Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ANLAGEN

habe er den Kaiser so angefaßt, daß er ohne seinen Willen niemand pardonire noch auch jemandem
einiges Gut geben könne.
Bei der Rückkehr Arnims von Oxenstjerna, zog Wallenstein plötzlich ganz andere Saiten
auf, indem er wollte, daß Sachsen sich mit ihm gegen die Schweden verbände, was Arnim mit
Recht als ein »Schelmstück« bezeichnete. Nachdem noch am 23 August der gutgläubige Thurn
an Oxenstjerna geschrieben, Wallenstein wolle die Jesuiten aus dem ganzen Reich ausschaffen,
der Kaiser müsse nach Spanien gehen (Gaedeke S. 71), ließ Wallenstein seiner Drohung die Tat
folgen, indem er am 10 Oktober bei Steinau (im Fürstentum Wohlau) die Schweden unter Thurn
schlug, diesen selbst gefangen nahm, dann aber wieder freiließ.
Als aber zu Ende des Jahres die Wolken über Wallenstein sich zusammenzuziehen begannen
und die Amtsentsetzung ihm drohte, ließ er Kinsky in Pirna durch Raschin entbieten, er solle zu
ihm nach Pilsen kommen (was dieser auch im Januar 1634 tat, Ritter 572). Bald darauf äußerte
Adam Terzki zu Raschin, in Schweidnitz hätte nichts geschehen können, weil Graf Schlich und
Graf Trautmannsdorf zu Wallenstein gekommen seien,- jetzt aber habe dieser schon alle Offiziere
an sich gezogen, daß sie ihm versprachen und verschrieben, bei ihm zu leben und zu sterben,- er
könnte sogar Römischer König werden (dies die erste Äußerung solchen Inhalts), dann würde er
Böhmen alle Privilegien wieder konfirmiren. Wallenstein sei anitzt endlich resolvirt vom Kaiser
abzufallen und König von Böhmen zu werden. Oxenstjerna solle einen seiner vornehmsten
Offiziere zum Verhandeln an ihn schicken. Wallenstein werde grad auf Wien losgehen. Oxen»
stjerna aber erklärte an Bubna,als dieser ihn in Halberstadt aufsuchte,erkönne Wallenstein nichts
mehr glauben, werde auch niemand zu ihm schicken, bevor er nicht vom Kaiser abgefallen sei.
Auch mit Frankreich war Wallenstein in Verbindung getreten,- ein hoher Abgesandter dieses
Landes war gerade in Zwickau angekommen, als die Kunde von der Ermordung des Friedländers
eintraf. Bubna äußerte später, wenn Gott einmal einen (den Kaiser) salbe, so könne man ihn so
leicht nicht vertilgen: es sei ein Schelmenstück gewesen.
(Arnold Gaedeke, Wallensteins Verhandlungen mit den Schweden und Sachsen 1631—34,
Frankfurt 1885,- S. 309ff. daselbst Raschins Bericht.)
34. DER PRAGER FRIEDE
Die Friedensverhandlungen zwischen Sachsen und dem Kaiser hatten bereits Mitte Juni 1634
in Leitmeritz begonnen,- schon dort waren Sachsens Forderungen wegen des Schutzes der Evan»
gelischen in den dem Kaiser unterstehenden Gebieten abgelehnt und die erbliche Abtretung der
Lausitzen noch verweigert worden. Wegen Baners Vordringen in Böhmen mußten die Verband»
Jungen bereits einen Monat später nach Pirna verlegt werden, wo der Friedensentwurf am 24 No»
vember unterzeichnet ward. Die Niederlage der Schweden bei Nördlingen am 6 Sepember hatte
inzwischen die Lage des Kaisers wesentlich verbessert, Sachsen aber, das freilich nie zu einer
wirklich aufrichtigen Harmonie mit den Schweden gekommen war, des natürlichen Rückhalts
beraubt, den es in ihnen dem Kaiser gegenüber besessen hatte. So wurde denn Schlesien vom
Frieden ausgeschlossen, während das nach dem Pirnaer Vertrage von den Reformirten noch nicht
galt, da sie durch den Ausdruck der »Protestirenden Stände« gedeckt waren, der der Bezeichnung
als »Augsburger Konfessionsverwandten« angehängt war. Die Lausitzen sollten als Ersatz
für Sachsens auf 6400000 Taler aufgelaufenen Kriegsforderungen dienen,- im übrigen handelte es
sich beim Frieden wesentlich um die »Restitution« des Entrißnen und die »Amnestie« für verübte
Feindseligkeiten.
Der Pirnaer Vertrag hätte, da er den Boden des Restitutionsedikts von 1629 verließ, den
Protestanten immerhin leidliche Aussichten eröffnen können, indem nach dem gewählten Normal»
termin vom 12 November 1627 (dem Tage da der Mühlhäuser Kurfürstenkonvent geschlossen
worden war) alles säkularisirte Gebiet östlich der Weser noch den Protestanten, westlich dieses
Flusses Minden noch den Lüneburgern gehörte, (Münster und Paderborn waren katolisch ge-
blieben, Osnabrück 1623 es geworden), und am Rhein und in Süddeutschland noch große Gebiete

543
 
Annotationen