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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 28
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0111

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>'o. 28.

Dritter Jahrgang.

Sonntag, 7. März, 1869.

Erscheint Sonntag,
Mittwoch und
Freitag.
Alle Postanstalten und
Boten nehmen Bestel-
lungen an.

Wochenölalt

Preis: '/«jährlich 45kr.
per Post bezogen 56 kr.
Anzeigen werden die
dreispaltige Zeile oder
deren Raum mit nur
2 kr. berechnet.
Die Boten erhalten
2 kr. monatlich.

für die Bezirke Schwetzingen und Phitippsbnrg.
Verkündigungsblatt d-Z Amts ... Amtsgerichtsbezirks Schwetzingen.
Hrgan der badischen Kopfenproducenten
(unter Kontrole der landwirthschaftlichen Bezirksdirektion Schwetzingen stehend).

* A u 11 r> s ch a u.
Wenn wir bisher der Ansicht waren Deutschland sei nur
dann stark und könne den Uebermuth annexionslustiger Nach-
barn erfolgreich im Zügel halten, wenn das ga n z e, de u t s ch e
Volk dem Auslande gegenüber einig, zu Schutz und Trutz ver-
bunden dastehe, so haben wir uns in einem schweren, unver-
zeihlichen Jrrthum gewiegt und müssen uns nun unserer seit-
herigen Verblendung schämen.
Zwar lehren alle Blatter der deutschen Geschichte, daß wir
nur immer dann eine Beute des Auslandes wurden, wenn
Zwietracht und dynastische Selbstsucht im Innern unseres Ge-
sammtvaterlandes herrschte, aber die Zeiten ändern sich und ein
„Deutscher Offizier" sticht uns heute den Staar und weist
uns haarscharf aufs schlagendste nach, daß unsere seitherige
Ansicht auf einer veralteten Tradition beruht und daß nur in
einer völligen Loostrennung Süddeutschlands vom Nordbunde
das Heil unseres deutschen Vaterlandes zu finden sei und
die Schlußfolgerung, des Pudels Kern ist der: man hebe die
Bündnisse mit Preußen auf und lehne sich an Oesterreich an.
Und welche Gründe macht dieser „Deutsche Offizier" für
den Abfall von der vaterländischen Sache geltend?
Man höre und staune: Durch das „Geschrei" der „Natio-
nalen" um Aufnahme in den Nordbund wird Frankreich und
Oesterreich fortwährend gereizt und die Blicke des Auslandes
werden mit Gewalt auf unsere „hülflose" Lage gezogen.
Also, wir dürfen unser Haus nicht mehr bestellen wie
wir wollen, weil wir uns dadurch das Mißfallen unseres Nach-
barn zuziehen könnten!
Ei, zum Kukuk, was geht es Oesterreich, was Frankreich
an, wie Deutschland im Innern es halten will? Wer hat
denn, als sich im Jahre 1859 nach dem österreichisch-italieni-
schen Kriege Frankreich durch die Einverleibung Savoyens ver-
größerte, Einsprache dagegen erhoben? Und die süddeutschen
Staaten sollen nicht das Recht haben, sich anzuschließen, wem
sie wollen, nicht mehr ihr Selbstbestimmungsrecht üben dürfen,
seit wann stehen wir unter der Vormundschaft von „Schutz-
mächten?"
Ist es aber möglich, muß man sich da billiger Weise
fragen, ist es möglich, daß es in Deutschland eine politische
Partei gibt, welche sich zu den Ansichten dieses „Deutschen
Offiziers" bekennt und ihnen Beifall klatschen kann? O ja.
selbst zwei, und eine jede derselben nimmt sich aus diesen Politisch-
militärischen Abhandlungen, was ihr gerade in ihren Kram
paßt! Die Ultramontanen begeistern sich für die Idee eines
Bruches mit Preußen und Anlehens an Oesterreich, an das
Oesterreich von 1866, welches uns damals ein so liebwerther
und treuer Bundesgenosse war, das für seine Haut sorgte und
seine Mitkombattanten die ihrige zu Markte tragen ließ!
Und wenn wir uns nicht gleich ins Boxhorn jagen lassen, so
droht uns der Pfälzer Bote mit dem Donner der Kanonen,
die ihr : bum bum gar bald durch die Schluchten des Schwarz-
waldes ertönen lassen werden! Wie sagt man mitunter? Cs
wird nie so heiß gegessen als gekocht!
Die Demokraten dagegen lauschen mit Wohlgefallen aus

die Lehre von Beseitigung der stehenden Heere und Einführung
des Milizsystems nach Schweizermanier. Ölraenu a son Aont!
Die Frankfurter Receßangelegenheit ist nun dahin ent-
schieden, daß Frankfurt zwei Millionen Thlr. aus Staatsmit-
teln und eine Million aus der königlichen Chatoulle als
„Gnadengeschenk" erhält. Wer übrigens dem Könige den
Rath gegeben, sich auf diesem Wege in die Herzen der Frank-
furter einzudrängen, hat ihm Übeln Rath ertheilt. Trotzdem
die Frankfurter nächst lick selbst das Geld über Alles lieben,
so sind sie doch auch , die weilandt „freien Neichsstädter"
deren Stolz sich gegen i Gnadengeschenk bäumt, und gut war
es für die Deputation .c Stadt, welche die Sache in Berlin
zu arrangiren hatte, daß Frankfurt nicht in China liegt, sonst
hätten sich die Herren nach ihrer Rückkehr die Bäuche aus-
schlitzen können!
Die Griechen beabsichtigen jetzt eine Nationalflotte durch
freiwillige Beiträge aufzubringen, die dazu bestimmt ist, das
nächste Mal über den Halbmond zu triumphiren. Ob sie Wohl
auch einst einen Hannibal Fischer finden mag, der sie ver-
klopft?
Für heute gibt es nicht mehr viel zu berichten, nur geht
aus den Speyerer Blättern hervor, daß man den Anschluß an
die badischen Bahnen lebhaft wünscht und daß von dieser Seite
her also wahrscheinlich der Herstellung einer Heidelberg-
Schwetzinger Linie in die Hand gearbeitet wird.

Deutschland.
Berlin, 1. März. Für Preußens friedliche Bemühun-
gen während der letzten Krisis im Orient hat nicht nur die
Türkei, sondern auch England der preußischen Regierung An-
erkennung ausdrücken lassen. Daß Preußen die Konferenz an-
geregt, hatte Hr. v. Lavalette im Schooße derselben konstatirt.
Die Anschuldigung des Rothbuchs, als ob Preußen im Verein
mit Rußland eine Art von unausgesetzter Verschwörung gegen
den allgemeinen Frieden anzettle, ist dadurch siegreich wider-
legt. Die Mächte haben den offenkundigen Thatsachen mehr
Glauben geschenkt, als Anschuldigungen, die sich auf die Dauer
unhaltbar erwiesen haben.
München, 1. Mürz. Die klerikalen Blätter, welche
dem Bischof von Passau keineswegs sehr freundlich gesinnt und
nur aus Rücksicht für sein Amt in ihren Ausdrücken gegen
ihn etwas vorsichtiger sind, haben es so weit gebracht, daß
derselbe bei einem Theil seines Klerus höchst unbeliebt gewor-
den ist. Die Thatsache ist um so bedauernswerther, als den
Malcontenten meist solche Geistliche angehören, welche auf des
Bischofs Kosten im Seminar zu passau erzogen wurden und
jahrelang sein Brod aßen. Jetzt revoltiren sie gegen ihn, der
von ihnen verlangt, daß sie Gott geben, was Gottes ist und
dem Kaiser, was des Kaisers — nicht öffentlich, das würde
ihnen ja die fetten Pfründen kosten, sondern im Geheimen, wo
sie die Bauern Hetzen, nur die von Rom ausgehenden Befehle
zu achten. Der letzte Hirtenbrief des Bischofs, welcher Volk
und Klerus zum Gehorsam gegen die Gesetze des Staates auf-
forderte, wurde daher an vielen Orten Niederbayerns mit
Murren ausgenommen, und als er an den Kirchenthüren an-
 
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