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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 56
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0229

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Freitag, 14. Mai 1^69.

Dritter Jahrgang.

Preis: ^jährlich 45Ir.
xcr Post bezogen 56 kr.
Anzeigen werden die
dreispaltige Zeile oder
deren Raum mit nur
2 kr. berechnet.
Tie Boten erhalten
2 kr. monatlich.
für die Dnirke Schwetzingen nnd PH Nipps bürg.
VerküMgungsblatt des Amts- und Amtsgerichts-Bezirks Schwetzingen.
Hrgan der badischen Kopfenproducenten
(unter Kontrvle der laudivirthschaftlicheu Bezirksdirektion Schwetzingen stehend).

Erscheint Sonntag ,
Mittwoch und
Freitag.
Alle Postanstalten und
Boten nehmen Bestel-
lungen an.


Die badische Kammer und der
Mtramontauismus.
Tie Ultromontuiien unseres Landes haben seit
1860 entschieden Pech. Ihre Plane sind seither
un Ganzen und Großen regelmäßig mißglückt.
Wer trägt die Schuld daran ?
Die Männer, welche das badische Volk in die Kam-
mern schickte. Männer, ans welche nicht nur Baden,
sondern ganz Deutschland mit Stolz blickte, weil man
in ihnen die Träger einer nationalen Politik, die
Vorkämpfer für innere Reformen und freiheitliche
Entwickelung auf allen Gebieten des Lebens sah.
In allen wichtigen und tiefgehenden Reformfragen
wußten sie die Plane der Ultramontanen zu durch-
kreuzen. Das Konkorda t, welchem konfessionnelle
Abgeschlossenheit und Zwietracht auf dem Fuße
hätte folgen mästen, fiel. Die Schulreform
wurde trotz den heftigsten Anfeindungen angenom-
men. Die E m anzipation der Israeliten kam zu
Stande, trotzdem die Uklramontanen Alles daran
setzten, sie zu vereiteln oder wenigstens zu verzö-
gern. Die Gewerbefreiheit kam ins Land, trotz-
dem gerade die Anhänger dieser Partei sich mit
Händen und Füßen dagegen sträubten. So nach
June n. Nach Außen hin machte die ultramon-
tane Partei ebenfalls Fiasco: Am liebsten hätte
sie wohl nach den Ereignissen des Jahres 1866
eine chinesische Mauer längs der Mainlinie gezo-
gen, um Baden, überhaupt Süddeutschland, von
Preußen abzuschließen. So eine Art von Südbund
wäre ihr auch willkommen gewesen, vielleicht hätte
ja daS vorsündflnthliche Oesterreich das Protektorat
übernommen und dann wäre die Geschichte recht
gemächlich geworden.
Aber die badische Volksvertretung im Vereine
mit der Negierung machte durch Abschluß des
Schutz- und Trutzbündnisse mit Preußen den Ul-
tramontanen einen dicken Steich durch die Rech-

nung. — Das war schon viel, sehr viel! Allein
der ultramont.men Partei steht noch etwas Entsetz-
licheres in unbestimmter Ferne bevor, wenn auf
diesen Bahnen consequent weiter geschritten wird:
„Die völlige Vereinigung der Südstaaten mit dem
Nordbunde!"
Wer kann also noch stutzen, wenn der Ultra-
montanismus Alles versucht, eine Regierung zu
stürzen, die nicht auf seine Plane einging nnd ein-
gehen wird, eine Volksvertretung ans dem Sattel
zu heben, welche freilich nichts weniger als der
Ausdruck seines Willens ist?
Also ihr Herren: Wenn es euch darum zu
thun ist, obenauf zu kommen, um Politik in eu-
er e in Sinne zu machen so seid ehrlich und sagts
gerade heraus, daß die Richtung unserer Volksver-
treter und des Ministeriums nicht nach euere m
Herzen und eueren Nieren ist, nnd daß ihr,
nicht das Sakrische Wotk sondern — — ihr
dcßhalb das Heft in die Hand nehmen und uns
andere — gewiß paradiesische? — Zustände be-
reiten wollt, wo von Steuern, Kalbfell nnd Küh-
fuß nicht mehr die Rede sein wird. Ja. wer das
Glück einst erlebt . . . . ! —
.1^- Tagesüberftcht.
Schwetzingen, 12. Mai.
Abgeordneter Mcnde sitzt jetzt wieder, nach-
dem er frei gelosten worden, unter den Reichstags-
mitgliedern, doch hat er ein Urlaubsgesuch einge-
reicht.
Ter schweizerische Bundesrath hat Mazzini
aus den Italien zunächst gelegenen Kant men
ausgewiesen.
Der Kaiser von Frankreich, welcher es liebt,
bei irgend einer passenden Gelegenheit der Welt
seine Ideen auseinander zu setzen, hat auch jetzt
wieder einmal, anläßlich eines einfachen land-
wirt h s ch aftlich e n F e st e s in Ehartre s

die Ansprache des Bürgermeisters benützt, sich über
die innere Lage auszudrücken. Es scheint ihm doch,
angesichts der bevorstehenden Wahlen etwas warm
zu werden, denn er knöpft das Brusttuch ziemlich
weit auf! Seine Worte sind ein Apell an Frank-
reich, namentlich ruft er den Beistand der „hon-
netten" Leute aller Parteien an, seiner Regierung
beizustehen, um den wühlerischen, verderblichen Lei-
denschaften entgegen zu treten.
In Paris platzen die Geister auf einander,
daß es eine wahre Freude ist, die sonst so leicht-
lebigen Pariser, denen ein don inot sonst über
Wichtigeres geht, nehmen die Wahlangelegenheiten
diesmal sehr ernst und drängen sich eifrig zu den
Lokalen, in welchen die Wahlkandidaten sprechen.
Originell ist, was einer der letztem vor seinen
Wählern aussprach: „Im Jahr 1851, während
die verschiedenen Parteien sich unter einander be-
kämpften, kam ein dritter Räuber, welcher sich des
EselS bemächtigte!" Der anwesende Polizeikommis-
sär begriff denn auch gleich, daß unter diesem
dritten Räuber Napoleon, unter dem Esel Frank-
reichzu verstehen sei und löste die Versammlung auf.
Die Versammlung der ultramontanen Partei in
Bruchsal hat außer einer Adresse an den Landes-
fürsten nichts Neues zu Tage gefördert. Es mö-
gen etwa 5000 Personen der Verhandlung beige-
wohnt haben. Hr. Lindau eröffnete die Ver-
sammlung, Hr. v. And law präsidirte, außer-
dem sprach Dr. B i s s i n g , ferner einige unterge-
ordnete Madatoren der Partei.

Bade ri.
Karlsruhe, 11. Mai. Se. Königl. Hoheit
der Großberzog haben unterm 16. März d. I.
den von der Gemeinde Weisweil aus den drei ihr
bezeichneten Bewerbern gewählten nnd prüsentirten
Pfarrverweser K e r m a n n I » n k e r in Blan-
kenloch zum Pfarrer in Weisweil zu ernennen geruht.

Erlebnisse eines Deutschen in Indien.
(Fortsetzung.)
Hieraus hatte ich keine Antwort, ich war ja leider von
der Thaisächlichkeit des Gesagten überzeugt. „Sie sird der
Freund meines Mannes; auch er ist nicht glücklich, kann es
nicht sein", fuhr Frau de L. . . . immer mehr aufgeregt
werdend, fort, „handeln Sie als wahrer Freund, geben
Sie ihm und mir daS verlorene Glück durch ihren Einfluß
über ihn wieder! Ich werde Sie als meinen Lebensretter
betrachten und Gott wird Sic dafür segnen. Suchen Sie
ihn dahin zu bestimmen, daß er Mntiava verkauft; meine
Bitten konnten ihn bisher nicht dazu bewegen, er entgegnete
stets, daß dadurch ihr Glück zerstört würde, da sie ihn so
innig liebte." Frau de L. . . . schüttete ihr Herz durch
Aufzählung aller Vorkommnisse im häuslichen Leben aus
und wurde immer mehr leidenschaftlich. Sie thciltc mir!
mit, wie seit dem vor etwa einem Jahre erfolgten Ankauf!
der Sclavüi Mutiava ihr häusliches Glück vergiftet fei und
schloß in höchster Elstase ungefähr: „Diese Schlange hat
einen Fluch auf unser Hans geladen, sie hat mir die Liebes
des Gatten geraubt, sic ist mein Unglück, mein — Tod'l
H»ben Sie Mitleid und Erbarmen mit mir, retten Siez

mich nnd — meinen Mann! — Bei diesen letzten Worten
warf sie sich vor mir auf die Knice.
War ich auch schon von meinem Eintritt in den Kiosk
an fast nicht aus verlegenen Situationen gekommen, so bil-
deten diese doch nur unbedeutende Vorspiele von meiner
augenblicklichen Lage. Eine Ahnung von einer noch in
Aussicht stehenvcn tragischen Scene stieg zwar schon in mir
auf, als Frau de L. . . . von mir die Nolle eines Ver-
mittlers beanspruchte, diesen Ausgang hatte ich jedoch
nicht erwartet. Da stand ich unglücklicher Lieutenant zur
>L>ce, wohl durch Schrecknisse auf dein Meere, im Kampf
und bei Schisfbrüchcn genügend gestählt, um die Fassung
nicht so Eicht zu verlieren, aber, wie ich schon vor erwähnt,
nicht im Stande, solche einer schönen unglücklichen Frau
gegenüber zu behaupten, geschweige denn gar letztere als
verzweifelnd Bittende zu meinen Füßen! Mit Aufbietung
aller mir noch gebliebenen Besinnung rief ich aus: „Gott
gebe, daß ich helfen, daß ich Sie wieder glücklich machen
kann! — In demselben Augenblicke vernahm ich Tritte
hinter mir, wandte mich um und erblickte — Herr de L....
an der Thür. Nun war es aber vollständig mit meiner
Fassung vorbei, ich suhlte, daß ich wie ein Schulknabe, der
seine Lcctivii vergessen, zwischen den Ehegatten stand, Frau
de L. . . . noch immer vor mir auf den Kniecn. Ihr Ge-

mahl ergriff die Initiative und sprach mit erkünsteltes
Ruhe mir zugewandt: „Ich suchte Dich, man sagte mir,
daß Du diesen Weg genommen hättest." Alle-Z erreicht
jedoch seinen Eulininationspunkt, so war cS auch bei mir;
der Augenblick war cingcirctcn, wo ich meine ganze Fassung
und Haltung wieder gewonnen; eine innere Stimme sagte
mir: jetzt tritt die Entscheidung ein und sie wird zum Guten
führen. „Du suchtest mich?" fragte ich ruhig und wie be-
fremdet, während ich die Knieendc aufhob und ihr einen
Stuhl bot, „glücklich fühle ich mich, daß Du mich in dieser
Situation findest, Eduard, da sich mir hierdurch die Gele-
genheit bietet, Dir zu beweisen, daß ich nicht nur dem Na-
men nach Dein Freund bin. Du sähest Deine Frau zu
meinen Füßen, dies wird Dich unfehlbar sehr überrascht
haben, nicht wahr? Doch mit wenigen Worten werde ich
Dir hierüber Aufklärung crthcilen. Wisse, daß die Frau,
der Du Treue am Altäre geschworen, mich soeben fußfällig
! gebctm, ihr das Glück, welches Du ihr durch Deine Untreue
geraubt, durch meine Vermittlung wiedcrzuschaffcn. Nicht
s habe ich mich dazu gedrängt, in Deine Fainilicnverhältnisse
einzugreisen, aber, Eduard, ich bin Dein ältester Freund
! und die Freundschaft hat auch ihre Rechte. Jederzeit erkannte
! ich in Dir einen rechtlichen, cdcln Menschen und mir wäre
I es nie in dm Sinn gekommen, an Deiner Tugend und
 
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