgeaangenen Zusammen-
stellung sind in folgenden Wahlbezirken Wahlen
vorzunehmen: in den Städten Ueberliugen
(Poppen), K o n st a n Z (Seiz), Freiburg (Frick),
Baden (Kuntz), Karlsr u h e (Kusel), B r u ch-
s a l (Ree), M annhei m (Hoff und Atoll) ; in
thun; denn Jeder der italienischen Sänger wollte in einer
Lieblingspartic auftretcn, Jeder schlug ihn: eine Arie vor,
die er in: ersten Concert singen wollte. — Da sah denn
der Kapellmeister so manches feiner Planchen schwinden und
vielfach gefeierte musikalische Meister, als Gluck, Hasse, Telc-
mann, Emanuel Vach rc. drohte man ganz zu verbannen.
Man sprach nur von Komponisten aus den: Lande, wo die
Citronen blühen. — Trotz alledem führte der Director zum
Gelingen des ersten Concertcs eine Einigung herbei. Es
war dieser Tag einer der rühmlichsten in den Jahrbüchern
der musikalischen Kapelle, und vorzüglich war es die schöne
Sinfonie in D-dur, welche Haydn besonders dazu geschrieben,
ein Werk, welches den bei den Proben anwesenden Graf
Erbach so begeisterte, daß er sich mit an die erste Violin-
stimme setzte. Meister aüf diesem Instrument, hielt er cs
aus bis zun: letzten Strich und wurde nicht müde, das
Lob des Komponisten in der glänzenden Versammlung zu
verkünden. (Fortsetzung folgt.)
„Das ganze Deutschland sM es sein k"
In den verhängnißvollen Tagen des Dezembers 18l2
jagte durch die schneebedeckten Felder und Haiden des un-
wirthbaren Liithauens ein Schlitten, in dessen Kasten bis