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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 117
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0473

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Erscheint wöchentlich drei Mal nebst der belletristischen Beigabe S o n n t a g s b la tt. — Alle Postanstaltm und Boten nehme» Bestellungen an. — Preis vierteljährlich 1 fl. 15 kr.
Anzeigen, die dreigespaltenc Petitzccke oder deren Raum 3 kr.

Neueste Hopfemrachrichterr.
* Schweizirrgcn, 5. Oll. Jiu Hvpfenge-
schäfie herrscht eine Rührigkeit, ivie wir sie seit
Jahren nicht erlebt haben, die Preise verfolgen
fortivahrend eine steigende Tendenz, der Hundert-
guldenpreis ist bereits ein überwundener Stand-
punkt und ist heute unter sl. 105 und Trinkgeld
bis fl. 110 und selbst darüber, nichts zu erlangen.
Dabei gehen die Vorräthe immer mehr zusam-
men und mag etwa nur noch ein Drittel des
Gesammtertrags seines Absatzes harren.
In Nürnberg sind die Verhältnisse ähnlich wie
bei uils; der lebhafte Geschäftsgang wirkt dort
ebenfalls sehr annimirend auf die Märkte, welche
täglich weitere Preisnotirnngen zu verzeichnen
haben.
Wir wären — bei dieser Gelegenheit sei es
ausgesprochen — übrigens begierig, einmal ein
Pröbchen „S ch w e tz i n g e r Prima" vom
Nürnberger Markte zu sehen, wo diese „Primer"
um fl. 5 — 10 billige r (Frachten, Provision rc.
noch lischt einmal in Anschlag gebracht) nmgeseht,
als hier am Platze erstanden wird.
Der jüngste Nürnberger (Samstags-) Markt
war ungemein belebt. Der Umsatz betrug ca. 350
Ballen und erfuhren die Preise eine Steigerung
um fl. 5—6.
Spalter Landwaare wird im Moment
mit fl. 150—155 bezahlt, in S p a l t selbst bietet
man vergeblich fl. 205—210.
Im A ischg r n n d kauft man zu fl. 100 und
starke Trinkgelder. In Tettnang und Tübingen
steigen die Preise nicht so rapid, da man in den
letzten Tagen dort noch zu fl. 75—80 einkommen
konnte; wahrscheinlich wird sich die Sache in-
zwischen aber auch geändert haben.

Auch der Londoner Markt verfolgt eine höhere
Preisrichtnng.
Tanz, am 1. Oktober Der schwer
wiegende Umstand, daß sich nun allenthalben der
Erirag der Hopfenerilten geringer hcrausstellt, als
man geschätzt hat, scheint diesmal die Zähigkeit
der Produzenten bei der Abgabe ihres Produktes
unterstützt und die der Händler gebrochen zu haben,
da sich überall eimö seltene Lebhaftigkeit des Ge-
schäftes zeigt.
In Sa azj.selbst kommt in größeren Partien
wenig znm Ablchflusse, weil die Angebote voll
fk. 225 deil Besitzern nicht conveniren; dafür wird
jc:m Lande viel lind lebhaft zu fk. 190 bis 210
gekauft, und bcihciligen sich am Kaufe sowohl
Händler als Consnmenten.
Von Stadthopfen wurden wohl schon 109
Ballen plombirt, aber kaum etwas »lehr als ^/3
dieser Zahl ist faktisch verkauft, dagegen ist die
Zahl der bereits vergriffenen Ballen Landhopfen
mehr als das Doppelte der signirten 353, weil
viele ohne die Hallensignntur von Consnmenten
genommen lind gleich versendet wurden.
— 2. Oktober. Nachdem endlich auch der
Nürnberger Markt der an den Produktions- und
anderen Handelsplätzen herrschenden Lebhaftigkeit
im Hopfengeschäfte nicht mehr zu wiederstehen ver-
mochte und hier sowol Commissionäre, als Händ-
ler und Consnmenten sich nun beeilen ihren Be-
darf zu deckeil, ist eine solche Regsamkeit im hie-
sigen Geschäfte eingetreten, wie sie nur in den
Jahren 1854 und 1860 da gewesen.
Die Vorräthe der meisteil Produktionsorte am
Lande, ja sogar die der meisten Großgrundbesitzer
sind vergriffen. Man kauft täglich große Partien
zum Preise von fl. 200—230, und wenn diese
seltene Kauflust noch 8 Tage nur anhült, so wird

man Mühe haben, am Lande noch Hopfen auf-
zufiuden.
08e1r. Nirr'ttderg, 3. Okt. Ich bestätige
mein Ergebenes vom 25. Sept. und kann Ihnen
über den Verlauf des Geschäfts in den letzteil 8
Tagen wieder nur Günstiges berichten.
Die Kauflust begann diese Woche mit ver-
stärkter Lebhaftigkeit, während andererseits die Zu-
fuhren zu gering waren, dem Begehr zu genügen.
Ties; konnte nicht verfehlen, unfern Markt in eine
außerordentliche Festigkeit zu bringen und die ein-
getretene Hausse entsprechend zu unterstützen. Ich
kann Ihnen daher auch gegen meinen letzten Be-
richt vom 25. September heute einen Preisanf-
schlag von durchschnittlich fl. 20—22 auf fast alle
Sorten verzeichnen und wollen Sie deren specielle
Notirnllg in Nachstehendem erseheil.
Hoch - Prima, Hallertauer , Wolnzacher und
Auer Siegelgut fl. 115 —120, Hoch-Prima, Haller-
tauer von Umgegend fl. 105—112, gewöhnlicher
von Umgegend fl. 95 — 100, Hoch-Prima Schwet-
zingen und Würtemberger fl. 95 —105, geringere
Sorten fl. 90—95, Franzosen lnftgetrocknet prima
fl. 90 — 100, Franzosen fcncrgedörrt fl. 75 — 85,
Hiesige Marktwaare Prima fl. 90—100, courante
Sorten fl. 85—90.
Basischer Landtag.
* Schwetzingen, 4. Okt. In der Erstell
Kammer rief die Adresse an den Großherzog eine
vierstündige Debatte hervor, bei welchem Anlaß
sich der politische Standpunkt der Kammerinitglie-
dcr enthüllte.
Der Adresse, — welche die nationale Richtung
unserer Regierung billigt und zu unterstützen ver-
spricht, — eiltgegen waren die ultramontanen und
demokratischen Elemente der Kammer, die sich je-
doch entschieden in der Minderheit befinden.

Den Manen der am 13. September
aus der SchtMcichsbrüLc ;n
Königsberg Verunglückten,

ist der folgende Bericht überschrieben, welchen ein Arzt über
das gräßliche Unglück abfaßte, das der Besuch König Wil-
helms von Preußen in feinem Gefolge hatte.
Ich war am Abend des 13. September auf dem Wege
nach dem Festplatze, als ich am Eingang der Schloßteichs-
gaffe, diese kreuzend, durch das eben aufsteigende Feuerwerk
vom Schloßteich das Signal erhielt, daß die Gondelfahrt
des Königs begonnen hatte. Da ich den königlichen Zug
aus einem der Schloßtcichsgärten mit anschcn wollte, so
näherte ich mich dem Zugang der Brücke, um mich zn orien-
tircn, wie weit das Fest vorgeschritten wäre, um danach-
die entsprechende Ausstellung zu nehmen. Vor dem Auf-
gang zur Brücke war eine theils in Gruppen stehende
Menschcnmasse angehüuft, theils zogen einzelne Schaaren
mit Fuhrwerken untermischt in der Richtung der hier
sich kreuzenden Straßen vorbei nach der MUnzstraße,
Schloßteichsgasse und nach der Schloßtcichsbrücke. Beim
Vorübergehen hörte ich aus einzelnen Gruppen ver-

nehmlich die Aeußerung, „Die Brücke Hütte eigentlich ab-
gcspcrrt sein sollen! Es ist ein Unrecht, daß man dies unter-
lassen hat!" Ich fragte in den Haufen hinein: „Ist Gefahr-
vorhanden?" „Noch nicht," wurde erwidert, aber sie kann
kommen, wenn die Cirkulation auf der Brücke noch mehr
stockt; es geht schon etwas schwierig hinüber." Ich begab
mich jetzt zur Barriere vor der Brücke, um die gewünschte
Uebersicht zu gewinnen. Da bemerkte ich erst, daß zwei
Menscheuströmc vor dem Eingänge zur Brücke sich bewegten,
der eine hinüber nach der Weißgcrbergasse (in diesen war
ich unversehens bereits hineingerathcn und trieb mit ihm
vorwärts), der andere herüber nach der Schloßtcichsgasfe und
nach Königsgartcn. Beide Ströme bewegten sich zwanglos,
ohne Gedränge neben einander. Männer mit Frauen am
Arme, mit Kindern; es ging Alles ganz gut. So kam ich
bis an die Brücke; hier stockten die Züge; wie ich anfangs
meinte: gefesselt von dein zauberhaften Anblick. Nach einer
minutenlangen Pause setzten sich die Menschen wieder in
Bewegung. Das Boot des Königs schwenkte gerade vom
Börsengartcn ab und hielt auf die Brücke zu; die zugführen-
den Böte schwenkten nach dem Hinteren Thcile des Schloß-
teichs ein. Ich war oricntirt und wollte mich sitzt aus dein
Gedränge nach dem Garten der Loge Immanuel, als dein
l geeignetsten Aufstellungspunkte, begeben; aber cs glückte nicht

aus dein Mcnschcnkuäuel hcrauszukommen. Hinter mir hatte
sich der Mcnschenstrom dicht geschlossen und strömte vorwärts.
Da er breiter war als der Raum auf der Brücke, so wurden
die auf die Brücke gedrängten Menschen von vorn herein
entsetzlich zusammengepreßs. So kam's daß wir uns nur
ruckweise fortbewegten; daß der uns entgegenkommende
Mcnschenstrom in der Breite von ein, höchstens zwei Mann
zeitweise zurückgeworfen wurde. Außer dieser für die schmale
Hvlzbrücke unzweckmäßigen Cirkulation mit ihrem gefähr-
lichen Gedränge hatte sich daselbst noch ein anderer Unfug
etablirt. Die linke Seite der Brücke, die nach dem erleuchteten
Theile des Schloßteichs gewendete, war mit einer doppelten
Reihe von Menschen besetzt, welche in aller Gemüthsruhe
dem prächtigen Schauspiel zuschauten. Ich sah Kinder auf
dem Brückengeländer stehen, gehalten von ihren Eltern; ich
sah diese Menschen Mützen schwenken, mit Tüchern wehen;
hörte ihr Hurrahgeschrei — sie kümmerten sich nicht im
mindesten um das angstvolle Gedränge in ihrem Rücken, sie
gaben keinen Raum. Mit einer bösen Ahnung betrat ich
die Brücke; jedoch es gab keinen Rückzug!
Am Eingänge der Brücke war ein GenSdarm postirt,
welcher die linke Brückcnscite auf etwa 80 Fuß von der fest-
stehenden Mrinchenmenge befreit hatte und Leute, die etwa
hier wieder sich festsctzen wollten, in den uns entgcgeukommen-
 
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