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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 133
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0537

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Ko. 183.

Dritter Jahrgang

FreitM kL, November


Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe s o n u t a g s b la t t. — Alle Bostanstalten und Boten »etzmeir Bestellungen an. — Preis vierteljährlich Ist- 15 kr.
Anzeigen, die dreigespaltene Petit wile oder Seren Raum 8 kr.

—o— De? Mannheimer HspfemrrarkL.
Wenn je ein Unternehmen renssierte, welchem
mnn gleich von vornherein alle Lebensfähigkeit
absprach, so war es der Mannheimer Hopsenmarkt,
der seit der kurzen Zeit seines Bestehens bereits
eine kaum geahnte Bedeutung gewonnen.
Wurde anfangs ch vielfach mit scheelen Augen,
mit Gringschätzung und Mißtrauen der Gründung
des Marktes in Mannheim entgegen gesehen, so
mögen sich jetzt doch die frühern Widersacher des
Unternehmens überzeugt haben, daß dasselbe keiner
künstlichen Hilfsquelle bedarf, sein Dasein zu
fristen, sondern daß die Sache für sich selbst spricht
und kräftig auf den eigenen Füßen steht!
Freilich wird der Mannheimer Hopfenmarki
schwerlich die kontinentale Bedeutung des Nürnber-
ger Marktes gewinnen, allein er wird berufen sein,
nächst jenem die erste Rangstufe unter den übrigen
Hopsemnürkten des Continents einzunehmen und
selbst Nürnberg wird sich in gewissen Füllen sei-
nem Einflüsse nicht entziehen können, wovon wir
dieses Jahr schon Beweise hatten!
Zeichen seiner Selbstständigkeit legte der Mann-
heimer Markt im Lause dieser Saison mehrfach
ab, indeni er, — unabhängig von der flauen
Tendenz des Nürnberger Geschäftes — eine höchst
animirte Stimmung zeigte, die sogar belebend auf
andere Plätze, ja selbst auf Nürnberg einwirkte!
Forschen wir nach, welchen Einfluß der Marke
speziell auf das badische Geschäft ausübt, so
können wir beherzt sagen: einen vortheilhaften.
Dem Produzenten gegenüber begünstigt er den
Verschleiß der geringeren und etwas bessern sogn.
Mittelsorten; dem Platzhändler und Spekulanten
gibt er die Mittel an die Hand, sein Produkt so
rasch als möglich, wenn auch mit bescheidenem
Nutzen, umzusetzen und die Lager neuerdings wie-
der zu füllen.

Darüber täusche sich Niemand, daß für Prima
dieselben Preise, welche am Probuk.ionsorte ge-
fordert, auch am Markte bezahlt werden;
hier erwartet man weder, noch sucht inan ganz
feine Sorten. Die Marktpreise werden immer enüge
Gulden niederer als am Proüuktionsplatze steaen,
was naturgemäß schon das erhöhte Angebot be-
wirkt, allein für denjenigen Eigner und Sp,.ku-
lanten, der rasch verkaufen will, sei es aus irgend
welchem Grunde, ist unbedingt die Gelegenheit
vorhanden, seine Waare so vortheilhaft als thun-
lich an den Mann zu bringen.
Daß z. B. nicht ein Markt dem andern glei-
chen, der Eine eine sehr belebte Haltung, der
andere eine muthlose Flaue/und w nig Kauflust
zeigen kann und wird, ist ein selbgverstündliches
Ding und sei auch nur denen gegenüber erwähnt,
die der Ansicht waren, daß mit ein paar flauen
Marktverkäufen die Sache wieder schlafen ginge.
Dieselben Wechselfülle zeigt ja auch der Nürnber-
ger, der Londoner Markt rc., wer könnte vom
Mannheimer eine sich ewig gleichbleibende ani-
mirte Phisiognomie erwarten und fordern?!
Wir unserseits sind überzeugt, daß der
Mannheimer Hopfenmarkt immer mehr als ein
erheblicher Faktor in Betracht gezogen und ange-
sehen wird und werden muß und daß alle Jene,
die sich zur Zeit dessen Einflüsse wiversetzen möch-
ten, künftighin wohl oder übel fügen -müssen!

Neueste Hopfemr rcheichteu.
** Nüeuheeg, 9. November. Seit gestern
hat der Regen wieder aufgehört, aber das Ge-
schäft ist nicht bester geworden. Es kommen seit
Donnerstag wieder ansehnliche Zufuhren, besonders
von geringen Hallertauer hier an, während die
Umsätze ganz unbedeutend blieben. Blos Hochprima

Hallertauer und Württemberger sind gefragt und
bis fl. 125 bezahlt.
Von allen übrigen Sorten sind die Preise
n.münell und man kann für mittel und geringe
Hopfen um fl. 5 billiger ankommen als.vor 8
Tagen.
UH. Nü?ubK?gm 9. Novemb. Das Geschäft
bewegt sich fortwährend in ruhiger Tendenz und
die Preise haben sich seit meinem Letztergebenen
non einige Gulden reduzirt. Für Seknndawaare
ist schwer Nehmer zu finden, während Prima
Preise behauptet. In 1868r u. 1867r Waare ist
mehr Nachfrage und wird für Erstere in Prima-
q wlität fl. 44, für ältere Waare fl. 12 — 14
bezahlt.
Zum heutigen Markte kamen ca. 150 Ballen,
wovon bis jetzt Mittags nur ca. 25 Ballen ver-
kauft sein mögen. Die Preise hiervon waren fl.
77—88, je nach Qualität. In anderen Sorten
heute wenig Umsatz. Stimmung flau.
B s d e u.
8 Schwetzingen , 10. Nov. - Nach den
Ausführungen eines nltramontanen Blattes ist es
mit den bürgerlichen Kammerrednern auf nationm-
liberaler Seite so traurig als möglich bestellt. Es
muß schon weit gekommen sein mit den Koryphäen
der nltramontanen Partei, wenn sie ihre Ver-
treter nur durch Herabsetzung der auf geg-
nerischer Seite stehenden Kräfte emporzuheben ver-
mag. Obendrein haben die ausführlichen Kam-
merberichte seither bewiesen, was Wahres an die-
ser Behauptung ist. Im klebrigen brauchen sich
die liberalen Abgeordneten überhaupt nicht zu
echauffiren, — das ist von jeher Sache der Opposition
gewesen!

meine Herrschaften," sprach der General, sich an die übri-
gen Reisenden wendend, die sich ehrerbietig erhoben.
„Glückliche Reise, Exccllenz!" erwiderten Alle, und
dieser folgte Petruschka, der schon draußen mit dem Packen
des Neisewagens beschäftigt war. Der Kutscher saß auf
dem Bock, der Statiousaufseher machte sich diensteifrig um
Wagen und Pferde zu schassen.
„Was?" fuhr der General ihn an, „solche Katzen
spannst Tu mir an? Die werden es ja keine zwei Werft
aushaltcn!"
„O, geruhen Exccllenz sich nicht zu ängstigen, — die
Pferde sehen nur so aus — jetzt — von der Kälte, wenn
sie aber in Zug kommen — Excellcnz können ganz ru-
hig sein."
„Ruhig sein mit Euch, Ihr Gesindel! Kenne ich Euch
nicht? Jetzt bei dem Schneegestöber bleiben mir' die Thiere
stehen - was dann? Du," fuhr er den Kutscher an, ihm
mit der Nagaika drohend, "daß Du mir nicht etufchlässt
auf dem Bock — Petruschka, aufpassen! Fahren wir gut,
so können wir gegen Morgen in Moskau sein."
Damit stieg er ein, hüllte sich fester in seinen Bären-
pelz, Petruschka sprang auf den Bock neben den Kutscher,
dieser ries den Pferden zu, schüttelt mit den Zügeln, die
Pferde zogen an, der Schnee knisterte unter Ser Last des

Eine russische Ehe.
Aus Ser letzten Zeit der Leibeigenschaft.
Von A. von K.
An einem kalten Februarabend des Jahres 1854 bot
vas einzige Zimmer der Poststation Biata zwischen Ore!
und Moskau ein buntes Bild. Mehrere Reisende saßen um
den runden Tisch, auf dem eine riesengroße Theemaschine
gemüthlich brodelte; der Thee, dieses Labsal der russischen
Reisenden, dampfte in großen Gläsern, Cigarren und Pfeifen
rauchten ringsumher und umhüllten mit ihren Wolken die
Reisenden, die, verschiedenen Orten, verschiedenen Schichten
der Gesellschaft gehörend, doch bald nahe Bekanntschaft ge-
macht hatten und ein lebhaftes Gespräch führten. Ta öff-
nete sich die Thür, und ein junger kräftiger Bursche trar
ein. Er trug einen kurzen Pelz mit einem ledcrnen Rie-
men umgürtet, hohe Pelzsttcsei, Sie warme Mütze hielt er
Prerbietig in der Hand.
„Ercelleuz!" sprach er, „die Pferde sind vorgespannt."
„So?" antwortete der Angeredete,„rn,n denn vorwärts
in Gotte» Rainen, aber vorher — komm, Petruschka, bei
der Kälte wird Dir ein Glas Thee auch wohlthun."

Mit diesen Worten schenkte der Sprechende ein Glas
! voll, goß einige Tropfen Ruin dazu und reichte es dem
Burschen, der mit einem zufriedenen Schmunzeln das Glas
empfing und sich in eine Ecke des Zimmers begab, um den
^ Labetrunt in Ruhe zu genießen.
Der freundliche Geber, den Petruschka Excellcnz titulirt
! hatte, war ein ältlicher Mann. Er trug einen warmen
Militärkittel, an Schultern und Aermeln mit Generals-
tressen versehen; die bräunliche Gesichtsfarbe, die tiefen
Furchen der marterten Züge, die muskulösen Hände zeug-
ten von keinem verweichlichten Leben. — Die raschen Be-
wegungen, der herrische Ton verleihen den Kriegsmann,
das Martiatc seiner Gesichtszüge, das noch ein langer grauer
Schnurrbart vermehrte, war aber durch die auffallende
Sanftmut!) und Güte der hellblauen Augen gemildert, und
sein wohlwollendes, gntmüthigcS Lächeln, als er dem Bur-
schen den Thee reichte, ließ die strengen Züge fast kindlich
gut erscheineii.
Als Petrus Aa mit seinem Thee fertig war, griff er
nach einem weiten Bärenpclz, der daneben lag, gab, den-
selben seinem Herrn um, reichte ihm seine Mütze von wei-
ßem Tuch mit goldener Cocarde und seine Nagaika, eine
Art kurzer Peitsche, die unzertrennliche Reisegefährtin jedes
russischen Militairs. — „Nun, glückliche Reise Euch Allen,
 
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