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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 62
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0253

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Sonntag, 30. Mai 1869.

Xo. 62.

Dritter Jahrgang.

Preis: '/^jährlich ä5kr.
per Post bezogen 56 kr.
Anzeigen werden die
dreispaltige Zeile oder
deren Raum mit nur
2 kr. berechnet.
Die Boten erhalten
2 kr. monatlich.
für die Bnü'kc Schwetzingen und P!)Nippsbürg.
Verkündignugsblatt des Amts- und Amtsgerichts-Bezirks Schwetzingen.
chrgan der kindischen Aopfenproducenten
(unter Kontrole der laiidtvi rth schuf tl iche n Bezirksdirektion Schwetzingen stehend).

Erscheint Sonntag,
Mittwoch und
Frei tag.
Alle Postanstaltcn und
Boten nehmen Bestel-
lungen an.


hf Tagesübersicht.
Schwetzingen, 27. Mai.
Dos deutsche Zollparlument wird nächste Woche
in Berlin znsummentreten.
Der deutsche Arbeiterbund hat in Kussel fol-
gende Resolutionen gefußt: 1) Das Ziel der Ar-
beitervereine ist die geistige, sittliche und materielle
Hebung aller Arbeiter; 2) die Arbeiter bilden kei-
nen außer der bürgerlichen Gesellschaft stehenden
Stund; 3) dem Staate gegenüber fordert der Ar-
beiter die volle Rechtsgleichstellung mit allen an-
dern Staatsbürgern. Bravo! Das sind gesunde
vernünftige Ideen! Die nächste Versammlung tagt
in Karlsruhe.
In Worms tagt am 31. Mai die Protestan-
tenversammlung. Nach ben Haupkverhandlungen
in Dome werden sümmtliche Tbcilnehmer zum
Lutherdenkmal ziehen, wo das „Ein' feste Burg
ist unser Gott" erschallen wird.
Die Negierungen, Baicrn voran, beginnen sich
über die Haltung zu verständigen, welche sie dem
ökumenischen Konzil gegenüber einzunehmen ge-
denken.
Der Kaiser von Oesterreich wird der Eröffnung
des Suezkanals beiwohnen, desgleichen die Kaiserin
von Frankreich. Die Eröffnung des Kanals fin-
det Mitte Oktobers statt.
Die republikanische Partei in Spanien stellt
dem künftigen Throninhaber ein recht nettes Prog-
nostikon. „Der unglückliche König, der nach Spa-
nien komme, werde enden, wie Maximilian in
Mexiko." Erbauliche Aussichten!
Seit bei uns die nationalliberale Parthei, die
man als in den letzten Zügen liegend. auspo-
saunt hatte, einig und lebenskräftig wieder das
Haupt erhebt, stecken ihre Gegner die Köpfe ver-
buch zusammen. Das hätten sie denn doch nicht


tt m den Hals!

(F o r t s c tz n n g.)
2. Kapitel'.
Um 9 Uhr wurden wir durch ein donnerndes Geräusch
an der Thür überrascht, das laut genug war, uni die Todteu
zu erwecken. ES war ein Bote von Gonzaga's Rauche.
Ich stieß hastig mein Fenster auf und erkannte in dem
Minn einen von des Don's Peous. Sein Gesicht war
leichenblaß vor tiefer Erregtheit und das Maulthicr, von
dem er abgestiegen, war schaumbedeckt und athcmlos.
»Was ist vorgefallen, Antonio!" rief ich aus, von
diesem ungewöhnlichen Anblick erschreckt. Thorue kam auch
herbei und ich hörte meinen Gast hinter mir ein Geräusch
machen.
Da der Mann zu erschöpft war, um zu sprechen, so
zogen wir ihn herein und reichten ihm Whisky. Er sagte
nur das einzige Wort: »La Morte."
»Was ist geschehen, Mann, sprich!" rief der rauhe
Tctective.
Der Mann sprach sehr unvollkommen englisch; wir
brachten nur die Worte heraus: „Sie sind ermordet!"
.Wer ist ermordet?"
Des vct'slos^encn

venuuthet, daß sie auf solchen energischen Wider-
stand stoßen würden.

Baden.
Karlsruhe, 27. Mai. Bei der bevorstehen-
den Berufung des Zolstxirlaments haben auch die
badischen Abgeordneten sich reise-
fertig zu machen, es sind die Herren v. Stotzingen,
Kirsner, Noggenbaeh, Hebting, Fauler, Noßhirt,
Dahnien, Güter, Blnntschli. Herth, Lindau, Bissing,
Dening. Tiffene. Die fünf Abgeordneten Bissing,
Dahmen, Lindau, Stotzingen und Noßhirt gehören
der ultramontanen Partei an, letzterer in gemäßig-
ter Form.
Deutschland.
L.x.o. Hannover, 26. Mai. Ein unheim-
licher Vorfall trug sich vorgestern Abend ans der
Eisenbahnstrecke Hildesheim-Lehrte zu. Mit dem
i letzten Nackckznge nach Hannover znrückkehrend
hatten in einein Conpee II. Ctasse ein höherer
Offizier und der erste Bühnenkünstler, Herr Pirk,
sammt ihren Damen Platz genommen. Kurz vor
der Abfahrt stieg noch eine Dame und zwei Her-
reil ein und bemerkten kurz nach Abfahrt des Zu-
ges die Mitreisenden an einem der Letzteren die
untrüglichsten Zeichen des Wahnsinns. Die Herren
waren besonnen genug, die Damen möglichst ans
der Nahe des Wahnsinnigen zu entfernen, als
derselbe sich plötzlich ans Herrn Pirk stürzte, wel-
cher nur vermittelst seiner bedeutenden physischen
Kräfte in dem entstehenden Ringen die Oberhand
behielt. Herr Pirk bändigte den Wahnsinnigen
so lange bis man die Station Lehrte erreichte,
wo das Bahnpersonal zu Hilfe kam und den Wahn-
sinnigen in Verwahrung nahm. Herr Pirk hatte
durch denselben mehrere, jedoch leichte Verletzungen
erlitten. Wie sieh heransstellte ollte der betr. Irr-
sinnige in eine Anstalt gebracht werden, wo sich
derselbe denn jetzt auch befindet. — Das Fest-

schießen des nordd. Schützenbundes wird in den
Tagen vom 4. bis 7. Juli in Hannover stattsin-
dcn und soll alle Aussicht ans eine starke Bethei-
Ugung an demselben vorhanden sein
N n s l a n d.
Paris, ^24. Mai. Es trennen uns nur
noch wenige stunden von dem Augenblicke der
Entscheidung; heute Abend noch werden die Pa-
riser erfahren, welche Abgeordneten sie sich bescheert
haben. Es wird viele Enttäuschungen geben, das
ist natürlich, und die unabhängigen Blätter er-
wähnen die Bürgerschaft, die Enttäuschung auf
alle Fälle ruhig hinznnehmen. Was wird der
dritte Bezirk sagend Ollivier oder Bancel d Das
ist die Frage. Gestern war hier die Zahl der
Wähler, oie ihre Stimmen abgaben, eine sehr ge-
ruige, so gering, datz in einer Bürgermeisterei
Abends 6 Uhr nur wenig über 500 Zettel einge-
reicht waren, Alles wartete ans den heutigen Tag.
In den Provinze» war die Bethettiguug eine au-
ßerordentlich starke. Es ist aber wie hier alles in
größter Orönnng und Ruhe abgelausen, Nur ans
Marseille und ans Saint-Clande (Jura) wird den:
Public berichtet, man habe dort gerufen: „Es
lebe die Republik." Dadurch, daß die Wahl auf
2 Tage ausgedehnt ist, wird dem Mißtrauen Thor
und Thür geöffnet, wie ans dein nächtlichen Be-
suche hervorgeht, welchen gestern Nacht Thiers auf
der Bürgermeisterei von Batignolles abstattete.
Gegen Mitternacht bemerkten einige Wühler Licht
in den Sälen der Bürgermeisterei, und als sie sahen,
wie einer der Nationalgardisten, welchen die Be-
wahrung der Urne anvertrant war, sich znrückzog,
fürchteten sie eine Verletzung derselben. Man be-
gab sich in aller Eile nach dem Platze Samt-
Georges, um Thiers zu benachrichtigen, welcher sich
den Wünschen der Wühler fügte und sie nach Ba-
tignolles begleitete. Aus der Bürgermeisterei an-
gekommen, begehrte er den Saal mit der Wahl-

„Der Tenor Ton de Gonzaga." ,
„Unmöglich."
„Iw Signor und auch die beiden Andern."
„WaS", schrie Thorne, „nicht Jnez? Gewiß nicht
Signorita Jnez?"
„Ja Signor, oh, oh, oh!" Tcr Mann wiegte sich
hin und her und stieß die wehklagenden Töne alter
Frauen aus.
Thornc's Grain und Wuth über diese schrecklichen
Nachrichten waren unbeschreiblich, und meine Ansregung
war kaum minder noch, während Mr. Farceur kaum ein
Wort sagte und mit einem Notizbuch ruhig in unserer Mitte
saß und Memoranda machte. Sein Auge überflog jedoch
Alles mit scharfem Blick und ich konnte dieser großen Kalt-
blütigkeit nicht eine gewisse Bewunderung versagen. Ich
kam zu dem Schluß, daß er ungeachtet seiner Gasconaden
doch ein guter Beamter sein dürfte.
Die schreckliche Nachricht verbreitete sich mit Blitzes-
schnelle durch die Stadt und unser kleines Comtoir war
belagert von Neugierigen, beider Geschlechter, Amerikanern
und Mexikanern. Detective Farceur nahm die Haltung
eines Mannes an, der sich seiner Stellung bewußt ist und
Vortheil aus ihr zu ziehen weiß. Die Leute erfuhren bald
den Zweck seiner Anwesenheit und blickten zu ihm auf wie

Frcrhu l n chna ms festes wegen erscheint kein SonntagshLatt

zu ihrem Führer. Ich war ganz zufrieden damit, da hier-
durch die Verantwortlichkeit von meinen Schultern genom
men wurde. In kurzer Zeit hielten ein Dutzend rüstige'
Bursche zu Pferde vor meiner Wohnung, um in unsere
Begleitung La Morte und seine Spießgesellen zu verfolgen
denn Niemand bezweifelte, daß er der Urheber der schänd
lichcn Thnt sei. Die Achtung, welche Gonzaga seinen Mit
bürgern einflößte und sein Ncichthum machten die Tragödi
zu einer sehr bedeutungsvollen und Alle brannten vor Be
gicrdc, den Mörd-r seinen Nüchtern zu überliefern.
Im Augenblick, als wir aufbrcchcn wollten, berief De
tcctivc Farceur mit sehr wichtiger Miene eine Art vo:
Kriegsrath zusammen. Er war beinahe nicht wieder zr
erkennen; ein abscheuliches schwarzes Pflaster bedeckte ein;
seiner unruhigen grünen Augen und außerdem trug c:
eine große schwarze Perrücke. Er erklärte diese Mctamor
phose als einen Kunstgriff, um La Morte und seine Kame-
raden irre zu führen, denen er bekannt sei.
„Gentlcmen", sagte der schlaue Detective, indem ei
mit dem einen grünen Auge blinzelte und die Miene einet
Generalmajors annahm, der im Begriff steht, die Glied-.-,
seines Stabes im Augenblick einer offensiven Bewegung an-
zurcden. „Gentlemen", sagte er, „Sie haben alle nur sch,
unbestimmte Ideen von der inneren Maschinerie, w.l c ei;
 
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