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Seidlitz, Woldemar
Die Kunst in Dresden vom Mittelalter bis zur Neuzeit (4): 1625 - 1710: [Johann Georg I <spätere Zeit> bis August der Starke <erste Zeit>] — Dresden, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.43933#0129
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SECHSTER ABSCHNITT • AUGUST DER STARKE (FRIEDRICH AUGUST I)

Die Leipziger Reformirten zogen aus der veränderten Sachlage den Vorteil, daß
ihnen 1701 die Erlaubnis zur Abhaltung des Gottesdienstes wenigstens in den
Privathäusern erteilt wurde. Abgesehen von der Einrichtung des katolischen
Gottesdienstes im Schloß und in Moritzburg hatte der Glaubenswechsel nur die
im stoddutherischen Lande unerhörte Folge, daß bereits durch Mandat vom 27
Juli 1697 der katolische Fürst Anton Egon von Fürstenberg-Heiligenberg, den
der Bischof von Raab und der kaiserliche Beichtvater Menegati empfohlen hatten,
mit einem Gehalt von 24000 Talern und einem Jahresdeputat von weiteren 4000
zum Statthalter ernannt wurde. Bis zum Juli 1699 führte der Bischof von Raab
die Leitung der Geheimen Kammerkanzlei.
HOF UND LEBEN
August hatte gleich bei seinem Regirungsantritt Christian August von Haxt-
hausen, seinen früheren Hofmeister, zum Oberkammerherrn und ersten Minister
gemacht,- Haxthausen war ein Mann von stattlichem Aussehen und vollkommnen
Maniren, Freund der Herzogin Elisabeth Charlotte von Orleans. Der »ältere«
Bose war Geheimer Rat, Oberkämmerer August Ferdinand von Pflug, Gersdorf
Direktor des Geheimen Rats, Kanzler Julius Heinrich von Friesen, Sohn des
Grafen Heinrich von Friesen, der unter Johann Georg II Direktor des Geheimen
Rats gewesen war,- eine seiner vielen durch Bildung ausgezeichneten Schwestern,
die Witwe des bei Zenta gefallnen Generalfeldmarschalls Heinrich VI Grafen
Reuß, spielte dann als Geliebte des Statthalters Fürstenberg eine große Rolle in
der Gesellschaft. Die Familie Friesen beherrschte durch ihre weitverzweigten
verwandtschaftlichen Beziehungen die Staatsgeschäfte und das Hof leben. Der
Kurfürst aber war infolgedessen, wie der englische Gesandte Lexington melden
konnte und wie der Kammerherr Wolframsdorf es zu Anfang des neuen Jahr-
hunderts bestätigte, von den laufenden Geschäften schlecht unterrichtet, »ohne
einen Freund oder einen ehrlichen, rechtschaffnen und geschäftskundigen Mann«.
Als die polnische Frage aufkam, wurden alle Geheimen Räte, mit Ausnahme
von Gersdorf und Friesen, auf des alten Hoym Rat entlassen und mußten, damit
der Kurfürst zu Geld komme, ihre Stellen um hohe Summen wieder kaufen,-
außer der Abtretung von Gebietsteilen und Ansprüchen wurden viele Ämter an
den Meistbietenden verpachtet,- von allem Kapital und Mobilien wurden zwei
vom Hundert gefordert. Daneben erforderten die Ausgaben für die Feste und die
zahlreichen Liebschaften des Fürsten ungeheure Summen: 1695, wo der Karneval
zum ersten Mal nach venezianischerWeise durch eineRedute begangen wurde338).

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