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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 133
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0538

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D e u L s ch l K Zr D.
Atts Baierm 8. Nov.
Dem „Volksboten" wird aus Niederbaiern
geschrieben: „Die Wühlereien der HH. Wähler
und Genossen tragen allmählig die verdiente Frucht;
es wird den Leuten doch zu arg, und die Beson-
nenen, die ruhig Ueberlegenden wenden sich mehr
und mehr von den Hetzern ab und machen Front
gegen sie. Dem Bauern kommen Bedenken, wenn
er den Geistlichen Wochen lang im Lande herum
reisen sieht, um die Leute gegen die Regierung
aufzuhetzen, statt sich um die Seelsorge seiner Ge-
meinde zu kümmern und er stellte sich die Frage,
ob denn der Mann das Vertrauen wirklich ver-
dient, das er so keck in Anspruch nimmt. Er
schaut sich jetzt die Persönlichkeiten etwas genauer
an und wenn Dr. Wähler den Baron von Hafen-
brädl empfiehlt, so wird er jetzt nicht mehr unbe-
sehen genommen. — Es dürfen keine Jesuiten-
missiouen in Baiern mehr abgehalten werden.
Dieselben fanatisiren das Landvolk gegen alle li-
beralen Volksvertreter.
Oeftreichifche Monarchie.
CatLars, 5. Nov. Ueber den Aufstand in
Dalmatien schreibt die N. Fr. Pr.: Das vorgest-
rige Gefecht in Zupana war für unsere Truppen
siegreich. Das Hauptquartier und das Lager hatte
seine Stellung zwischen Sutvara und Lastua bei
der Kirche von Bellauo genommen. Den rechten
Flügel befehligte der General Dormus, den linken,
stärkeren, Oberst Fischer. Von Cartolle aus wur-
den mit einer Schwenkung die Insurgenten gegen
den linken Flügel gedrängt, der zum Erfolg am
meisten beitrug. Die Truppen sind vom besten
Geist beseelt, obgleich das Regiment Moroicie fast
unzugängliche Berghohen nehmen mußte. Casa
Ladanovich und die Ortschaften Sisic und Brirode
wurden während des Kampfes durch Raketen in
Brand gesteckt. Die Insurgenten verloren 80
Todte und 126 Verwundete. Während des Ge-
fechts verlangte eine vom Popen geführte Depu-
tation, General Wagner solle nach Kriegsgebrauch
zur Unterhandlung kommen. Dieses Ansinnen
wurde abgelehnt. Nach beendigtem Kampfe er-!
schien wieder eine Deputation mit dem Jnsurgen-
führer Popen Nadanovich an der Spitze, bei Ge-
neral Wagner, der von derselben die Waffen-
streckung verlangte. Dieselbe wurde Zugesagt. In
Budua operirte am nämlichen Tag Oberst Schön-
feld ; die Snlvatorhöhe wurde genommen und
Maina vom Kriegsdampfer „Taurus" beschossen.
Pazifizirung der Zuba scheint gesichert, die Jnsur-
gemen dürften aber den Kamps in den oberen
Felsenregionen fortsetzen. Nachrichten, die im
Hauptquartier eingrtroffen, melden, daß der Cor-!
don Montenegro's gegen die Insurgenten aufge-
stellt ist. Heute traf die Nachricht von der Ge-

fangennehmung des Jnsuraentenfübrers Radano-
vich ein. Heute wurde hier das Urtheil über fünf
Risanown auf Grund des publizirten Standrechtes
gesprochen. Drei derselben, welche gegen das
Militär operirt hatten, wurden zum Galgen ver-
urtheilt und sind bereits gehenkt; einer wurde frei-
gelassen, der letzte dem Eivilgericht übergeben.
Sechs Compagnien waren aus Budua zur Exe-
kution nach Cattaro beordert worden.
Die Telegraphenleitung zwischen Caltaro und
dem Hauptquartier war durch di? Insurgenten zer-
stört, trotzdem sind Nachrichten über das erfolg-
reiche Vordringen unserer Truppen in der Zuba
hieher gelangt. Heute wurde im hiesigen Hafen
ein Trabakel mit 2000 Centnern Blei für Mon-
tenegro in Beschlag genommen. Die standrecht-
liche Verhandlung wider den Bürgermeister von
Risano findet demnächst statt. Generalmajor Graf
Auersperg wird hier noch erwartet.
LokalNKch richten.
ff Schwetzingen, 7. Nov. Die Frequenz
der hiesigen höhern Bürgerschule hat sich, wie wohl
vorauszusehen war, bei dem am 4. Oktober d. I.
eröffneten zweiten Jahreskurse so namhaft gesteigert,
daß die bisherigen Klassenzimmer fast alle für die
nächste Zeit sich als unzureichend erweisen werden.
Diese erfreuliche Zunahme ist ohne Zweifel der
anerkennungswerthen, tüchtigen Leitung des Herrn
Direktors, sowie auch der Tüchtigkeit der übrigen
Lehrkräfte zuzuschreiben. Mehrere Schüler, die die
Pensa aller Jahreskurse durchlaufen hatten, traten
mit Anfang des neuen Schuljahres in Ermange-
lung e'uwr erwarteten fünften Klasse in Ober-
klassen von Realgymnasien und Lyzeen ein, um
dort ihre Studien fortsetzen zu können. Nur zwei
Schüler verließen die Anstalt, um sich einem Be-
rufsgeschäfte zu widmen.
Dem gefühlten Bedürfnisse einer weitern höhern
Klasse soll nun in Bälde durch Errichtung einer
solchen entsprochen werden, und können wir aus
sicherer Quelle mittheilen, daß die Oberschulbehörde
hiezu schon die Genehmigung ertheilt hat. In
Folge dieser Erweiterung wird auch die Zahl der
Lehrkräfte vermehrt werden müssen. Die Absolvi-
rung dieser fünften Klasse wird nun auch künftig-
hin die Zöglinge dieser Anstalt zum Eintritt in
den einjährigen Militärdienst berechtigen, und
außerdem noch andere Begünstigungen im Staats-
dienste gewähren.
Verschiedenes.
Die gezogenen Kanonen haben Krupp in
Essen zum reichen Mann gemacht. Bei Werden
baut er sich ein Schloß, das Seinesgleichen in der
Welt sucht, es kostet 1 — Itzd Milk. Thaler; denn
zu seiner Ausschmückung helfen alle Künste. Rings
um das Schloß kauft Krupp Las Land an und
alles zusammen will er zu einem Fideieommiß für
seinen Sohn machen.

— Ein alter Geizhals wurde krank und wußte
sehr wider Willen, seine Zuflucht zu eiuem Arzt
nehmen. „Was soll ich thun?" sagte er zu dem
Doktor, ich bin schwiudlich und sebe alles doppet."
Der Arzt schrieb ein Recept und entfernte sich.
„Da L-ie alles doppelt sehen so zählen Sie Ihr
Geld und Sie werden sich bedeutend erleichtert
sühlen."_
Uever die deutsche Nordpolerpe
Äitimr.
(Fortsetzung und Schluß.)
„Ich notirte vierstündlich Barometerstand, Luft-
uud Wassertemperatur, sowie Wind und Wetter
mit Angabe der Art der Bewölkung. Aus der Zu -
sammenstellung dieser Daten, namentlich aus den
Temperaturen des Wassers werden sich einige
werthvolle Resultate ergeben. Die Dichtigkeit des
Wassers zu bestimmen, war nicht möglich, da es
hierzu an Instrumente gebrach. Dagegen brachte
ich Wasser aus verschiedenen Tiefen und verschie-
denen Lokalitäten mit, um später den Salzgehalt
zu bestimmen. Eine im großen Maßstab ausge-
sührte Eiskarte, auf welcher unser täglicher Kurs
aufgetragen ist, werde ich bei Ankunft in Gottm
vorzulegen das Vergnügen haben. Ich skizzirte Eis-
und Uferansichten, wo dieselben besonders charak-
teristisch erschienen, dagegen war ich nicht im
Stande, gute photographische Bilder zu erhalten,
da mein zu Hanse angefertigter Entwickler nicht
arbeitete; eine neue Mischung zu machen, war nicht
möglich, denn ein tückischer S.urm zerbrach mir
schon während der ersten Zeit die hierzu nöthigen
Gläser mit Chemikalien." P. erklärt die meteoro-
logischen Arbeiten des Dr. Bessels, sowie die ähn-
lichen des Dr. Dorst für sehr werthvoll für die
Wissenschaft. Ueberdies hebt er bezüglich des Al-
bert (mit Bessels) bevor: „Die Expedition des
Dampfers Albert ist die erste und einzige, die das
ganze Spitzbergische Meer in ziemlich hoher Breite
(760 hj- 7go hon hex Südküste Spitzbergens
bis zur Nordküste Nowaja Semlä's durchgesegelt
hat." — Petermann verbreitet sich schließlich auch
noch über die fremdländischen Nordpolerpeditionen,
welche dieses Jahr ausgeführt wurden. Die engl.
Expedition des Hrn. Lamout, welche inzwischen zu-
rückgekehrt ist, scheint ihm keine große Entdeckungen
gemacht zu baben. Einen nahmhaften Erfolg da-
gegen schreibt er zu: der kühnen Fahrt des nor-
wegischen Kapitäns Carlsen und dem russischen
Kaufmann Sidoroff mit seinem Projekt der Eröff-
nung eines Handelsweges durch das Eismeer nach
der sibirischen Nordküste. „Wir sind immer der
Ansicht gewesen, daß in dem weiten Meere zwi-
schen Grönland und Nowaja Semlä mit Sibirien
jedes Jahr an irgend einer Stelle durchzukommen
sein würde, entweder im Westen oder im Osten,
je nach den vorherrschenden Winden und Eisver-
hältnissen. Die Schiffe Carlsen's (und Sidoroff's?),

Schlittenwagens, die Deichselklingel ertönte und fort gings
auf dem großen Fahrweg durch Wind und Kalte und
Schneegestöber.
Wohl schon eine Stunde mochte man gefahren sein,
der General von den Schwankungen des Wagens eingewiegt,
von dem einförmigen Klingeln betäubt, war eingeschlafen —
plötzlich fuhr er auf, das Glöckchen schwieg, der Wagen
stand still — er hörte den Kutscher und Petruschka mit
einander reden.
„Warum stehen wir, was ist?" rief er, das Fenster
herunterlassend.
„Der Teufel weiß es," antwortete Petruschka, „etwas
Unerhörtes! Da liegt es auf dem Wege — bei Gott,
Excellenz, die Pferde stolperten und blieben stehen."
„Ich werde Euch lehren stehen bleiben!" brauste dieser
auf, „was liegt da auf dem Wege und was geht es Euch
an?"
„Gott strafe mich Excellenz," rief Petruschka, „es ist
ein Weib!"
„Ein Weib? Jetzt bei Nacht, mitten auf dem Fahr-
weg und bei solchem Wetter — bist Du toll? Mach auf!"
Petruschka öffnete den Wagen, der General stieg aus.
Der Wind heulte, der Schnee schlug ihm ins Gesicht — er
mußte seinen Pelzkragen heben und sich eine Weile wegwenden.

„Leuchte!" befahl er Petruschka, der sofort eine der .
Wagenlaternen herunternahm. Bei dem Schein derselben i
erblickte der General in der That ein junges Mädchen in
Bauerntracht, das erstarrt vor Kälte mitten auf dem Wege
lag. Ihr Schugai oder Leibpelzchen schützte die Arme nur
ungenügend vor der schneidenden Kälte, das Kopftuch war
an das Hoar angefroren, das Mädchen schien todt —
kaum vernehmbare Athemziige zeugten aber noch von vor-
handenem Leben der Erstarrten. Der General beugte sich
zu ihr nieder, rieb ihre Hände, hauchte ihr ins Gesicht, da
schlug sie mühsam die Augen auf schloß sie aber sofort und
verfiel wieder in jenen bleiernen Schlaf, der bei Erstarrten
der sichere Vorbote des Todes ist.
„Was ist hier zu thun?" sprach der General. „Du,"
wandte er sich zum Kutscher, „giebt es hier in der Nähe
irgend eine Herberge, eine Hütte, ein Dorf?"
„Bis zur nächsten Station gibts Nichts, Excellenz,"
antwortete der Gefragte, „und das nächste Dorf liegt drei
Werst links ab, auf dem Wege dorthin könnte bei dem
Schneegestöber Ihr Wagen auch nicht durch, sehen Sie nur
wie es weht!"
„Was denn anfangen mit dem Mädchen?"
„Was ansangen, Excellenz — sie liegen lassen ! So i

oder so, halb todt ist sie schon, ihr ist nicht zu helfen, sollen
Deshalb auch wir hier erfrieren? Die Pferde haben den
Schnee ja bis zum Bauch."
„Schweig!" rief der General, „ein guter Christ läßt
seinen Mitmenschen nicht umkommen, so lange er ihm helfen
kann! Petruschka, gieb ihm die Laterne und hilf mir das
Mädchen in den Wagen heben und hole den zweiten Pelz
daß wir sie einhüllen."
Petruschka gehorchte, das Mädchen wurde in den
Pelz gehüllt, in dm Wagen gehoben, der General setzte
sich an ihre Seite.
„Nun fahrt zu in Gottes Namen!" rief er den Leuten,
„so schnell wie möglich die Poststation erreichen, ver-
standen?"
Petruschka schwang sich auf den Bock, die Peitsche
knallte, mühsam zogen die Pferde an, wieder ertönte das
Glöckchen und bald ging es im vollen Galopp der nächsten
Poststation zu.
(Fortsetzung folgt.)
 
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