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VIERTES BUCH ■ 1625-1710

Wie das Gebäude gewirkt hätte, wenn es nach diesem ursprünglichen Plane
weitergeführt worden wäre, zeigen die beiden Seitenfronten mit ihrer nüchternen
mageren Ornamentik. Wenn von Sponsel darauf hingewiesen worden ist daß
Klengel zu jener Zeit die Architektur Dresdens beherrscht habe, so kann dieser
wohl den Plan entworfen haben,- wie der Bau damals auch als das italienische
Gartenpalais bezeichnet wurde, so könnte Klengel wohl bei seinen mehrfachen
Besuchen Italiens auf solche Villenform mit vorspringenden Flügeln und einer
Freitreppe in der Mitte gekommen sein. Als dann aber gleich zu Anfang seiner
Regirung Johann Georg III die Weiterführung des Baus übernahm, wird die
prächtige Gestaltung der beiden bis zum Dach reichenden Portalaufbauten in der
Mitte der Langseiten wie der großartige Saal im Hauptgeschoß als etwas Neues
hinzugetreten sein, das wohl auf den Landbaumeister Johann Georg Starke
zurückzuführen sein wird. Wann das Ganze fertiggestellt worden sei ist nicht be-
kannt,- noch 1693 wurden Restzahlungen für den Bau geleistet. 1686—1688 soll
der Kurfürst 33000 Gulden dafür bewilligt haben. Dohme hebt den »mehr renais-
sancemäßigen als barocken Charakter« des Baus hervor, was sich mit dem Vor-
herrschen klassischer im Gegensatz zu malerisch geschwungenen Formen deckt,-
von demselben Bestreben waren aber auch die gleichzeitigen Bauwerke in Holland,
wie das Haus im Bosch beim Haag, erfüllt, die wenn auch nicht für die Durch-
bildung im einzelnen so doch für die Gesamtanlage zum Vergleich herangezogen
werden können,- Dohme <S. 423) macht darauf aufmerksam, daß die Fruchtschnüre
darauf hinweisen. Jedenfalls hat hier Johann Georg III einen Bau ins Werk
gesetzt, der seinem hohen Streben und Machtbewußtsein würdigen und deut-
lichen Ausdruck gibt <siehe Anlage 37). Sehr ähnlich ist die kleine Leipziger Börse
von 1678 bis 1683 mit ihrer Freitreppe. In die gleiche Zeit mag in Dresden noch
die reich stuckirte, wenn auch durchaus noch in Barockformen gehaltne Decke
mit eingelaßnen Malereien in dem Hause Ecke der Schössergasse und des KanzleL
gäßchens (Arnoldsche Kunsthandlung, Abb. Gurlitt Dresden Nr. 518) gehören.
KUNSTERZEUGNISSE
Augsburger Künstler wie Fil. Küsel, Johann Erhard Heuglin und Dav.
Schneeweis versorgten den Hof mit vergoldeten Schüsseln und Kannen von
gediegener Form,- eine bemerkenswerte Arbeit lieferte auch der Nürnberger
Jak. Streller in seiner Tischuhr mit der Minerva <Abb. Taf. 95),- im allgemeinen
aber wollte sich der Geschmack nicht recht heben. Frankreich übte seinen
Einfluß noch nicht aus,- dagegen war die Teilnahme des Kurfürsten, vieL

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