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VIERTES BUCH - 1625-1710

Taufbecken muß die Arbeit an diesem Stück von seiner Erfindung bis zu seiner
Vollendung eine ganze Reihe von Jahren in Anspruch genommen haben, so daß
wir allen Grund haben, diese ganze Kunstweise noch als in der letzten Zeit des
prachtliebenden Christian II wurzelnd uns zu denken und das Taufbecken auf
eine Bestellung dieses Fürsten zurückzuführen, da es der schwerfälligen An-
schauungsweise seines Nachfolgers zu wenig entspricht. Nur fehlen gerade für
die Vorjahre des Dreißigjährigen Krieges leider die sonstigen Vergleichsstücke,
da der Silberbestand zum größten Teil hat eingeschmolzen werden müssen, um
die gewaltigen Kosten des Krieges zu decken.
Während dasTaufbecken aus drei runden Tellern mit vorragenden Schilden
in den Ecken gebildet ist und sich dadurch der Rundform nähert, hat das Rosen-
Wasserbecken die Form eines Querovals, das durch Griffe in Muschelform an den
vier Seiten der Gestalt eines verschobenen Vierecks angenähert wird. In beiden
Fällen ist das Bestreben des Künstlers ebenso darauf gerichtet, den reichen, viel-
figurigen, in flachem Relief gehaltnen Darstellungen des Innern eine entsprechende
Einfassung zu geben, wie daneben auch den Umriß des Ganzen so abwechse-
lungsreich wie möglich zu gestalten. Wirkt schon der Gegensatz der getriebnen
Darstellungen und Verzierungen zu den aufgesetzten gegossnen Figuren unge-
mein lebendig, so wird er auf dem Taufbecken durch den geschmackvollen Wechsel
weiß gelaßner und vergoldeter Teile noch weiter erhöht, während das Rosen-
Wasserbecken ganz vergoldet ist. Der Grund dieses Bedcens ist in Vierpaßform
gehalten und zeigt den Wettstreit des Apoll und Marsyas vor Midas,-eine Kehle
mit leichtem Rankenwerk leitet zu den munteren Kinderfriesen des Randes über.
Trotz des weitgehenden Naturalismus in der Landschaft verrät die gute Vertei-
lung der Figuren über die drei Pläne des Vorder-, Mittel = und Hintergrundes
eine gediegene Schulung, die Kellerdaler sich am ehesten in Augsburg angeeignet
haben dürfte, da der italienische Einfluß, vielleicht mit holländischen Einwirkungen
gemischt, deutlich zur Geltung kommt. Den vier kleinen auf den Rand aufge»
setzten Reliefs eignet sogar eine Grazie, die bereits an das entwickelte Rokoko
streift. Man wird dadurch an die Bemerkung Dregers <in Lehnerts Gesch. d.
Kunstgew. II, 221 > erinnert, daß Deutschland durch die Barockentwicklung wieder
in sein eigentliches Kunstelement, dem es die Renaissance entfremdet hatte, ge-
langt sei,- nur zu rasch freilich sollte dieser Aufschwung durch den spätem Ver-
lauf des Krieges unterbunden werden. In den gegoßnen Figuren bewegt sich der
Künstler nicht mit der gleichen Freiheit, da er zu stark am Modell haftet,- in seinen
Verzierungen dagegen weiß er bereits mit dem Knorpelstil der Zeit frei zu
schalten, so daß sie ihre Bestimmung, die Flächen durch den Gegensatz von Licht

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