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I. CHRONICON TERRAE PRUSSIAE
Chronik übersetzte, hat wie der neuerlich bekannt gewordene Stuttgarter Codex
zeigt, auch diese 20 Kapitel mitübersetzt. Vom 21. Kapitel an enthält die
Fortsetzung nur ganz vereinzelte kurze Notizen, zunächst für die Jahre 1332,
1343, 1361 etc., die sogleich die fremde Hand verrathen. Der Verfasser der er-
sten 20 Kapitel würde die berühmte Schlacht bei Plowce 1331 nicht übergan-
gen, und überhaupt die fernere Geschichte nicht so über das Knie gebrochen
haben. Ueberdies begegnet Kap. 21 zuerst der bei Dusburg nie vorkommende
Ausdruck Cruciferi (statt fratres ordinis sancte Marie). Endlich giebt Jeroschin
für das Jahr 1331 bereits eine eigene, von Kap. 21 abweichende Fortsetzung,
und dieses Kap. 21 selbst ist ein fast wörtlicher aber kürzender Auszug aus der
Ueberlieferung, wie sie in dem viel späteren Thorner Annalisten vorliegt. Also
—- von Kap. 21 an ist die Fortsetzung jedenfalls erst viel später abgefasst, und
nicht mehr als die ersten 20 Kapitel können als Dusburg’s Werk angesehen
werden.
Den vierten Theil seiner Chronik, die Randbemerkungen, oder, wie er sagt,
Incidenzen, hat Dusburg fast ganz aus älteren Chroniken entlehnt. Er bil-
det eben deswegen ein merkwürdiges Verbindungsglied zwischen der älteren
ausserpreussischen und unserer provinciellen Geschichtschreibung. Die beiden
Haupt quellen dieses Theiles sind die Schriften der beiden Dominicaner Pto-
lemaeus von Lucca und Martin von Troppau.
P to 1 emaeus, eigentlich Bartholomaeus, de Fiadonibus ein Schüler des
Thomas von Aquino, eine Zeit lang Prior eines Dominicanerklosters in Lucca,
später Bischof von Torcello und Bibliothekar bei Pabst Johann XXII., starb um
das Jahr 1327 ‘. Von seinen beiden Hauptwerken berücksichtigen wir die An-
nales, welche die Profangeschichte für die Zeit von 1060—1303 enthalten, nur
in so fern, als sie in ihren letzten Theilen mit seiner Historia ecclesiastica viel-
fach wörtlich übereinstimmen. Die Historia ecclesiastica erreicht in verschiede-
nen Handschriften verschiedene Endpunkte. In dem Ambrosianischen Codex ist
sie bis zum Jahre 1336 fortgeführt, aber sicher theilweise von fremder Hand;
im Patavinischen Codex, dessen Text sich beim Jahre 1295 von dem des Am-
brosianischen scheidet, bricht sie mit dem Jahre 1313 ab. Mag nun dieser letzte
Abschnitt des Patavinischen Codex von Ptolemaeus verfasst sein (was man eben
wegen der Uebereinstimmung desselben mit den Annales annehmen muss),
oder nicht; jedenfalls las und benutzte Dusburg die Historia ecclesiastica in der
Form, in welcher sie in dem Patavinischen Codex vorliegt. Dies zeigt schon in
den früheren Abschnitten eine sehr abweichende Variante des letzteren, die
Dusburg aufgenommen hat (Primogenitus regis Alamanniae, Ptolem. p. 1174,
Dusb. IV. c. 59), in den späteren Abschnitten, nach 1295, der Inhalt seiner
Excerpte überhaupt.
Martin vonTroppau, ebenfalls Dominicaner, dann päbstlicher Kaplan
und Pönitentiar, wurde 1278 zum Erzbischof von Gnesen ernannt, starb aber auf
der Reise dorthin, ehe er das neue Amt angetreten hatte. Das Compendium der
Pabst- und Kaiser-Geschichte, welches von seinen Schriften hier allein in Be-
tracht kommt, ist in zwei wesentlich von einander verschiedenen Bearbeitun-
gen verbreitet. Die ältere reicht nur bis zum Jahre 1268, die jüngere bis zum
1) Vgl. Muratori Rerum Ital. script. T. XI. vor der Ausgabe der Werke des Ptolemaeus,
und Boehmer Regesten p. LXXVI1.
I. CHRONICON TERRAE PRUSSIAE
Chronik übersetzte, hat wie der neuerlich bekannt gewordene Stuttgarter Codex
zeigt, auch diese 20 Kapitel mitübersetzt. Vom 21. Kapitel an enthält die
Fortsetzung nur ganz vereinzelte kurze Notizen, zunächst für die Jahre 1332,
1343, 1361 etc., die sogleich die fremde Hand verrathen. Der Verfasser der er-
sten 20 Kapitel würde die berühmte Schlacht bei Plowce 1331 nicht übergan-
gen, und überhaupt die fernere Geschichte nicht so über das Knie gebrochen
haben. Ueberdies begegnet Kap. 21 zuerst der bei Dusburg nie vorkommende
Ausdruck Cruciferi (statt fratres ordinis sancte Marie). Endlich giebt Jeroschin
für das Jahr 1331 bereits eine eigene, von Kap. 21 abweichende Fortsetzung,
und dieses Kap. 21 selbst ist ein fast wörtlicher aber kürzender Auszug aus der
Ueberlieferung, wie sie in dem viel späteren Thorner Annalisten vorliegt. Also
—- von Kap. 21 an ist die Fortsetzung jedenfalls erst viel später abgefasst, und
nicht mehr als die ersten 20 Kapitel können als Dusburg’s Werk angesehen
werden.
Den vierten Theil seiner Chronik, die Randbemerkungen, oder, wie er sagt,
Incidenzen, hat Dusburg fast ganz aus älteren Chroniken entlehnt. Er bil-
det eben deswegen ein merkwürdiges Verbindungsglied zwischen der älteren
ausserpreussischen und unserer provinciellen Geschichtschreibung. Die beiden
Haupt quellen dieses Theiles sind die Schriften der beiden Dominicaner Pto-
lemaeus von Lucca und Martin von Troppau.
P to 1 emaeus, eigentlich Bartholomaeus, de Fiadonibus ein Schüler des
Thomas von Aquino, eine Zeit lang Prior eines Dominicanerklosters in Lucca,
später Bischof von Torcello und Bibliothekar bei Pabst Johann XXII., starb um
das Jahr 1327 ‘. Von seinen beiden Hauptwerken berücksichtigen wir die An-
nales, welche die Profangeschichte für die Zeit von 1060—1303 enthalten, nur
in so fern, als sie in ihren letzten Theilen mit seiner Historia ecclesiastica viel-
fach wörtlich übereinstimmen. Die Historia ecclesiastica erreicht in verschiede-
nen Handschriften verschiedene Endpunkte. In dem Ambrosianischen Codex ist
sie bis zum Jahre 1336 fortgeführt, aber sicher theilweise von fremder Hand;
im Patavinischen Codex, dessen Text sich beim Jahre 1295 von dem des Am-
brosianischen scheidet, bricht sie mit dem Jahre 1313 ab. Mag nun dieser letzte
Abschnitt des Patavinischen Codex von Ptolemaeus verfasst sein (was man eben
wegen der Uebereinstimmung desselben mit den Annales annehmen muss),
oder nicht; jedenfalls las und benutzte Dusburg die Historia ecclesiastica in der
Form, in welcher sie in dem Patavinischen Codex vorliegt. Dies zeigt schon in
den früheren Abschnitten eine sehr abweichende Variante des letzteren, die
Dusburg aufgenommen hat (Primogenitus regis Alamanniae, Ptolem. p. 1174,
Dusb. IV. c. 59), in den späteren Abschnitten, nach 1295, der Inhalt seiner
Excerpte überhaupt.
Martin vonTroppau, ebenfalls Dominicaner, dann päbstlicher Kaplan
und Pönitentiar, wurde 1278 zum Erzbischof von Gnesen ernannt, starb aber auf
der Reise dorthin, ehe er das neue Amt angetreten hatte. Das Compendium der
Pabst- und Kaiser-Geschichte, welches von seinen Schriften hier allein in Be-
tracht kommt, ist in zwei wesentlich von einander verschiedenen Bearbeitun-
gen verbreitet. Die ältere reicht nur bis zum Jahre 1268, die jüngere bis zum
1) Vgl. Muratori Rerum Ital. script. T. XI. vor der Ausgabe der Werke des Ptolemaeus,
und Boehmer Regesten p. LXXVI1.