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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 47
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0193

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Freitag, 23. April 1869.

Ao. 47.

Dritter Jahrgang.

Preis: ^jährlich <l5kr.
per Post bezogen 56 kr.
Anzeigen werden die
dreispaltige Zeile oder
deren Nanni mit nur
2 kr. berechnet.
Die Boten erhalten
2 kr. monatlich.
süv die Dem Ke Schwetzingen und Philipp 9 bürg.
Verkündigungsblatt des Amts- und Amtsgerichts-Bezirks Schwetzingen.
Grgan der badischen Aopfenprodncmien
.(unter Koutrole der lnudwirthschaftlicheu Bezirksdirektion Schwetzingen stehend).


W»^ Zur Notiz? -ML
Anzeigen für unser Blatt können sowohl
Mündlich als schriftlich aufgegeben werden
und besorgen wir in ersterem Falle gerne
die richtige Abfassung der Inserate.
Schwetzingen, im April 1869.
Die Expedition.

/ Die Rheingren.ze.
„Das Kaiserreich ist der Friede", ist scholl oft
von Frankreich aus proklanürt worden. Debostopol,
Solferino, Magenta und Mexiko weisen aber ans
das Gegentheil hin. Seit 1866 sind auch
gegen Deutschland, zunächst Preußen, die allarini-
renden Trompeten wenigstens zur Kriegsrn-
stnng geblasen worden. Am guten Willen znm
thaklnhen Angriffe hat es gewiß nicht gefehlt; ein
gewisses Etwas ließ ihn nur nicht zur Ausführung
kommen, und darum sind auch diesseits bis hellte
noch nicht alle Kriegsbesorgnisse gehoben. Zwar
tonnten die neuesten Friedensversichernngen des
sranz. Ministers Laoalette ganz geeignet sein, alle
Befürchtungen zu zerstreuen, wenn man Frankreich
überhaupt volles Vertrauen schenken und sich des
Gedankens erwehren könnte, daß unter andern,
für Frankreich günstigem Umständen, gar bald
wieder eine ganz andere Sprache geführt werden
könnte. Ohne kriegsängstlich und hasenherzig zu
sein, dürfen wir nie außer Acht lassen, daß Frank-
reich Deutschlands gefährlichster Gegner und Nach-
bar ist, und seit Jahrhunderten, wenn auch nicht
in jeder einzelnen Periode, darauf bedacht war,
dessen Macht zu brechen und seine eigenen Gren-
zen mit deutschen Landesgebieten zu erweitern. Es
sei nur an Ludwig XIV. erinnert, der durch un-
heilvolle Kriege und Einmischung in den'sche An-
gelegenheiten die ücht deutschen Gebiete Lothringen

und Elsaß für immer an Frankreich gebracht und
Straßbnrg geradezu durch offenen Raub hinweg-
gestohlen hatte. Er hat damit den Rhein von
Basel bis gegen Rastatt faktisch als Grenze herge-
stellt. Was er begonnen, hat die sranz. Republik
am Ende des vorigen Jahrhunderts vollends ans-
geführt und hat alle deutschen Gebie'e jenseits des
Rheins bis an die holländische Grenze Frankreich
einverleibt. Seitdem gilt in Frankreich der Grund-
satz, der Rhein sei die „natürliche Grenze," so
llngeographisch ein solcher Grundsatz auch sein mag.
Mit gleichem Rechte ließe sich behaupten, die Seine
sei die nördliche und die Rhone die südwestliche
„natürliche Grenze" von Frankreich, was wan
aber jenseits gewiß nicht anerkennen wird. Gar
gewissenhaft nahm man es aber mit der „natür-
lichen" Nheingrenze nicht, indem die Republik sich
auch noch Hollands nördlich der Nheinarme unö
der untern deutschen Weser und Elbgebiete bemäch-
tigte. Wie Napoleon 1. weiter in Deutschland ge-
haust hat, bleibe nnerwüynt, aber auch unverges-
sen. Erst nach seinem Sturze 1815 kamen die
jenseitigen Lande wieder zu Deutschland, ungefähr
wie vor der Zeit der Republik. Eine Humanität
der andern Mächte, wie Frankreich sie nicht ver-
dient hatte, leidige Eifersucht und Diplomatenkünste
ließen es nicht zu, daß Lothringen lind Elsaß, die
Jahrhunderte lang zu Deutschland gehört hatten,
wieder an dasselbe znrückgegeben werden mußten.
Hingegen kann es Frankreich nicht vergessen, daß
es einmal das ganze linke Nheinnfer besessen hat
und sein Gelüste darnach mag wohl zurückgedrängt
sein, nimmermehr aber ist es erloschen, am wenig-
sten unter napoleonischer Dynastie. Die heutige
Mäßigung ist sicherlich nicht Tugend, sondern unr-
eine Fügung in die Macht der Verhältnisse, in das:
Xow xosLnirirw, d. h. Wir können nicht. Dem
ausgesprochenen Grundsätze: „Das Kaiserreich ist
der Friede", geht der unausgesprochene zur Seite:
„Anfgcschoben ist nicht aufgehoben !" Hätten Oester-

reich und Preußen 1866 sich mehr und länger-
er neinander verblutet, man würde dann mit
Schrecken wahrgenommen haben, wie Frankreich
jenseits Angegriffen hätte. Hat es doch im günsti-
gen Momente der kriegerischen Entzweiung Nord-
amerikas alldort einen Keil in Mexiko einsetzen
wollen, der ihm freilich übel bekommen ist. Daß
ihm rum im Norden Deutschlands eine vollkommen
ebenbürtige Macht so nahe an den Fersen steht,
das kann die Gräuels Xnkiorr nicht wohl verwinden,
wenn sie augenblicklich auch möglichst gute Miene
dazu macht. Die Auseinandersetzung zwischen Oe-
sterreich und Preußen mit „Blut und Eisen" hat
ans innerer Nothwendigkeit erfolgen müssen und
wenn Frankreich die Umstände einmal dazu ange-
than scheinen, wird auch mit diesem der Wasfen-
gang erfolgen; denn nur durch einen Krieg,
der nicht zu ihrem Bortbeile aussällt, wird diese
Nation zu der definitiven Erkenntnis; gebracht wer-
den können, eine andere große Nation in ihrer
vollen Machtenisnltnng neben sich bestehen zu
lassen M öge d a r u m Deutschland auch in
friedlichen Momenten und zu jeder Zeit seinen
Erbfeind für das erkennen, was er ihm von jeher
war ; in Einheit sich stärken unter d e r deutschen
Macht, die nun einmal handgreiflich den we.Ge-
schichtlichen Berns hat, Deutschlands Führer zu
sein, so wird auch eine spätere, für Frankreich
günstiger anssehende Konstellation Deutschland Nichts
anhaben und Um keinen Fuß breit deutscher Erde
jenseits des Rheines entwinden können.
Tagesübersicht.
Schwetzingen, 21. April.
Die Verhandlung im nordd. Reichstag über
die Errichtung verantwortlicher Bnndesministerien
beschäftigt noch alle Tagesblätter. Im Ganzen
genominen ist diese Errungenschaft — unter den
jetzigen Verhältnissen wenigstens — von nicht zu
großer Tragweite.

Wie freundlich lacht. . .
Wie freundlich lacht des Himmels sanftes Blau,
Was strahlet hold der Sonne goldner Schimmer,
Wahrhaft, man denkt der schwarzen Wolken nimmer,
Tie früh verdunkelten den Wald, die Au.
Ein Mancher lacht, und freudiges Gewand
Umgicbt sein ganzes Thun, fein ganzes Wesen,
Tu kannst cs nicht in seinem Antlitz lesen,
Wie vielen Schmerz und Kummer er empfand.

Ll e tt ö e l e ö t.
Novelle von H e r m a n n U h d e.
(Schluß.)
Indessen in dem Maße wie der Gras seine strafte und
die blühende Gesundheit seiner vergangenen Tage wieder
fand, ballten sich am Horizonte seines ncubclebte» jungen
Glückes finstere Wolken zusammen, welche unsere künstliche
Schöpfung ernstlich zu gestünden drobtcn. — Auf die
Taucr war es unmöglich, Wartenau in dem Wahne zu er-
halten, welcher ihn aus der Nacht seines Irrsinns cmporge-

rissen; trotz unserer unablässigen, angestrengten Bemühungen
wurde die Kluft der vier Jahre, welche Gegenwart und
Vergangenheit trennte, mit jedem Tag sichtbarer, mit jedem
Tage gähnender. — Ferdinand selbst, von finsteren Ahnun-
gen beschlichen, fragte sich schaudernd, ob denn wirklich nur
das Fieber, nur seine Krankheit ihm all jene entsetzlichen
Phantome vorgespiegelt, welche ihn so lange gcängstigt. —
Wenn solche Gedanken in ihm auftauchten, ward er traurig,
melancholisch — ja, er ertappte sich selbst zuweilen, wie er
düstern, mißtrauischen Blicks den kleinen Bruno betrachtete.
Tann wieder konnte sein Auge sich nicht satt scheu au dem
Keinen blonden Engel, welcher seine Züge trug; aber auch
in solchen Momenten durchzuckte ein Schmerz sein Gesiit,
der fast grausiger war, als sein Wahnsinn. — Wir zitterün
vor dem Tage, an welchem er einst klar sehen würde, aber
seine Blindheit zerriß uns das Herz. Wir wußten cs nur
zu gut, daß die vollkommene Heilung des Unglücklichen so
lange problematisch war, als er nicht die ganze Wahrheit
wußte, ohne darüber wieder in seine entsetzliche Krankheit
zurück zu fallen; allein der greise Arzt rief uns täglich zu:
wir müpcn Geduld haben! Welche Hand hätte auch gewagt,
die Binde von Ferdinands Augen zu reißen, welche jetzt
uvch so schonend sein- Blicke verhüllte!
Der Graf hatte die Beobachtung gemacht, daß seine

Gemahlin allabendlich — manchmal allein, manchmal auch
in Begleitung des kleinen Bruno — das Schloß noch aus
eine kurze Zeit verließ, ohne zu sagen, wohin sie ihren
Weg richte.
An einem Abende, als wieder Beide sich entfernt hatten,
eilte Ferdinand, ohne daß sie cs ahnten, ihnen nach, bis er
sie bei einer Biegung des Weges plötzlich aus den Augen
verlor. — Vergebens ließ er seine Blicke überall hinschwcifen,
er konnte seine Lieben nicht mehr entdecken und entschlossen,
auf sie zu warten, setzte er sich auf eine niedrige, alters-
graue Mauer, welche sich, moosbewachsen und verwittert, an
der Seite des Weges dahinzog.
Als er sieh hier umschaute, entdeckte er, daß er die
Kirchhofsmaucr vor sich habe, welche die letzte Ruheftütle
der Torfbewohner umschloß. — Er stand auf und ging
langsamen Schrittes den Rain entlang, bis er eine kleine
Pforte erreichte, welche ihn auf den Friedhof führte. Hier
betrachtete er sinnend eines nach dem andern die einfachen
Denkmale und Kreuze, welche, über den Gräbern der Ver-
blichenen von liebender, pietätvoller Hand aufgerichtet, um-
schattet waren von Nosenbüschen oder Trauerweiden und
umrault von den langen Zweigen üppig wuchernder Schling-
pflanzen.
Schon wollte er seine Schritte wieder rückwärts wenden,
 
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