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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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Juli (No. 78 - 89)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0315
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für d-» A-M
c Hopscn; c > tung.
,n Anzeiger sür die badischc md Mrische RheinMz.


8c>. 79.

Dienstag, 7. Juli 1874.

VIII. Jahrgang.

nebmen sür uns auch entgegen di- Annoncen-Bureaux von Kaas-nstcin L Kogler, Zlndolf W-sse und K. L. A-«S- L Ho., Süddeutsche Ännen-Hrpeditio«
J«serate^v-n ^".^^^ ^uls!,rt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München. Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Aäger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

Zur gest. Beachtung.
Wir w«den von nun an das „Sch we hing er
Wochenblatt" einen Tag früher, als bis-
her Herausgeber! und zwar jeweils Montags, Mitt-
wochs und Freitags Abends 6 Uhr, was wir hie-
mit unfern verehelichen Abonnenten ergebenst an-
zcigen, und ersuchen unsere geehrten Inserenten
in hiesiger Stadt höflich, die Anzeigen an oben ge-
nannten Tagen längstens bis morgens 10 Uhr aus
nirscrm Comptoir gesl. abzugeben.
* Die Tage von Estella.
Der mißglückte Angriff aus Estella, welcher die Ent-
setzung dieses von den Carlisten belagerten und verschanzten
Platzes znm Zwecke haben sollte, wird, wie wir hoffen, den
glücklichen. wenn auch langsamen Erfolgen der republikani-
schen Armee keine entscheidenden Einbußen Verursachen, son-
dern kann nur als eine momentane Untreue des wandelbaren,
von so vielen Umständen abhängenden Kriegsglück betrachtet
werden, das durch einige geschickt geführten Flankenbewegun-
gen in einiger Zeit wieder eingeholt werden kann. Die
Verzögerung der in den letzten Wochen gehofften baloigen
Räumung des schönen und doch so armen Spanien von
den Carhsten ist aber jedenfalls zu beklagen. Die Londoner
.„Times", welche auf dem spanischen Kriegsschauplätze durch
eigene Berichterstatter vertreten ist, gibt der äußerst schlechten
Witterung.in den letzten Wochen, svwie der schlechten Or-
.ganisalion des Trains hauptsächlich vie Schuld an dem letz-
ten Mißerfolge. Sie schreibt folgende detailirten Bericht über
das Treffen bei Estella:
Heftige, am Abend des 26. und am 27. Juni los-
gebrochene Regenstürme hatten den Boden entsetzlich auf-
geweicht und schlüpfrig gemacht, so daß die AngriffScolon-
nen am Gefechtstage tz27. Juni) schon erschöpft u. in Un-
ordnung vor den Verschanzungen der Carlisten ankamen,
und daher unfähig zum Standhalten gegenüber den feind-
lichen Bajonetaltaken waren. General Concha hatte die
Absicht, bereits am 26. anzngrcifen; aber vorher wurde
ein Lebensmittelconvoi erwartet, der ausblieb. Auch der
größte Thcil des 27. verging, ohne daß Proviant eintraf.
Concha entschloß sich trotzdem an letztgenanntem Tage
Nachmittags zum Angriff — mit welchem Resultat ist be-
kannt. Die Carlisten folgten den eilig und in Unord-
nung zurückgchenden Republikanern aus dem Fuße nach;
sie stürmten die Hügel, auf welchen sie ihre Verschanzungen
batten, hinab, und kletterten die gegenüberliegenden An-
höhen, auf denen zwei republikanische Batterien standen, hinauf.
General Concha basste in diesem Augenblick an Truppe»
zusammen, was überhaupt noch disponibel war, — drei

Compagnie Infanterien und eine Schwadron Kavallerie —
und avancirte, um die anstürmenden Carlisten aufzuhalten.
Hier erhielt er seine Todeswunde um 7 Uhr Abends — dem
„Times-Correspondenten" zufolge in den Unterleib. Concha's
letzte Worte waren: „Ich sterbe an der Spitze der Armee."
Ein Husarenoffizier hob den Schwerverwundeten auf sein
Pferd, legte in auf den Sattel und vertheidigte ihn gegen
die herankommenden Carlisten, denen um die Gefangennahme
des Marschalls zu thun war. Aber der Husar, zu hart
vom Feind gedrängt, mußte sich später seiner Last wieder
entledigen; anderen republikanischen Soldaten glückte es in-
deß doch nach hartem Kampfe ihren verwundeten Heerführer
in Sicherheit zu bringen. Dem oben citirten „Times-Corre-
spondenten" zufolge starb Concha erst um 8 Uhr 15 Minuten
in Abarzuza. Andere Berichterstatter hatten, wie erinner-
lich, gemeldet: der Tod des Marschalls sei fast augenblick-
lich erfolgt.
Der Rückzug begann um 11 Uhr Nachts, voran die
Artillerie. Tiefste Stille wurde beobachtet. Keine Trommel
wurde gerührt, kein Trompetcnstgnal ertönte, selbst die Sol-
daten sprachen nur mit leiser Stimme zu eimander. Gegen
Tagesanbruch erreichte man den Ort Murillo. Dort formirte
man die Bataillone wieder. Die Infanterie nahm Stel-
lung, um den weiteren Rückzug der Artillerie und der
Bagage zu decken. Die Carlisten beganen in der Frühe
mit der Verfolgung, fügten aber den Republikanern keine
neuen Verluste zu. Aus allen Ortschaften, welche oie Car-
listen wieder besetzten, erklang Glockengeläute zur Feier des
erkämpften Sieges.
Die republikanischen Truppen hatten vor und während
des Schlachttages die bittersten Entbehrungen und Strapa-
zen auszuhalten. Seit drei Tagen waren keine Lebensmittel
ausgethetlt woroen. Echague, der nach dem Fall Concha's
bekanntlich provisorisch das Obercommando führte, sah sich
angeblich hauptsächlich ans dem Grunde zum Rückzug ver-
anlaßt, weil, da die Stadl Abarzuza niedcgebraiml, keiner-
lei Unterkunftsort für die Truppen und die Bagage vorhan-
den war. Auch fehlt es immer noch an Provisionen, Nie-
mand wußte, wo die Convois geblieben waren; ebenso war
die Munition stark zusammengeschmolzen.
Die Artillerie und die Verwundeten gingen nach Ta-
falla, die Infanterie und Kavallerie nach Larraga zurück,
alle in vollständiger Ordnung und ohne Material einzubü-
tzen. Der Verlust an Tode», Verwundeten und Gefangenen
wirv von dem „Times"-Correspondentcn auf etwa 1000
Mann angegeben. Zwei Regimenter schlugen sich schlecht
— der Rest gut. Die Regimenter Estella und Balencm
sind fast vollständig vernichtet; elfteres verlor 200 Gefan-
gene, von denen man fürchtet, daß sie von den Caclisten
später durch Bajonueistöße getöütet wurden. Daß die Car-
listenführer vor der Schlacht bereits in einem Tages-

befehl erklärt haben, sie würden keinen Par -
ton geben, läßt sich aus ihrer seitherigen Handlungsweise
ganz gut schließen. Der Verlust auf carlistischer Seite wird
als bedeutend angegeben. Im Ganzen ist die Stimmung
der republicanischen Armee eine gute, und 'hofft man inner-
halb 12—14 Tagen die früher innegehabten Positionen wieder
einnehmen zu können.

Deutsches Reich.
Karlsruhe, 4. Juli. Wir sind in der Lage, unfern
Lesern eine Generalverfügnng des Ministeriums des Innern
mitzutheilen, welche vor einigen Tagen an die sämmtlichen
Amisvorflände in Betreff des Vollzugs des Altkatho-
liken- Gesetzes erlassen wurde:
„An die Herren Amtsvorstände. Das Gesetz über Me
Rechtsverhältnisse der Altkatholikcn hat schon in den Stadien
der Vorbereitung in weiten Kreisen eine gewisse Aufregung
hervorgerufen, und es wäre möglich, daß es nach seine-
numnehr erfolgten Publikation in noch höherem Grad Ge-
genstand sei es der Agitation, sei es unbegründeter Besorgi
nifse werde. Ich sehe mich deßhalb, obgleich ich schon bei
den Verhandlungen in beiden Kammern den Standpunkt
der Großherzoglichen Regierung klarzustellen bedacht war.
veranlaßt. Euer Hochwohlgeboren nochmals ausdrücklich auf
diesen Standpunkt der Großh. Regierung mit dem Ersuchen
hinzuweisen, denselben überall in Wort und That entschie-
den zur Geltung zu bringen. Es ist der der strengsten,
jeder Parteinahme oder Thätigkeit für und gegen die eine
oder die andere Partei sich enthaltenden Neutralität in dem
Widerstreit der verschiedenen einander bekämpfenden religiö-
sen Ueberzeugungen. Nach dem auch unabhängig von dem
in Frage stehenden Gesetz in unserem Land geltenden Recht
haben die Altkatholikcn als solche nicht aufgehört, rechtlich
Katholiken zu sein, sie müssen also auch in ihren Rechten
als Katholiken geschützt werden. Inhalt uud Zweck des
Altkatholiken-Gesetzes ist kein anderer, als diesen Rechtsschutz
wenigstens im Allgemeinen, soweit es bei den gegenwärtigen
schwankenden Verhältnissen möglich ist, zu normiren. Sie
werden sich deßhalb, soweit Sie bei der Anwendung des
Gesetzes mitzuwirken berufen werden sollten, durchaus auf
den Standpunkt des unparteiischen Richters stellen, welcher
kein anderes Staatsinteresse als das der ausgleichenden Ge-
rechtigkeit zwischen zwei streitenden Parteien zu vertreten hat.
Die ausschließliche Berücksichtigung und Betonung des Rechts,
dessen Inhalt und Bedeutung Sie da, wo es nöthig fällt,
näher zu erläutern nicht unterlassen werden, wird, wie ich
hoffe, am sichersten jede etwaige Besorgniß zerstreuen, als
sei durch vaS Gesetz über die Altkatholikcn eine Beeinträch-
tigung dcr kathol. Kirche zu befürchten, und eS wird von
jenem Stanopunkt aus gelingen, der unbefangenen Einsich

Feuilleton.
Aer Armenarzt.
Neuntes Kapitel.
Gerettet.
(Fortsetzung.)
„Nun seht Ihr wohl, Eberhardt, was ich Euch gesagt
habe," sagte eines Morgens vor der Frühstückszeit Kurz
zu ihm, „ist es nicht Alles so gekommen, wie es kommen
mußte, früher hatten Sie das Regiement und die Sachen,
die geliefert wurden, waren auch »och nicht schlechter als jetzt,
wenn der Alte so vernünftig gewesen wäre und hätte Ihnen
allein überlassen, wie Dies und Jenes gemacht werden soll,
dann wären wir ebenso weit gekommen, denn schließlich, ohne
Len Arbeiter sind die Prinzipale gar nichts."
„Ihr mögt Recht haben," erwiedcrte Eberhardt, „Ihr
mögt recht haben. Kurz, ich sehe die Welt jetzt auch mit
andern Augen an als früher. Wir Arbeiter sind nicht dazu da,
uns demüthigcn zu lassen, denn Kurz," sagteer. u. Thräne»
traten ihm fast in die Augen, wenn man an seiner Ehre
gekränkt wird, das ist schlimmer als eine Tracht Prügel,
diese verschmerzt man namentlich wenn man selbst welche

ausgetheilt hat, aberjHerabsetzung. Demüthigung, die vergißt
man nicht."
Die Glocke gab das Zeichen zum Frühstück, die Ar-
beiter ließen ihre Beschäftigungen, rückten zu einander
und setzten sich, um die mitgebrachte Speise zu verzehren.
Don dem Platz, auf welchem die Arbeiter saßen, konnte man
das ganze Fabrikgebäude überschauen, namentlich fiel der
Blick auf die zweite Abtheilung, in welchem der Hartguß
gegossen wurde. Man konnte von hieraus die neuhinzuge-
sügten Lokalitäten übersehen und Alles bemerken, was darin
vorging.
Während Alle an dem Frühstück Theil nahmen, war
nur Einer zurückgeblieben, der junge Volontair, der wie schon
früher erwähnt, eine außergewöhnliche Macht über den In-
haber der Fabrik, über den alten Wagenberg ausübte und
ohne dessen Anordnungen in der Fabrik nichts geschehen
konnte.
„Seht Ihr ihn, wie er da herumschnüffelt," flüsterte
Kurz dem alten Eberhardt zu, „seht Ihr, was er für Ge-
sichter schneidet, als ob ihm Dies und Jenes niche rechtest."
In der That,' Alphons stand augenblicklich vor einem
Modell, das er mit prüfenden Augen betrachtete und an
dem. .wie es schien, ihm etwas nicht recht sein mochte. Eber-

Hardt stand auf, legte sein einfaches Frühstück zur Seite
und ging entschlossenen Schrittes durch die ganze Fabrik
auf die hintern Räume zu. Die Augen der Arbeiter folg-
ten ihm gespannt, denn daß Jemand die Ruhe der Früh-
stückspause unterbrachen, war bis dahin noch nicht vorge-
kommen. Eberhardt schritt kühn auf den Volontair zu.
„Das Modell ist gut." sagte er, „es ist nach meiner
Angabe angefertigt"
„Es scheint mir, so viel mir erinnerlich, nicht genau
mit der Zeichnung übereinzustimmcn," erwiedcrte der Volon-
tair ruhig, „und ich denke eben darüber nach, ob durch
einige Aenderungen das Modell nicht noch leichter formbar
werden könnte."
„Derartige Aenderungen sind immer so gemacht worden,"
sagte Eberhardt, „von alten Zeiten her, und allzu viele
Aenderungen sind auch nichts wcrth."
„Allerdings Aenderungen, welche nichts Gutes bezwe-
cken," erwiederte der Volontair mit Betonung, „sind nichts
werth. aber wo es die Erleichterung der Arbeit gilt, sollte
mir doch, scheint mir, jede Aenderung willkommen fein."
„Um Aenderungen zu machen, von denen wir etwas
lernen sollen," erwiederte Eberhardt, „find Sie noch viel
zu jung."
 
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