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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 3
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0011

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Freitag, 8. Januar 1869.

>0. 3.

Dritter Jahrgang.

Erscheint Sonntag,
Mittwoch und
Freitag.
Alle Postanstalten und
Boten nehmen Bestel-
lungen an.


für die Bezirke Schwetzingen und Philippstzurg.


Pre i s: ffchährliR 45lr.
per Post bezogen 56 kr.
Anzeigen werden die
dreispaltige Zeile oder
deren Raum mit nur
2 kr. berechnet.
Die Bote n erhalten
2 kr. monatlich.

!!.


(unter Kontrole der laudwirth schuft liehen Bezirksdirektion Schwetzingen stehend).

Warum sollte jeder Paudmmm einem Mor-
sch,ilr- oder Kreditvereine angelsörent
(Fortsetzung.)
Dazu komnlt noch ein weiterer Uinstund. Wer früher
uns kurze Zeit Geld gebrauchte, wandte sich in der Regel mit
Erfolg an diesen oder jenen wohlhabenden Landmann, welcher
stets baares Geld zu Hause liegen hatte und davon kleine Beträge
bereitwilligst an sichere Bekannte gegen mäßige Zinsen auslieh.
Heute ist dies anders. Je mehr Deutschland von ausländischen
Papieren nberflnthct ist, die bei niedrigem Kursstände eine
hohe Zinsrcnte abwerfen, um so mehr überkommt auch den
kleinen Kapitalisten die Lust, seiu Geld in solchen Papieren
anzulegen; seit man aus Papieren, die bei weichendem Kurse
jede Stunde verkäuflich sind, ohne Arbeit seine acht Prozent
Zinsen genießen kann, schmilzt die Zahl derer, welche Geld
vorrüthig halten, um es zu vier bis fünf Prozent anszulcihen,
gewaltig zusammen.
Wo soll nun der Laudwirth Befriedigung für sein ge-
steigertes Kreditbcdürfniß suchend wo soll er die Geldquelle
suchen, aus der er in jedem eintretenden Falle seinen zeitweilig
erhöhten Bedarf schöpfen kannd —
Tie Antwort ist nicht schwer. Früher als an die Land-
wirtbe trat die gleiche Roth an die kleinern und mittleren Ge-
werbetreibenden der Städte. Ihnen halfen die auf den Grund-
sätzen der Selbsthülfe beruhenden Vorschuß- und Kreditoereine.
Diese, von Schulze-Delitzsch ursprünglich für den Klein-Hand-
werker und Arbeiter begründet, gewähren Jedermann denjenigen
Kredit auf kurze Fristen und zu angemessenen Zinsen, welchen
der große Gewerbtreibende, der Fabrikant und Großhändler,
bei den Banken genießt. Auch in solchen Gegenden, wo die
Landwirthe sich bislang wenig oder gar nicht bei den Borschuß-
vereinen betheiligten, hat der von Jahr zu Jahr sich stetig
steigernde Erfolg dieser Genossenschaften, welche 1867 schon
Kredite von mindestens 130 bis 140 Millionen Thalern ge-
währten, die Blicke der Landwirthe auf sie hingelenkt. Man
erörtert seit Jahr und Tag auf allen landwirtschaftlichen Ver-
sammlungen die Frage, ob die genossenschaftliche Selbsthülfe
das Kreditbedürfniß der Landwirthe befriedigen könne.
Es ist augenscheinlich, daß die Grundsätze der Sclbsthülfe,
der Selbstverantwortung und der Selbstverwaltung, auf denen
die Vorschußvercine beruhen, ebenso für den Laudwirth, wie
für jeden andern Gewerbtreibenden zutreffen müssen. Alle
Mitglieder der Vorschußvereine haben das gleiche Recht auf
Kredit, sofern sie nur durch ihre persönlichen Eigenschaften sich
kreditwürdig bezeigen und die geschäftlich erforderliche Sicher-
heit durch Bürgschaft oder Pfand stellen. Gerade, daß jeder
Kreditsucher zugleich Theilhaber am Gewinn und Verlust des
Geschäfts und stimmberechtigtes Mitglied der Genossenschaft ist,
gibt dem Einzelnen die Garantie, daß die Verantwortlichen ab-
setzbaren Vorsteher und Beamten keinen vor dem andern bevor-
zugen, keinen hinter den andern znrncksetzen.

Man hat nun aber weiter geforscht, wodurch sich der
Persönliche Kredit, welchen der Landwirt!) beansprucht, von dem-
jenigen unterscheide, welchen der Handwerker, der Kaufmann
verlangt. Man fand folgendes: des Landwirths Verwendungen
auf das umlaufende oder Betriebskapital schlagen sich regel-
mäßig im Wirthschastsjahre um, während die Verwendungen
des Handwerkers und des Kaufmanns unregelmäßigere, in der
Regel aber weit kürzere Umschlagsfristen haben. Daraus würde
zu folgern sein, daß der Laudwirth bedacht sein muß, einen
längeren als dreimonatlichen Kredit zu erhalten. Aus sechs-
bis neunmonatlichen Kredit, das heißt auf ein- bis zweimalige
Verlängerung des Drcimonats-Kredites lassen sich nun zwar
alle Vorschußvereine ein, und manche derselben werden getadelt,
daß sie die ursprüngliche dreimonatliche Frist mehr als dreimal,
also über ein Jahr hinaus verlängern. Dennoch aber und
trotzdem in den 1300 bis 1400 deutschen Vorschußoereinen
mindestens 12 Prozent aller Mitglieder Landwirthe sind, kam
man in landwirtschaftlichen Reden und Schriften vielfach zu
dem Ergebnis;: inan müsse nach den Grundsätzen der bestehenden
Vorschußvereine besondere Kreditvereine für Landwirthe, land-
wirthschaftliche Kreditvereine begründen.
Diese Meinung ist grundverkehrt. Die Gründe liegen auf
der Hand: „der landwirthschaftliche Kredit läßt sich am besten
in solchen Vorschußvereinen befriedigen, welche nur zum Theil
aus Landwirthen, zum Theil aus anderen Gelverbtreibenden —
Arbeitern, Handwerkern, Fabrikanten, Kaufleuten — bestehen;
Vereinen von lauter Landwirthen würden die Gelder je nach
den Jahreszeiten bald in großer Menge Zuströmen, bald ebenso
stark abfließen, da ja in dem alljährlichen Kreisläufe der Be-
wirthfchaftung des Bodens die für das Krediterforderniß we-
sentlichen Ereignisse in einer und derselben Landschaft fast
gleichzeitig eintreten. Sie sind demnach ebenso wenig zu em-
pfehlen, wie Vorschußvereine eines bestimmten Handwerks, z. B.
der Schuhmacher, der Schneider u. dgl."
Es bedarf wohl kaum einer Erwähnung, daß der Unter-
schied von Stadt und Land, welcher in industriellen Gegenden
mehr und mehr verschwindet, für diese Fragen ganz unwesent-
lich ist. Schon jetzt gibt es, namentlich in Nassau, der Rhein-
Pfalz, dem Großherzogthum Hessen, in der Provinz Sachsen
und im Königreich Sachsen viele trefflich geleitete Vorschußver-
eine, welche in Dörfern ihren Sitz haben und genau wie die
städtischen Genossenschaften das Kredilbedürsniß aller Berufs-
klassen befriedigen. (Schluß folgt.)

Baden.
Karlsruhe, 6. Dez. Seine Königliche Hoheit der
Großherzog haben mit höchster Entschließung vom 29. Dez.
v. I. gnädigst geruht, dem Bezirksarzt Lugo in Schwetzingen
den Charakter als Medizi na tratst zu verleihen. (Klsr. Z.)
Deutschland.
Berlin, 2. Jan. Der König hat am gestrigen Neu-
jahrstag die Minister und die Generalität festlich empfangen.
An der Spitze des letzteren verlas, wie die Kln. Ztg. berichtet.
 
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