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FÜNFTER ABSCHNITT ■ JOHANN GEORG IV

nach dem Spielberg bei Brünn in Mähren gebracht, wo er trotz sofortigen Ein®
schreitens des Kurfürsten bis zum Januar 1694 festgehalten, dann endlich nach
Wien gebracht, aber erst nach vier Monaten infolge der Drohungen des Kur®
fürsten, der sich in Schönings Anstellungsvertrag verpflichtet hatte ihn loszukaufen
sobald er in Gefangenschaft geraten sollte, sowie der Bemühungen seiner Tochter
der Frau von Rechenberg freigelassen wurde, jedoch ohne daß der Kurfürst, der
inzwischen gestorben war, die Kunde davon erhalten konnte. Sein Nachfolger
Friedrich August bestätigte ihn sofort in allen seinen Würden, doch starb der
Feldmarschall bereits 1696 in Dresden.
Endlich am 2 März 1693 kam es zur Verständigung mit dem Kaiser und am
10 Mai zum Eintritt Sachsens in die große Allianz gegen Frankreich, infolge
deren sich Holland und England, Brandenburg und Hessen-Kassel an der Be-
schaffung der Subsidien für Sachsen beteiligten. Als Heidelberg am 22 Mai zum
zweiten mal von den Franzosen und nun gründlich zerstört wurde, brach der
Kurfürst auf und verband sich im Juli in der Gegend von Heilbronn mit dem
Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden, dem Türkenbesieger, der an Stelle des
verstorbenen Herzogs von Lotringen das Oberkommando übernommen hatte.
In diesem Feldzug begleitete ihn seit Ende Juli seine Geliebte, die infolge der
Bemühungen des Generals von Friesen am 4 Februar vom Kaiser zur Gräfin
von Rochlitz erhoben worden und obendrein von ihm, um den Kurfürsten in
seinem Bunde mit Oestreich zu erhalten, durch ein Geschenk von 40000 Talern
gewonnen worden war. In Frankfurt hatte er noch am 26 Juni ihre Entbindung
von einer Tochter abgewartet. Doch schon am 5 September nahm er vom Mark®
grafen von Baden Abschied und kehrte wieder nach Dresden zuriidc. Der
Hosenbandorden, den er zu Anfang des gleichen Jahres erhalten hatte, scheint
keinen sonderlichen Eindruck auf ihn gemacht zu haben, da er den betreffenden
englischen Gesandten nicht gleich dem des Kaisers oder des Königs von Frank®
reich geehrt wissen wollte (Förster S. 52> 329>.
Das folgende Jahr 1694 bereitete im April dem unwürdigen Verhältnis des
Kurfürsten mit der Neitschütz ein Ende, das aber zugleich den Tod des Kur®
fürsten zur Folge hatte. Wohl schon um 1688, als Magdalene Sibylle etwa
vierzehnjährig und der Kurprinz etwa zwanzigjährig war, wird das Verhältnis
seinen Anfang genommen haben, da er seit dem folgenden Jahr auf Betreiben
seiner Mutter veranlaßt wurde den Vater auf dessen alljährlichen Kriegszügen
gegen Frankreich zu begleiten, um sich die Liebschaft wenn möglich aus dem
Kopf zu schlagen. Sibylle, Anfang 1675 geboren, war die Tochter des Obersten
der Leibgarde Rudolf von Neitschütz und seiner intriganten und kupplerischen

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