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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 15
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0059

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Freitag, 5. Februar 1869. Ao. 15. Dritter Jahrgang.
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für die Dem Ke Schwetzingen und Philippe,bürg.
Verkündigungsblatt d-s Amts'u. Aitttsgerichtsbezirks Schwetzingerl.
Hrgan der badischen Aopfenproducenten
tu>iter Kontrolc der landioi rthschuftlichen Bczirksdirektio n Schwetzingen stehend).


- Zur Lage.
Alle Anzeichen lassen darauf schließen, das; die ultramon-
kaue Parthei unseres Landes den Kampf mit dem Liberalismus
nunmehr anf'S Entschiedenste aufzunehmen gedenkt. Beweis j
dafür ist einmal das Vorgehen der Curie in Freiburg, die ^
Erkommunication des Bürgermeister Stromeper in Konstanz
und die Verwarnung seines Collegen Fauler in Freiburg,
ferner die energische Thätigkeit der Hauptführcr in der Bildung
und festen Gliederung der ultramontanen Parthei. Und wahr-
lich! Die Verhältnisse sind derart, daß für die Ultramontanen
kein Zeitpunkt günstiger sein könnte als der jetzige, um den
Kampf mit allen Gegnern erfolgreich aufzunehmen.
Wohin sie ihre Blicke wenden mögen, in den Lagern ihrer
Gegner herrscht Uneinigkeit und in deren Gefolge die —
O h n m a ch t.
Die Demokratie liebäugelt lieber mit den Ultramontanen,
als daß sie sich den ihr geistig verwandten Elementen anschließt
oder nähert und erwirbt sich durch ihre zweideutige Haltung
die Anerkennung und den Beifall der ultramontanen Presse.
Die nationalliberalen und die Offenburger Partheiorgane
stehen sich wie Boxer gegenüber, im Hintergrund die ultramon-
tanen. die über die Schläge jubeln, welche sich die Beiden
wechselweise versetzen und das Feuer insgeheim schüren, um
die Kluft zu erweitern und den Vortheil, den der eine über
den andern der Gegner erreicht, für sich auszubeuten!
Während aber so die Osfenbnrger und die uationalliberale
Parthei sich in unfruchtbarem Hader — Kampf läßt sich die
Art und Weise, in welcher sich das Zerwürfnis; äußert, nicht
einmal nennen — Abbruch thnn und einander in der öffent-
lichen Meinung herabzusetzen suchen, sammeln die Ultramontancn
alle ihre Kräfte zu einem Hauptstöße auf die vereinzelten Geg-
ner und es müßte seltsam gehen, wenn diese, ohnmächtig und
zersplittert wie sie jetzt sind, der Gewalt desselben Widerstand
leisten können.
Soll darum über u ute rg eord u et cn Fragen
nicht das Wesen und Sein der l i b e r a l e n P a r-
theien auf's Aeußerste gefährdet werden, so ist
ein alsbaldiger, fester Zusammenschluß der
Liberalen aller Farben eine Pflicht der Selbst-
erhaltung.
Wird die verlorene Fühlung nicht baldigst wieder hergcstellt,
so wird bittere aber vergebliche Neue die Folge der unverant-
wortlichen Saumseligkeit sein. Die Ultramontanen sind in
Mannheim anläßlich der Schulfrage unterlegen; man wiege

sich deßhalb in keine gefährliche Sicherheit hinsichtlich ihrer Be-
deutung ein, sie werden auf dem gleichen und auch
noch anderen Gebiet e n das ü r g a r m a n ch en Sieg
und Triumph zu feiern haben!

Bade tt.
* Hcivclbcrg, 2. Fcbr. lieber die Bewegungen auf
dem Gebiete der deutschen Arbeiterfrage, die neuerdings in den
Vordergrund tritt und über ihr Verhältnis; zur nationalen
Frage schreibt die „Heidelbgr. Ztg.":
lieber die Arbeiterfrage, deren Lösung wenigstens im
Sinn der Arbeitnehmer noch immer nicht gefunden, spricht sich
auch der im national-ökonomischen Gebiet vorthcilhaft bekannte
und um die Hebung des Arbeilerstandes so verdiente Hr. Dr.
Schirges in einer Reihe von Artikeln aus. Tie Arbeiterfrage,
bemerkt Schirges, die, wie das tägliche Zugemüse auf unserem
Tisch, bei keiner eingehenden Betrachtung unserer politischen
und socialen Verhältnisse fehlt, ist zunächst eine Thaler- und
Groschenfrage. Als solche bedarf sie der Lösung, soweit ibr
diese noch nicht zu Theil geworden. Polizeiliche Maßregelungen
und vornehmes Ignoriren der Arbeiterbewegung lösen sie nicht.
Verständigung über das gemeinsame Interesse der Arbeitgeber
und der Arbeitnehmer kann da noch Vieles bessern.
Auf deutschem Boden bildet sie einen Theil der deutschen
Frage. Znstimmungsadressen an Bebel und Liebknecht, social-
demokratische Resolutionen internationaler Arbeiterkongrcsse, süd-
deutsche Sonderbündelei lösen sie auch nicht. Ohne Einheit
und Freiheit des gemeinsamen deutschen Vaterlandes bleibt sie
in Deu'schland ungelöst.
Sie hat endlich ihre moralische Seite. Moral — nicht im
Sinne des Bischofs Kettcler oder des Pastors Knak, sondern
Moral im Geiste einer aufgeklärten Zeit des Fortschritts, die
sich des Zusammenhangs, der Solidarität aller wahren mensch-
heitlichen Interessen bewußt ist.
Der große Um- und Neubau unserer wirthschaftlichen Zu-
stände, unseres nationalen Güterlebens, dessen Vollendung für
die deutsche Arbeiterfrage ist von der höchsten Bedeutung.
Preußen hat den deutschen Zollverein in's Leben gerufen, seit
dessen Gründung die deutsche Industrie an der Thcilnng der
Arbeit im Weltverkehr konkurrirt; Preußen hat cs übernommen,
unfern Antheil am Ocean, unfern maritimen Berus wieder
herzustellen, deutsche Arbeit, den deutschen Wanderer zu schützen
gegen Unbill und Willkür. Aus dem preußischen Zollverein
ist der deutsche Zollverein, aus der preußischen Flagge die
deutsche Flagge geworden. Preußen hat sie abgeschafft, die
Wanderbücher der deutschen Handwcrksburschen, von denen ein-
mal gesungen ist:
„Wer's Wanderbuch
„Durch Deutschland trug,
„Von Lug' und Trug'
„Weis; er mehr als geuw/p"
Der Arbeiter braucht nicht mehr seine Hände und seinen
Geldbeutel vorzuzeigen, um von unwissenden Schreibern für
 
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