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lungen eingeladen, und zwar wegen der auseinandergehenden Interessen nach Wahl entweder
nach Osnabrück, wo mit den Schweden verhandelt wurde, oder nach Münster, wo dasselbe den
Franzosen gegenüber geschah,- auch die nicht unmittelbar am Kriege beteiligten, aber einander
noch befehdenden Staaten wie Spanien, die Generalstaaten, Portugal waren zugezogen, dazu
Bevollmächtigte des Papsts und der Republik Venedig. Anfangs lehnten der Kaiser wie Branden-
burg die Forderungen nach Gebietsabtretungen ab,- der Kaiser wollte höchstens die drei lotring-
ischen Bistümer an Frankreich abgeben,- dagegen erklärte er sich, dem Interesse Brandenburgs sehr
zuwider, allenfalls mit der Abtretung Vorpommerns mit Wismar an die Schweden einverstanden.
Im März 1646 aber erklärte er sich bereit auf die Landgrafschaft Oberelsaß und den Sundgau
nebst einem Teil des LInterelsaß, Gebiete die den Söhnen des 1632 verstorbnen Erzherzogs
Leopold von Vorderöstreich gehörten, das Reichsamt der Landvogtei Hagenau mit zehn Reichs-
städten, zu denen jedoch das seit 1558 an Ostreich gekommene Straßburg nicht gehörte, und endlich
die geistlichen Fürstentümer Metz, Toul und Verdun zu verzichten, worüber am 13 Sept. dess. J.
ein Abkommen getroffen wurde. Am 13 Januar 1647 war auch Brandenburg genötigt in die even-
tuelle Abtretung Vorpommerns bis zur Oder nebst Stettin sowie Verdens und Bremens an die
Schweden zu willigen: dafür erhielt es vom Kaiser die Stifte Halberstadt, dann Kammin und, für
den Todesfall des Administrators August von Sachsen (der im Jahre 1680 eintrat), das Herzog-
tum Magdeburg,- Sachsen behielt den erblichen Besitz der Herrschaften Querfurt, Jüterbog,
Dahme und Burg,
Da Sachsen das Direktorium der Sonderverhandlungen ablehnte, Brandenburg aber an seine
Stelle nicht treten wollte, wurde ohne die beiden protestantischen Kurfürsten weiterverhandelt.
Am 3 Juni 1647 kam der Entwuf eines Friedens zwischen dem Kaiser und Schweden zustande,
wobei auf Sachsens Vorschlag als Normaljahr für die Feststellung des geistlichen Besitzstands
der erste Januar 1624 festgesetzt wurde. Über die »Freistellung« der andersgläubigen Unter-
tanen (im Gegensatz zum Ausweisungsrecht der Fürsten) wurde Einigung erzielt. Vor allem
sollten die Reformirten den Evangelischen gleichgestellt werden, wogegen Sachsen wohl noch am
24 Juni 1648 Einspruch erhob, doch ohne Erfolg, da beim Friedensschluß alle Proteste für ungültig
erklärt wurden. Es wurde beschlossen daß — im Gegensatz zum Kurfürstenkolleg und dem
Fürstenrat, in denen die Katolischen überwogen — der Deputationstag und ebenso das Kammer-
gericht in paritätischem Sinn geordnet werden sollten,- auch im Reichshofrat sollten einige Prote-
stanten angestellt werden. In Religionssachen solle fortan nicht mehr die Stimmenmehrheit ent-
scheiden, sondern einhellige Verständigung gesucht werden, was natürlich ein frommer Wunsch
bleiben mußte. Am 24 März 1648 erfolgte in Osnabrück der Ausgleich über die religiösen Fragen.
Von entscheidender Bedeutung war daß dem Kaiser die Entscheidung über Krieg, Frieden
und Bündnisse, über die Verteilung der Truppen und das Festungswesen genommen und dem
Reichstag zurückgegeben wurde. Dafür wurde aber weiterhin die Reichseinheit dadurch völlig
zerstört daß die Reichsstände für sich das Recht. durchsetzten, ihr Verhältnis zu den fremden
Staaten unabhängig vom Reich einzurichten. In der Folgezeit wurde diese Selbständigkeit der
Fürsten namentlich durch Frankreich dazu ausgenützt, ihre Souveränität unter die Obhut des
Auslandes zu nehmen (Martin Spahn, Der Regensburger Kurfürstentag 1630). Als am 30 Januar
1648 als erster der Friede der Generalstaaten mit Spanien in Münster ohne die Beteiligung Frank-
reichs oder des Reichs geschlossen wurde, konnte Frankreich nur durchsetzen daß das Reich bei
seinen Kriegen, also besonders Ostreich und Spanien gegenüber, strengste Neutralität zusage,
während das von den Reichsständen als solchen abgelehnt wurde.
Am 24 Oktober endlich erfolgte die Einigung in Osnabrück und wurden beide Friedens-
schlüsse unterzeichnet,- zwei Tage darauf protestirte der päpstliche Nuntius Chigi gegen die
Schmälerung der katholischen Interessen, da Innozenz X, ohne dessen Mitwirkung der Friede zu-
stande gekommen war, ihn zur Unterzeichnung nicht autorisirt habe (Nach M. Ritter, Deutsche
Geschichte III 614 fgg.).
Es ist zu bedauern daß Schiller bei dem Westfälischen Frieden Halt gemacht hat, weil die
Beziehungen zwischen den einzelnen Fäden, die da durcheinander geflochten oder abgeschnitten

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