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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 123
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0497

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Ao. 123.

Dntter Jaljrgaug.

Mittwochs 20. Oktober 1869.


Amts-Merküiidigungsktatt für den Bezirk Schwetzingen.


Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe I o n n t a g s b la t t. - Alle Postanstalten nnd Boten nehmen Bestellungen an. — Preis vierteljährlich 1 fl. 15 kr.
Anzeigen, die dreigespaltenc Petitzeile oder deren Raum 3 kr.

Neueste^Hopfemmchrichten.
* Schwetzingen, 19. Okt. Von hier aus
haben wir heute wenig Neues zu melden. Wir
sind in der Saison bereits ziemlich weit vorge-
schritten; fremde Käufer finden sich nur noch ver-
einzelt ein und sind es meist Brauerkäufe die
in den letzten Tagen zum Abschlüsse kamen. Die
Preise bewegen sich zwischen fl. 100 und starken
Trinkgeldern bis fl. 110, wobei die Vorräthe nur
noch sehr geringfügig sind und darum unter den
Produzenten wohl bald völlig geräumt sein wird.
Das Geschäft scheint in jeder Beziehung auf soli-
der Basis zu ruhen und sind Preisrückgänge darum
wohl unwahrscheinlich.
OLali. Nürnberg, 17 Oktob. Ich bestätige
Ihnen mein ergeb. Vorgestriges und kann Ihnen
über den Verlaus des Geschäftes in dieser Woche
mittheilen, daß dasselbe mit derselben Flauheit be-
gann, mit der es vorige Woche endete.
Unsere beiden Hauptmärkte Dienstag und Don-
nerstag waren mit ca. 600 Ballen befahren, außer-
dem fanden aber noch bedeutende Eisenbahnabla-
dungen ausländischer, hauptsächlich französischer
Waare statt. Im Allgemeinen wurde bis Mittwoch
nicht lebhaft gekauft, von da an aber entwickelte
sich die Kauflust in stärkerem Maßstab und hielt
bis heute Abend an, so daß die Preise hellte um
ca. fl. 3 — 5 gestiegen sind.
Ob diese kleine Hausse von der heute gemelde-
ten, Plötzlich eingetretenen Festigkeit des Londoner
Marktes, oder von den geringen Vorrätheu bei
den Produzenten, oder mir von der Hartnäckigkeit
der Letzteren herrührt, läßt sich nicht wohl sagen
nnd müssen wir nun abwarten, ob dieselbe weitere
Fortschritte machen wird.
Heute standen die Preise wie folgt:

Spalt Stadt, in dortselbst
„ nächste Ilmgebüng
„ weitere Entfernung
Hallertauer Siegelgut, Wolnzach
und Au, je nach Be-
schaffenheit
„ ohne Siegel ächt I u.
„ abfallende Sorten
Schwetzinger u. Würtemberger, Hoch-
prima, nicht vorhanden nominell
Schwetzingeru. W ürtemberger Prima
geringere, worunter sehr viel dunkel-
gelbe und stangenrothe
Franzosen luftgetrockuet ächt Prima
„ abfallende Sorten
Hierländisches, fränkisches Produkt
ächt I u.

fl. 280—290
250—280
„ 150—250

140 — 180
115-125
100—110
110-120
100-110

„ 100—95
„ 80—90
„ 115 — 105

Marktwaare Prima „ 95 — 100
„ courante Sorten, je
nach Beschaffenheit. „ 80 — 95.
chViWtz. Saaz, am 16. Oktob. Im Verlauf
der letzten drei Tage kamen wieder einige der
schon lauge signirten und plombirten Ballen Stadt-
hopfen zum Verkaufe, wofür fl. 285 gezahlt wur-
den. Die Mehrzahl der Produzenten, welche nicht
unbedingt Geld benöthigen, gedenken noch einige
Zeit mit dem Verkaufe zu warten und nur für
fl. 300 loszuschlageu. Ebenso sind die noch Hopfen
besitzenden Produzenten am Lande gestimmt, wo
nur kleine Abschlüsse zu Stande kamen.
Wieder war es die Firma B. u. S., welche
in dein nahen Liebeschitz eine Partie Prima
Landhopfen für die Dreherschen Brauereien ein-
kaufte und fl. 270 pr. Wr Ceutner bezahlte. Die
anderen hiesigen Händler sind fortwährend be-
müht, für ihre bedeutenden Versendungen wieder
Ersatz zu holen, nnd so kann man das Geschäft,
unabhängig von den Fluktuationen der Märkte in

Nürnberg, Mannheim, London rc.; ein recht flottes
am hiesigen Platze nennen, das leider jedoch nur
mehr voir kurzer Dauer sein wird, wenn die
massenhaften Versendungen ins In- und Ausland
nur einige Wochen noch fortdauern.
* Aus den Kammerverhan-lungeir.
In der Adreßdebatte unserer Zweiten Kammer
der Landstände, wo die Geister in der kirchlichen
und nationalen Frage schärfer den je aufeinander
platzten, war es namentlich der Abgeordnete H u f s-
s ch mied, welcher der klerikalen Partei einen Spie-
gel vors Gesicht hielt, indem er einen Vergleich
zwischen römischen und badischen öffentlichen und
politischen Zuständen nufstellte.
Der Vergleich ist ein ganz gerechtfertigter, denn
die ultramontane Partei, welche in Rom ihren
Stützpunkt flicht, muß es sich gefallen lassen, wenn
man die Früchte, welche das clericale Regiment
hervorbringt, einer eingehenderen Untersuchung
würdigt, da auch wir mit denselben Zuständen,
deren sich das päpstliche Gebiet erfreut, beglückt
werden sollen, wenn die ultramontane Partei ans
Ruder gelaugt.
Und wie füllt dieser Vergleich zwischen dem
„r ömischen M u st e r st a a t e" und dem von
den Ultramontancn vielgeschmühten Lande Ba-
den aus?
.Hören wir selbst, wie der Redner, nachdem er
den kirchlichen Absolutismus dem die ultramontane
Partei entgegen steuert, gekennzeichnet, den Ver-
gleich in politischer Hinsicht zieht:
Sie besitzen ja einen weltlichen Staat, dessen
Verfassung und Verwaltung vielleicht noch folge-
richtiger die Liebe des Ultramontanismus zur Frei-
heit illustriren. Es ist auch schon anderwärts auf
jenen Musterstaat hingewiesen worden: Rom und
Baden seien zweierlei, wurde erwiedert. Ja es

Mannheimer Schwurgericht.
Prozeß Schütz.
(Schluß.)
Wir eilen nunmehr, die Mitiheilungen über den Schütz'-
schen Prozeß zu Ende zu führen. Nachdem noch verschie-
dene Zeugen vernommen, und gewisse Thatbestände festgestclll
worden, wird dem Staatsanwalt das Wort zur Begründung
der Anklage ertheilt.
Oberstaatsanwalt Mays: Tie Untergrabung der Achtung
angesehener Personen, sowie das frevle Spiel der Beschädig-
ten gegenüber in diesem Falle sind unerhört. Er führt die
verschiedenen Nachtheile der Beschädigten sowie die der gan-
zen Sachs fern stehenden Personen bereitete Mißachtung an.
Die betrüglichc That war entweder Rachsucht und Betrug
oder Gewinnsucht und Betrug aus arglistiger Gewinnsucht.
Indem er die verschiedenen Arten des Betrugs erklärt, er-
blickt er in dem vorliegenden Fall nur einen gemeinen Be-
trug und verliest die einschlagenden Paragraphen unseres
Strafgesetzes. An die Erwähnung der in der Anklage be-
reits berührten Punkte knüpft er die Behauptung daß die
betrügerischen Vorspiegelungen, welche in der Anklage schon

enthalten, sich wirklich erfüllt haben. Das von der Ange-
klagten projektirte gemeine Vorhaben deS Betrugs sei an
der Ehrenhaftigkeit des Frl. Steegmann gescheitert, sie habe
deßhalb, um letztere zu beherrschen, andere Miiiel suchen
müssen: sic habe sich für die Tochter des Geh. Raths v. Che-
liuZ aus-gegeben und die Verbindung zwischen Frl. Stceg-
mann und Kreisg. R. v. Chclius einzuleiten gesucht.
Was die Gewinnsucht betreffe, so müsse zugegeben wer-
den, daß die Angekl. Gegenstände einestheils verschenkt, andern-
theils aber zur Fortsetzung ihres Verbrechens verwendet hat.
Die Angeklagte habe einzig dem von ihr dem Frl. Steeg-
mann vorgeschwindclten Rcichthum den ihr geschenkten Kredit
zu verdanken gehabt. Er hält die Angabe der Angeklagten
daß sie nur auf Zureden Anderer die Sache auf sich ge-
nommen, nur für einen Vorwand und hofft auf die Verur-
teilung der Angeklagten.
Vertheidigcr Tr. Fürst: Unsere Strafgesetzgebung rührt
aus einer Zeit her, in welcher man noch nicht im Entfern-
testen au Gcschworncngcrichte dachte. Auch er erklärt die ver-
schiedenen Arten des Betrugs. Fr!. Stecgmann habe auf
die Bestrafung, Airklage und Entschädigung verzichtet.
> Wenn man übrigens bedenkt, daß ein Theil der unter-
schlagenen Summe der Angeklagten als Lohn zu Gute
> käme, ferner, daß die Anschaffungen ihr von Frl. Steegmann

förmlich aufgenöthigt, die Annahme derselben von der An-
geklagten sogar zurückgewiescn worden sei, so liegt eine ei-
gentliche Beschädigung des Frl. Steegmann nicht vor.
Mit einigermaßen mehr Vorsicht hätte Frl. Steegmann
sich leicht vor Schaden hüten können. Tie Vorspiegelung
ihres Vermögens, welches sehr rasch von 5000 auf 100,000
fl. gewachsen sei, habe von der Angeklagten durchaus nicht
arglistiger, sondern in äußerst offener Weise statlgefunden
Daß Schütz überhaupt keine eigennützigen Absichten gehegt
habe, geht aus den Acußerungen der Schwestern Steegmann
hervor, welche von ihr alles Gute sagen. Obgleich ihr Le-
ben nicht ohne Wolken sei, wäre sie doch immer ehrlich
gewesen. Ihr Hang zur Romantik sei nicht unbegründet;
eine Waise, die mit 3 Monaten unter fremde Leute ge-
kommen, sucht sich ein Herz, an welches sie sich anschließen
kann, und in Frl. Steegmann Hab» sic geglaubt, dieses
Herz zu finden. Sie dachte nicht an die Sicherung einer
eigenen Epistenz, sondern verschenkte Manches in durchaus
uneigennütziger Absicht. Ta sie in ihrer freien Zeit als
Ladenmädchen Romane las, so liegt der Gedanke nicht all-
zufern, daß sich in ihrem Geiste die Idee, die Tochter eines
hochgestellten Mannes zu sein, immer mehr ausbildcte, bis
sie schließlich selbst daran glaubte.
Ter Verlhkidiger hofft, daß die Gcschworucn die Sache
 
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