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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 60
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0245

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Dritter Jahrgang.


Mittwoch, 26. Mai 1869

Erscheint L o n n tag,
Mittwoch und
Freitag.
Alle Postanstalten und
Boten nehmen Bestel-
lungen an.

Ac». 60.

für -ic Bcflrkc Schwetzingen nnd Philippsbnrg.
Vertündlgungsblatt des Amts- und Amtsgerichts-Bezirks
Hrgair der öadischen Kopfenproducenten
(unter Kontrole der landtoirthschaftlichen Bezirksdirektion Schwetzingen stehend).

Preis: '/«jährlich 45kr.
per Post bezogen 56 kr.
Anzeigen werden die
dreispaltige Zeile oder
deren Raum mit nur
2 kr. berechnet.
Die Boten erhalten
2 kr. monatlich.

Schwetzingen.

T<

^agesttbersicht.
Schwetzingen, 12. Mai.
In Baiern sind die Landtagswahlen zu Gun-
sten der Ultramontanen ausgefallen, die Demokratie
hat ihnen — dort wie hier! — die Steigbügel
gehalten, damit sie sich leichter in den Sattel
schwingen können. Jetzt klagt die bairische Demo-
kratie über die Erfolge, welche die Ultramontanen
errungen! Ei, ihr E. . . ! wer trägt denn die
Schuld, daß es so kam? Doch Niemand anders als
ihr!!
In Frankreich, sowohl in Paris als in den
Provinzen nimmt kur Wahlkampf die Kräfte aller
Parteien ausschließlich in Anspruch! Die leiden-
schaftliche Erregung der Wähler machte sich na-
mentlich in Paris schon mehrfach durch Ausschrei-
tungen Lust. Die Opposition gegen die Regierung
tritt von Tag zu Tag mehr hervor und der Haß,
den Legitimisten und Republikaner der napoleoni-
schen Dynastie tragen, zeigt sich in seinem grellsten
Lichte!
In Spanien können sie auch an kein Ziel
kommen, da streiten sie sich thatsächlich um „des
Kaisers Bart", die Einen wollen immer noch keinen
König, die Andern wollen einen, aber den nicht
und jenen auch nicht; viel Wahl macht Qual!..
Doch was brauchen wir in der Ferne herum zu
schweifen „steh das Gute liegt so nah! !"
In unserem Baden gehen gegenwärtig die Po
litischen Wogen höher als irgendwo; alle Parteien
sind in fieberischer Aufregung. Der Preis ist
freilich auch des Kampfes Werth, entweder gehen
wir der schwärzesten Reaktion entgegen oder wan-
deln die Bahnen des gesunden, besonnenen Fort-
schritts weiter, je nachdem die eine oder andere der
sich bekämpfenden Parteien unterliegt.
Wer nicht glaubt, daß eine, wenn auch nicht
eingestcndene Verbindung zwischen den Ultramon-
tanen und Demokraten herrscht, der lese doch ein-

mal die beiderseitigen Parteiorgane, wie beispiellos
gefällig sie einander die kleinen pikanten Lügen und
Sensationsnachrichten abdrucken nnd im befreunde-
tes Lager colportiren! Durlach und Eppingen
haben sich der Mannheimer Adresse ange-
schlossen. Ein Freiburger Bürgerabend spricht sich
ebenfalls gegen die Agitationen der Ultramontanen
aus. Weitere Erklärungen in diesem Sinne folgen
täglich.
Die demokratische Presse findet für gut Witze
zu reißen über die Namen mehrerer nationallibe-
ralen Parteihäupter; ganz gut, nur drauf! W
zuletzt lacht, lacht doch am besten!

er

Baden.
Schwetzingen, 24. Mai. Das Ver-
söhnungswerk der nationalliberalen Partei, in der
Heidelberger Versammlung angebahnt hat in Of-
senburg seinen förmlichen Abschluß erhalten!
Angesichts der Gefahren, in welche die leiden-
schaftlichen Agitationen der Ultramontanen und
Demokraten unser Land gebracht, gibt es für uns
keine Meinungsverschiedenheiten untergeordneter
Natur mehr; Alle, welche es ehrlich mit dem Va-
terland meinen müssen zusammen stehen nnd die
Plane der Ultramontanen vereiteln Helsen.
Die Versammlung in Offenburg belief sich auf
etwa 1200 Männer aus allen Theilen deS Lan-
des. Unter den hervorragenden Persönlichkeiten
bemerkte man die HHrn. Prof. Bluntschli
Treitschke, Kieffer, Lamcy, u. a. m. lieber die
Einzelheiten zu berichten unterlasse ich und be-
schränke mich darauf, Ihnen mitzutheilen, daß die
Verhandlung, vom Geiste der Eintracht durchweht,
einen erhebenden Eindruck auf sämmtliche Theil-
nehmer ausübte. Eiue feste Organisation der na-
tionalliberalen Partei wurde zum Beschlüsse er-
hoben.
Gleichzeitig wurde eine Adresse an den Lan
l desfürsten gerichtet, welche die Anklagen, die die

Ultramontanen gegen Kammern und Regierung
schleudern, in gemessenem Ton widerlegt und mit
den Worten schließt:
„Möge Ew. Königliche Hoheit, wie im Jahre
1860, so auch jetzt dem edlen und guten Geiste
Ihres getreuen Volkes vertrauen und alle patrio-
tischen Kräfte zu freudigem Zusammenwirken in
erneuter, rüstiger Thätigkeit aufrufen auf allen
Gebieten des öffentlichen Lebens, welche der Ver-
besserung noch bedürfen — dieser erhabene
Nus wird. Wie immer, einen gewaltigen
Wiederhall im Lande finden nnd die
Bestimmung Badens, in furchtloser
Treue zur großen Sache des einheitli-
chen dcntschen Staates zn stehen, wir-
im Herzen Ihres Volkes eine mächtige
und dauernde Stärkung empfangen.
Endlich, endlich hat auch die liberale
Partei den Kampfplatz betreten und wir dürfen
hoffen, daß unter der Führung der Männer,
welche im Jahre 1860 der Freiheit die Bahn
brachen, der Sturm auch diesmal kräftig abge-
schlagen wird! Dazu wirke ein jeder in seinem
Kreise, denn nur durch die Vereinigung Aller zu
einem Ganzen ist es möglich erfolgreich gegen die
Uebergriffe des Ultramontanismus anzukämpfen.
Auslau d.

— Da Sumner, der Präsident des Ausschusses
für auswärtige Angelegenheiten im Senate, in
der Alabamafrage eine so wichtige Rolle spielt,
geben wir ein Gespräch desselben über diesen Ge-
genstand mit dem Korrespondenten des New-
Pork Herald im Auszuge wieder.
Der Korrespondent: Herr Senator, Ihre
Rede über den Alabamavertrag scheint in England
ziemlich Aufregung hervorgebracht zu haben, den
Erörterungen der englischen Presse über dieselbe
nach zu urtheilcu.
Sumner: Es wundert mich gar nicht, daß

Um den H a l sr
Eine kalifornische Skizze.
(Fortsetzung.)
„Ich finde es doch absurd, alle Mordthaten in Cali'
formen dem Franzosen zur Last zu legen", sagte ich; aber
ungeachtet dessen war ich nicht ganz ruhig und es freute
mich, vsu meinem Freunde zu erfahren, daß er den Don
überredet hatte, außergewöhnliche Vorsichtsmaßregeln zur
Bcrtheidigung seines Hauses zu treffen. Dieser la Morte
war ein französischer Freibeuter und Mörder, der seit Mo-
naten der Schreck n Aller war, welche im Thale zu St.
Joakin und dem Thulare-District lebten. Ich habe niemals
seinen wahren Namen gehört, denn er hatte nur wenige
Landsleute in Calisornien und selbst die mörderische Rotte,
an deren Spitze er sich befand, bestand hauptsächlich aus
Mexikanern, untermischt mit einigen Galgenvögeln der Ge-
fängnisse und Zuchthäuser der östlichen Staaten. Wie es
gewöhnlich der Fall ist mit Verbrechern, welche ihre Unter-
nehmungen in wilden, schwach bevölkerten Ländern auSsnh-
ren, so schrieb man auch diesem Elenden mehr Schurkereien
zu, als er möglicherweise hätte ausführcn können.
Wir hatten dies Gespräch vor der Thür geführt und
zogen »ns in's Haus zurück. Gleich darauf klopfte es an

der Thüre und ein Fremder trat ein. Der vom Regen er-
weichte Boden hatte die Annäherung des Pferdes unhörbar
gemacht, welches ich vor der Front des Hauses erblickte.
Der Fremde war ein mittelgroßer sehniger Mensch, hatte
einen kurzen sandsarbigen Backenbart und finstere grüne
Augen. Er war so gekleidet, daß er jedem Wetter trotzen
konnte. Sein kurzes rauhes Wesen brachts mich auf die
Idee, daß er der Landrichter oder ein Abgesandter des Land-
richters einer benachbarten Grafschaft sei, waS er auch seiner
Angabe nach war.
.Sind Sie M. U—fragte er rauh und es schien
mir, als wenn ich einen fremden Accent in seiner Sprache
bemerkte; ich verbeugte mich zustimmend und er fuhr fort:
.Mein Name ist Farceur, ich bin daS Haupt der ge-
heimen Polizei zu St. Francisco. Sie haben w«hl schon
von mir gehört?"
Ich bejahte und machte Mr. Farceur das Compliment,
daß sein Name in viel weiteren Kreisen bekannt sei, als
wie in Marie Posa.
„Ich handle jetzt im besonderen Aufträge einer reichen
Firma, der Herren B. und Co. von St. Francisco, uni
einen berüchtigten Dieb und Schurken cinzusangen, durch
welchen sie beträchtliche Verluste erlitten haben. Mr. Stan-
vix, deren Rechtsanwalt, wies mich an Sie und Ihren Ge-

schüststhcilhaber, Mr. Thorne. Hier ist mein Erkennungs-
zeichen."
Mit diesen Worten öffnete der Detcctive Farceur seinen
schweren Reitcrmantel und zeigte das Schild, was ich ganz
überflüssig hielt, da ich seiner Augabe auch ohnehin geglaubt
haben würde.
Meine Geschäfte hatten mich häufig mit Detectivc's
zusammcngeführt und ich kannte daher die Art dieser Leute;
jedes seiner Worte hatte diese vorbedachte Schärfe, welche
er in der Zeugcnloge angewandt haben würde, wenn cr
jemand in's Gehege der Justiz gebracht.
Er begleitete jedes seiner Worte mit Gesten und sein
scharfes ruheloses Auge überflog, während cr sprach, alle
Gegenstände rings umher. Er schien, unabhängig von sei-
nen Worten, für sich seine Beobachtungen zu machen. Da
ich Mr. Stanvix, dem genannten Herrn, wohl bekannt war
und dessen Beziehungen zu der St. Franzisko-Firma gleich-
falls kannte, so reichte ich meinem Besucher die Hand, lud
ihn ein, sich an's Feuer zu setzen und bot ihm ebenfalls
an, an unserin Abendbrod Theil zu nehmen, das auf dem
Tisch in der Mitte des Zimmers stand. Cr nahm meine
Gastfreundschaft ohne überflüssig vielen Dank an und aß
wie ein Mann, der hungrig ist. Thorne hatte sich mittler-
weile vollständig angekleidet auf's Bett geworfen und war
 
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