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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 80
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0325

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Sonntag, 11. Juli 1869. Xo. 80. Dritter Jahrgang.


Dlmts-M'rkündiguugsLlatt für den Bezirk Schwelungen.

V a k> ischc H opsen; citu n >>.

Erscheint wöchciulich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe § o n n t a g s b l a t t. — Alle Postanstalten und Voten nehmen Bestellungen an. —Preis vierteljährlich 1 st. U5 kr.
Anzeigen, die drcigespaltene Petitzeile oder deren Raum 3 kr.

Baden.
* Schwetzingen, 9. Juli. Heute Nnch-
miltag trus, von Mannheim kommend, S. Erc.
Kriegsminister v. Beyer hier ein um die Jn-
spection der hier garnisonircuden Eskadron des 1.
Leibdragonerregiments und des Jnvalideukoeps vor-
zunehmen.
* Schwetzingen, 9. Juli. Gestern fand
in Ludwigshafen eine Besprechung zwischen den !
Mitgliedern des pfälzischen und badischen Aus-!
ichusses für Erbauung einer Heidelberg Schwetzin- l
gen-2peyerer Eisenbahn statt, welcher selbstverständ-
lich auch das hiesige Lokalkomitee auwolnüe.
Das Resultat der Berathung gipfelte darin,!
daß zunächst der Bau der Strecke Heidelberg- i
Schwetzingen in Angriff zu nehmen sei, um eine
Handhabe für die Fortsetzung der Linie nach der ^
bayerischen Pfalz zu gewinnen. — Im nächsten ^
bayerischen Landtag werden dann Seitens unserer :
Nachbarn die nothigen Schritte geschehen, weiche
den Anschluss an die badische Linie über Schlvetzinm
gen nach Heidelberg bezwecken.
Was den Bau der Strecke Heidelberg-Schwe- !
hingen betrifft, so stehen demselben allerdings noch!
einige Schwierigkeiten im Wege.
Das bad. Handelsministerium beanspruchte erst!
von der Roheinuahme des Bahnbetriebs 66'-3 W,
ließ sich aber auf wiederholte Vorstellung hin be-
stimmen von dieser Forderung abzugehen und seine
Ansprüche aus 55 Og zu ermästigeu.
'Außerdem stellt daS HandeGmiiiistcrium d'e
Bedingung, daß wenn der den Unternehmern zu-
sallende Antheil vom Ertrage 5 P, übersteigt, der
Ueberschuß zur Hälfte der Staatsbahnverwaltung,
zur anderen Hälfte den Unternehmern zufalle.
Das Aukaufsrecht der Bahn behält sich die Regie-
rung vor.

Die Aufbringung der Mittel zum Baue macht l
keine Schwierigkeiten, doch verlangen die Unterneh-!
mer eine Zinsgaraniie von 4ff? Po, welche die
Städte Heidelberg und Schwetzigen über-
nehmen sollen. Heidelberg ist bereit für Ps die
Garantie zu übernehmen, Schwetzingen soll für O
einstehen.
Wie man nun hört, ist die? der Punkt, über
welchen die Verhandlungen nicht leicht hiuweglom-
inen werden, so billig auch diese-? Verlangen ist und
so sicher auch die Rentabilität des Projektes er-
scheint. Wir zweifeln übrigens nicht, daß auch
diese Angelegenheit, an welcher do ch !
wahrli ch das Uut e r n e h m en ui ch t s ch ei- l
t e r n darf, einer befriedigenden Lösung entgegen
gehen wird und hoffen bald weiteres in dieser ^
Hinsicht mittheilen zu können.
* Karlsruhe, 8. Juli. Tie „Krlsr. Ztg." ^
zählt in der bad. Chronik unter den verschiedenen
Bahnen, welche gegenwärtig in unserem Lande im
Bau begriffen sind, auch die Mannheim-Karlsruher
Rheiuthalbahn ms und geben wir die oaranf Be-
zug habenden Mitthcilungen, obschou uns die mei-
sten Punkte derselben bereits bekannt sind, wörtlich
wieder:
„Der Bau der Mannheim-Karlsruher Nheiu-
thalbahu (13 Stunden lang) ist der Stadt Mann-
heim mittelst Konzession vom 30. April v. I.
übertragen worden. Die Ausführung soll in einem
Zeitraum von vier Jahren von der Kouzesswns-
ertheilung an erfolgen. Ter Betrieb wird der
Staatsbahnverwaltnng überlassen, welche dafür aus
die Dauer von 25 Jahren einenchührlichen Pacht-
zins von 145,000 ff. an die Elwauerin bezahlt.
Nach Ablauf des fünften Mtriebsjahres sollen jähr-
lich 5 Pro;, des Anlagekapitals an die Unterneh-
merin abgetragem werden. Sobald das Anlage-


kapital von dem Staat ganz bezahlt ist, tritt der-
selbe in das unbeschränkte Eigenthum der Bahn.
„Dbwohl eine Konkurrenzlinie der bestehenden
Hauptbahn über Heidelberg und Bruchsal, wird
sie doch den Hanptoerkehr, welcher sich von Norden
und Osten in Heidelberg, Bruchsal und Durlach
zusammendrängt, nicht streitig machen. Von Wich-
tigkeit wird aber die Abkürzung um etwa 2 Stun-
den gegenüber der alten Linie für den Verkehr
zwischen Mannheim und Karlsruhe, wie auch für
das gesannute Bahuiuteresse, wenn die Verbindung
mit der Kiuzigthal-Linie in Betracht gezogen wird,
indem die kürzereWeglänge zwischen Mannheim
und Karlsruhe bezw. Singen die Koknrrenzsähig-
keit der letzteren mit der württembergischen Nagold-
bahn (Pforzheim. Ealw. Rottwcil, Tuttlingen), er-
höht. Der Bau der Bahn bietet keinerlei Schwie-
rigkeiten. Tie Kosten sind s. Z. zu 3 Millionen
Gulden, d. i. für die Stunde Weglänge 230,000 fl.
veranschlagt worden. Die Bahn zieht von Mann-
heim nach Schwetzingen, von hier in ziemlich ge-
rader Richtung über Waghüusel nach Graben, so-
dann in westlicher Richtung nach Linkenheim und
von hier direkt nach Karlsruhe mit Einmündung
beim Mühlburger Thor, von wo sie in den Haupr-
bahnhof weitergeführt wird. Personen- und Gütcr-
statwuen erhalten die Orte Neckarau, Schwetzingen,
Hockenheim, Neulußheim, Waghäusel, Wiesenthal,
Graben, Linkenstein und Eggenstein. Ter Ban
hat aus der ganzen Linie begonnen und soll dem
Vernehmen nach schon im nächsten Jahre die Er-
öffnung zu erwarten sein.
A u s l a rr V.
Haag, 4. Juli. Eine Mitthcilung des Ma-
rineministers im „Staatseourant" bestätigt zum
Theil den Unfall einiger Offiziere und Mannschaf-
ten des Kgl. Dampfers „Amstel" an der Küste

Erinnerung an Vater Haydn.
(Fortsetzung.)
Zu der allgemeinen Thätigkeit, die Haydn hier ent-
wickelte, kam noch die Nealisirung so man cn Auftrages;
denn bald wurde er von einem Tomherrn, General-Vicar
oder von einem Bischof um die Eompositien einer Messe,
bald von einem General uni Fcrtiznng riii.cS Mensches für
seine Negimcntsmusikcr angegangen,. — Aller Ehren v»ll
uinv äußerer Sorgen überhoben, lä-elle Haydn die Zeit
an, alnr es sollten nun auch Stunden kommen, d:e seine
Seele trübten. — Wehe einem Schauspiel- oder Musikdi-
rektor, wenn bei vo ko.imeneen Gelegenheiten sein Blut in
Wallung geräth, daß e sich ärgert, dann steht es schlimm,
denn gerade an solchen, Platze muß die größte Beherrschung
walten. Wem aber hätte bei den Kabalen, bei den, Thun
und Treiben der italienischen nnl- deutschen Sänger nicht
oft die Galle übcrlairfen sollen?
Rur zu bald mußte dies Haydn empsiitven; denn als
der zweite Theil vou Badia's Oratorium: „Ter Prophet
EliaK aufgesührt werden sollte, brachte Eartellieri, der die
Hauptpartie sang, allerhand Schnörkel an. Haydn suchte
ihn mit liebreichen Worten davon abzubring u. Ter Sänger

aber meinte, man solle ihm hier leine Vorschriften machen, i
! er sei Schüler d,s Conserv.atorinms zu Massa-Carara ge?
mcsen, habe den, Maestro Porpora g nügt und verstehe zu
singen. Er warf die Noten hin und ging seiner Wege.
An seiner Halsstarrigkeit scheitelte die Aufführung.
Ein Gleiches geschah von der Sängerin Moltcni Agri-
cola, die in einer deutschen Oznr von Jrrr ihre Arien und
Tuette in'S Italienische übersetzt.haben wollte, während die
Andern deutschen Text hatten. — So waltete überall Neid,
Mißgunst und Widersetzlichkeit, denn es ging den, Künstler-
^ Völkchen zu wohl und die allbekannte Güte und Großmuth
des Fürsten wurde mißbraucht. Selbst im Orchester gab
es bereits einige räudige Schafe, denn eines Tages kam ein
großer, vierschrötiger Mann auf Haydn zu. Er trug einen
papagaigrünen Reck mit breiten Schößen und ungeheuren
Stahlknöpfen. Unter den kurzen abgenutzten Sammlhosen
schlapperten blaugcwürfclte Strümpfe und die.Schuhe mit
alnnodischcn Schnallen entbehrten gar sehr des Glanzes.
, Haydn erschrack über die Figur: cs war Herr Lpangler,
der in seinen, Orchester den Cvnirebaß strich. Er hätte dun
Bachus ein erklccklin.es Opfer gebracht und erklärte seinem
Kapellmeister mit schwerer Zunge, daß er,, Pute Abend nicht
Am O,ehester erscheinen könne, wenn ^E-eincr Gnaden der
Herr Kapellmeister keine Affenschande erleben wolle.

Ach! der arme Haydn hatte seine liebe Roth und suchte
manchen Fehler zu verdecken, spr.rch zur Sühne, damit nicht
solche Skandalosa dem Fürsten zu Gehör kommen sollten.
Tiefer aber hatte von all' dem Borgegal,gencn längst Kennt-
nis; n»d hing über Vieles den Mantel christlicher Liebe,
was nicht dem Gesetz und der guten Ordnung Stich hielt.
Eines Tages hatte denn auch Haydn bei Ausübung
seines Berufes etwas erfahren, das seine,» Herzen nahe ging.
Er hatte seine Schritte tief in den Schloßga.ten gelenkt und
sich an einer moosigen Grotte niedergelassen, wo ihn Herr
Lickel, der erste Geiger seines Orchesters traf. Ties war
ein ächtes Künstlergemüth, ein Mann von vielen. Wissen
und Haydn wahrhaft innig zugcthan.
Lickel nahm an seiner Seite Platz in den, Augenblicke
wo Haydns Auge wehmüthig nach der untcrgehenden Sonne
blickte. Lickel störte ihn nicht in der Betrachtung; nach
einer Pause aber ergriff er das Wort und sprach: „Ja! in
voller Pracht geht sie unter, die Sonne des Himmels, so
erhaben, so rein. Wer bürgt aber dafür, daß nicht eine Wolke
ihren Glanz trübt? Das ist die Geschichte genialer Men-
schen. Ebenso tritt ihnen oft freche Ignoranz entgegen. Aber
reicht nicht ein Lastzug hin, jene neidische Wolke zu ver-
jagen? Ebenso vermag ein kleiner Zufall der blinder,
Menge die Augen zu öffnen. Ter genuine Troß verwirft
 
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