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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 143
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0577

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Ao. 143.

Dritter Jahrgang,

Saritstag, 4. Dezember 1869.


Amts-Merkündigungsökatt für den Bezirk Schwetzingen.

Badische Hg




Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe Sonntagsblatt. — Alle Postanstalten nnd Boten nehmen Bestellungen an. — Preis vierteljährlich Ost. 15 kr
Anzeigen, die dreigespaltene Petitzerle oder deren Raum 3 kr.

Die Thronrede bei Eröffnung der
franz. Kammer.
ES ist nicht leicht, in Frankreich die Freiheit
einzuführen. Durch Excesse der Presse und der
Versammlungen schien die Gesellschaft seit Monaten
bedroht, die Freiheit compromittirt, die Langmuth ^
der Regierung auf die Probe gestellt. Aber der
gesunde Sinn des Publikums erhob sich gegen
die Uebergriffe der Schuldigen. Trotzdem muß
der Verwirrung ein Ende gemacht werden. Frank-
reich will die Freiheit, aber nur im Verein mit
der Ordnung.
Für die Ordnung stehe ich. Helfen Sie mir
die Freiheit retten. Um dies Ziel zu erreichen,
lasten Sie uns eben so weit von der Reaktion,
wie von revolutionären Theorien entfernt bleiben.
Zwischen Denjenigen, welche alles ohne Aenderung
beibehalten wollen und Denjenigen, die darnach
trachten, Alles umzustürzen, haben wir eine ruhm-
reiche Aufgabe zu erfüllen. Als ich das Senats-
konfult vorlegte, beabsichtigte ich mit Entschlossen-
heit eine neue Aera der Versöhnung und des
Fortschritts einzuweihen.
Sie Ihrerseits verläugneten, indem Sie mich
dabei unterstützten, nicht ihre Vergangenheit. Sie
wollten die Regierung nicht entwaffnen, eben so
wenig das Kaiserreich erschüttern. An uns ist es
jetzt, die festgestelltrn Grundsätze zur Anwendung
zu bringen, indem wir sie in unsere Gesetze und
Sitten einführen. Diejenigen Maßregeln, welche
Ihnen die Minister Vorschlägen werden, haben alle
einen wahrhaft liberalen Charakter. Wenn Sie
dieselben genehmigen, so werden folgende Verbes-
serungen ins Leben treten.
Der Kaiser zählt nun.diejenigen Gesetze aus,
welche zur Vorlage kommen sollen: Wahl des
MaireS aus den Gcmeinderäthen, Wahl der Ge-

Eine russische Ehe.
AuS der letzten Zeit der Leibeigenschaft.
von Vl. von K.
(Fortsetzung.)
.Sorge, — Kummer/ wiederholte er traurig, »und da
soll Golub gehen, — Sie lassen! er ist er nicht Werth,
Ihre» Kummer z» theilen — und glauben Sie denn
Fürst, daß ich den Grund Ihrer Schmerzes nicht ahne?
--ich bi» zwar nur Ihr Diener, ein schlichter Bauer,
ri» Soldat, — aber so viel Verstand habe ich doch, um
dal r» sehen, wa» unter meinen Augen vorgeW Daß Sie,
Fürst, seit Wochen hier weilen, täglich zu jener Dame
gehen, mit ihr spazieren, mit ihr singen, — dann begeistert
nach Hause kommen und glückselig vor sich hinlächeln. —
— Fürst! auch unsereins weiß, was das zu bedeuten hat,
— und jetzt sehe ich Sie in Verzweiflung und soll Sie
allein lassen — ich, dem Ihre Ruhe, Ihr Glück über
Alle» gehen — ich, der ich mich schon so freute, Sie eine
schöne, liebe Herrin nach Hause führen zu sehen! u. was hat
die schöne Lame Lh,e» angethan/ eiferte er, .daß Sie so

meinderäthe nach allgemeinem Simmrecht, Er-
nennung des Pariser Gemeinderaths durch den
gesetzgebenden Körper, Kantoiwlräthe, Festsetzung
der öffentlichen Funktionen, welche mit dem Depu-
tirtenmandat vereinbar sein sollen. Einführung
unentgeltlichen Unterrichts , Aufhebung des Kriegszn-
schlags rc. Ferner kündigt die Thronrede eine En-
quete über die Octroy-Frage an; baldige Vorlage
eines Zollgesetzes mit Beibehaltung der nicht ange-
griffenen Tarifsätze. Die finanzielle Lage des
Kaiserreiches sei befriedigend : die indirekten Steuern
warfen 30 .Millionen mehr ab als 1866, die
laufenden Budgets zeigen bedeutende Ueberschüfse.
Zur auswärtigen Politik übergehend, sagt die
Thronrede: Ich wünsche mir Glück zu den
freundschaftlichen Beziehungen zwischen den aus-
wärtigen Mächten uns Frankreich. Souveräne
und Völker wünschen den Frieden und beschäftigen
sich mit den Fortschritten der Civilisation. Bezüg-
lich des Conzils sagt der Kaiser: Von der Ver-
einigung aller katholischen Bischöfe zu Rom läßt
sich nur ein Werk ver Weisheit und der Versöh-
nung erwarten.
Möge die Verschiedenheit der Meinungen
verschwinden, wenn das allgemeine Interesse es
erheischt, und mögen die Kammern durch ihre
Eiusicht, wie durch ihren Patriotismus beweisen,
daß Frankreich unter liberalen Institutionen, welche
die Ehre der civilisirten Länder ausmachen, leben
kann ohne in bedauernswerthe Ausschreitungen zu-
rückzufallen.
Baden.
88 Schwetzingen, 2. Dec. Die Mannheimer
Abendztg. schreibt hinsichtlich der neuen Gemeinde-
gesetzgebung:
„In dem Gemeiudegesetze soll die Drei-
Dreiklasseuwahl aufrecht erhalten bleiben und dieß:

verzweifeln — wie konnte stell nur einen so guten, lieben
Herrn, wie Sie beleidigen/ — —
Der Fürst lächelte mitten in seinem Schmerz über die
feurige Rede des treuen Burschen, gerührt durch diese
Worte der Liebe ging er auf ihn zn und klopfte ihm auf
die Schulter: „Tu hast's crrathen, guter Golub, ja ich
liebe, — werde wieder geliebt und kann trotzdem die, die
ich liebe, nicht besitzen, das ist'S was mich so namenlos
unglücklich macht!"
„Und warum, warum können sie es nicht, frug Golub
verwundert.
.Warum!" seufzte der Fürst, .wüßte ichs? Sie hat
ein Geheimniß, behauptet sie, ein Geheimniß, das uns
trennt, und das ich doch nicht kennen darf! Golub/ rief er,
sein voller Herz erleichternd, „Golub ich überlebe es nicht,
wüßtest Du, wie ich sie liebe! ich kann ich will ohne sie
nicht leben! — und ich darf sie nicht Wiedersehen, — darf
nicht mehr zu ihr —"
M .Run, so will ich hin zu ihr/ rief der Soldat, „ich
will ihr sagen, was sie an Ihnen verliert, was für ein
vortrefflicher Herr Sie sind — will mich ihr zu Füßen
werfen und nicht eher aufstehen, als bis sie mir verspricht,
meinen geliebten Herrn glücklich zu machen!"
Abermals lächelte der Fürst.

weil namentlich in Stadtgemeinden mit starker
Fabrikbevölkerung bei allgemeinen Wahlen leicht
die „Unbemittelten" die Mehrheit erlangen, die
Gemeindebehörden mit ihren Angehörigen besetzen
und „nun in ihrem Interesse die Gemeindekasse
mit Ausgaben belasten könnten, für welche schließ-
lich nicht sie selbst, sondern ihre wohlhabenderen
Mitbürger aufzukommen hätten."
Diese „Angstmaierei" enthält dir Unterstellung,
die Besitzlosen wären leichter geneigt, das etwa in
Händen habende Gemeinderegiment im Interesse
der Besitzlosen zu verwerthen, als die Bemittelteren
und Reichen. Es liegt hierin eine grobe Unge-
rechtigkeit gegen die Klasse der Besitzlosen die schon
so große Beweise von Uneigennützigkeit, Opfer-
freudigkeit und Gerechtigkeit gegeben rc."
Wenn die Kammer hier „Angstmaierei" treibt,
wie sich die Mannh. Abendz. ausdrückt, so können
wir mit Fug und Recht dagegen halten, daß sich
letztere diesmal auf „Schönmalerei" verlegt, denn
von der großen Opferwilligkeit, von der sie hin-
sichtlich vieler Gemeindeglieder der niederbesteuer-
ten Elaste spricht, will sich bei genauerer Besich-
tigung gar wenig vorfinden, und möchten wir
vielmehr die Behauptung aufstellen, daß sich ge-
rade unter denjenigen, welche die Gemeindelasten
am wenigsten empfinden bei Neuerungsvorschlügen,
die das gemeine Wobl im Auge haben, eine Ver-
neinungssucht ausspricht, die oft beweist, daß entweder
die nötige Einsicht fehlt oder der gute Wille nicht
vorhanden, der dem Gemeindewohl ein Opfer zu
bringeu geneigt ist.
Schreiber dieses spricht aus Erfahrung und
könnte mehr als einen Fall für seine Behauptung
hier anführen.
Daß mithin blasse „Angstmaierei" die Commis-
sion veranlaßte im Gemeindegesetzesentwurf das
„Dreiklassensystem" zu befürworten, ist wohl ein

„Du willst zu ihr, Golub? ... gut eS sei, — doch
deine Bitten, mein armer Junge, würden wohl nichts än-
dern, aber ich will das letzte noch versuchen, ihr schreiben!
Morgen früh trägst Du ihr meinen Brief hin und bringst
mir Antwort."
„Ja ja, schreiben Sie, cS ist ja unmöglich, daß sie Sie
nicht erhört — und schreiben Sie gleich, das wird Sie am
Besten beruhigen."
Damit entfernte sich der treue Diener und der Fürst
begann einen langen Brief an Natalie, in dem die Liebe
nichts unversucht ließ, um ihr Vertrauen zn erringen, er
versprach alle Hindernisse zn beseitigen, alle — und bat, sie
nur noch einmal sehen und sprechen zu dürfen, damit er
wenigstens nicht 'ohne ein Wort des Trostes von ihr
scheide!
Am folgenden Morgen warf sich Golub in seinen
schönsten Staat, bürstete aufs Sorgfältigste das kurz ge-
schnittene Haar, wichste den schwarzen Schurrbart, der von
der krankhaften Blässe seines Gesichtes grell abstach, und
ein Kreuz schlagend, als Zeichen, daß er Gottes Beistand
hcrbeirief machte er sich aus den Weg zu Fräulein Amalie
Armaroff.
(Fortsetzung folgt.)
 
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