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VIERTES BUCH - 1625-1710

jährigen Erzherzogs Josef zum römischen König im Januar 1690 eifrig zu be-
treiben begann und den Kaiser dadurch bedrängte daß er ein Jahr später einen
Neutralitätsvertrag mit Frankreich schloß, einige deutsche Fürsten wie den Her-
zog von Gota und den Bischof von Münster dafür gewann, auch mit Schweden
wenn auch ohne Erfolg in Verbindung trat um eine vom Kaiser unabhängige
dritte Partei zu bilden, und auch Sachsen zum Beitritt zu bewegen suchte, Ge-
legenheit den Kaiser endlich dazu zu bewegen mit Johann Georg III am 9 April
1691 den Torgauer Rezeß abzuschließen, wonach Sachsen für seine weitre Hilfe
jährlich 300000 Taler, Winterquartire im fränkischen und schwäbischen Kreis für
6000 Mann als die Hälfte der Armee sowie die Rückzahlung einer früheren
Kriegsschuld im Betrage von 100000 Talern erhalten sollte. Als aber der Kur-
fürst im Herbst dieses Jahres starb, konnten die versprochnen Winterquartire
nicht bezogen werden, da der Kaiser sie in Aussicht gestellt hatte ohne sich des
Einverständnisses der beiden Kreise zu versichern, vielmehr sie für die Unter-
bringung seiner eignen Truppen in Anspruch nahm.
Die erste Sorge des jungen Kurfürsten und seines Hauptberaters Schöning,
den er von seinem Vater übernommen und gleich zum Generalfeldmarschall er-
hoben hatte, war nun die beiden Kreise für die Gewährung von Winterquartiren
zu gewinnen, was auch bis zum November gelang, da seine Truppen dringend
für den Feldzug gebraucht wurden. Als aber im folgenden Jahr 1692 die Ver-
handlungen in Wien wegen Bestechlichkeit des Reichshofrats weder in der lauen-
burger Sache noch in der Subsidienfrage Fortschritte machen wollten, schloß der
Kurfürst endlich mit Hannover einen Traktat ab, dessen Mitteilung nach Wien
die unmittelbare Folge hatte daß am 22 März Hannover die neue Kur bewilligt
wurde, ein Jahr früher als Brandenburg mit seinen Ansprüchen auf die Königs-
würde hervortrat. Gleichzeitig erfolgte die Annäherung Sachsens an Brandenburg,
die im April zur Heirat des Kurfürsten mit der Witwe des Markgrafen von
Ansbach und im Juli zum Verzicht auf die Nachfolge in Lauenburg führte.
Als Opfer all dieser Vorgänge fiel Schöning, weil er angeblich Korre-
spondenzen und geheime Zusammenkünfte mit Frankreich gehabt hatte, tatsächlich
aber weil er stets das Recht Sachsens gegen den Kaiser und besonders dessen
General Caprara vertreten hatte,-an seinem Sturz wird auch die kaiserlich gesinnte
Partei der sächsischen Minister mit Julius Heinrich von Friesen an der Spitze mit-
gewirkt haben, die durch seine Neuregelung des gesamten Regirungswesens nach
brandenburgischem Muster gegen ihn aufgebracht war. Auf kaiserlichen Befehl
wurde der erst im Anfang der Fünfziger stehende Mann, eine herbe Soldaten-
natur, unversehens am 4 Juli in Teplitz, wo er das Bad brauchte, aufgehoben und

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