XI
polytechnischen Schulen noch die alten Kunstakademien fortbestehen
lassen, und neben diesen wieder viele sogenannte Gewerbschulen, Sonn-
tagsschulen, Kunstschulen u. s. w., zum Unterricht für Handwerker und
Kunsttechniker, eingerichtet; aber weit eher zum Nachtheil als zum From-
men der Kunst, die bei diesem systematischen Klassenunterrichte und
der Spaltung ihres Gebiets nicht gedeihen will, ohne Triebkraft, wie sie
ist, von unten herauf.
Um nicht genöthigt zu sein, sich selbst zu wiederholen, beruft sich
der Verfasser in Beziehung auf diese und andere damit eng verknüpfte
Verhältnisse auf seine Schrift: Wissenschaft, Industrie und Kunst
oder Vorschläge zur Anregung nationalen Kunstgefühls. Vieweg. Braun-
schweig 1852.
Diese Verhältnisse würden weniger bedenklich scheinen, wenn nicht
leider eine gewisse höhere Nothwendigkeit ins Spiel träte, in der sie in Ge-
meinschaft mit gleichzeitigen Wahrnehmungen auf andern Gebieten wurzeln.
So z. B. greift die exakte Wissenschaft noch auf ganz andere
viel wirksamere Weise als die vorbezeichnete in die Verhältnisse der
Gegenwart ein, als Leiter nämlich, oder vielmehr als spiritus familiaris,
des spekulirenden Jahrhunderts. Sie bereichert das praktische Leben
und erweitert den Wirkungskreis der vortheilbedachten Geschäftswelt
mit ihren Entdeckungen und Erfindungen, die, statt wie sonst Töchter
der Noth zu sein, diese erst künstlich erzeugen helfen, um Absatz und.
Anerkennung zu finden. Das kaum Eingeführte wird wieder als veraltet
der Praxis entzogen, ehe es technisch, geschweige künstlerisch, verwerthet
werden konnte, indem immer Neues, nicht immer Besseres, dafür an die
Stelle tritt. 1
1 Wie lange währte es, ehe die Meister der grossen Zeit gegen Ende des
Mittelalters als Ersatz für die älteren Prozesse, deren beschränkter Bereich
ihnen nicht genügte, das Leinöl als Bindemittel der Farben zu benützen lern-
ten. Wie spät gelang es, das Geheimniss der opaken Emailfarben für Fayencen,
welches die Perser und Saracenen wahrscheinlich aus antiker LTeberlieferung
schon lange kannten , für den Occident wieder zu erfinden. Keine Ehre für
den Stand der Wissenschaften des damaligen Westens, — aber van Eyk, Luca
della Robbia und Palissy wussten dafür auch ihr Selbstgefundenes zu gebrau-
chen, es künstlerisch zu verwerthen.
Wie wenig dagegen unsere heutigen Maler die ihnen durch die Chemie
in solcher Fülle gebotenen Mittel und Raffinerien der Malerei beherrschen, er-
sieht man z. B., um das eigentliche Künstlerische hier ganz äusser Spiel zu
lassen, schon an dem Verwachsen, Erbleichen und Bersten der Bilder, das
nach wenigen Jahren eintritt, während die Bilder der alten italienischen und
niederländischen Meister, auch in dieser rein technischen Beziehung unsterblich,
wenn schon nachgedunkelt und mit dem Niederschlag der Jahrhunderte dick
überzogen, dennoch ihrellaltung behielten, ja vielleicht durch das Alter gewannen.
polytechnischen Schulen noch die alten Kunstakademien fortbestehen
lassen, und neben diesen wieder viele sogenannte Gewerbschulen, Sonn-
tagsschulen, Kunstschulen u. s. w., zum Unterricht für Handwerker und
Kunsttechniker, eingerichtet; aber weit eher zum Nachtheil als zum From-
men der Kunst, die bei diesem systematischen Klassenunterrichte und
der Spaltung ihres Gebiets nicht gedeihen will, ohne Triebkraft, wie sie
ist, von unten herauf.
Um nicht genöthigt zu sein, sich selbst zu wiederholen, beruft sich
der Verfasser in Beziehung auf diese und andere damit eng verknüpfte
Verhältnisse auf seine Schrift: Wissenschaft, Industrie und Kunst
oder Vorschläge zur Anregung nationalen Kunstgefühls. Vieweg. Braun-
schweig 1852.
Diese Verhältnisse würden weniger bedenklich scheinen, wenn nicht
leider eine gewisse höhere Nothwendigkeit ins Spiel träte, in der sie in Ge-
meinschaft mit gleichzeitigen Wahrnehmungen auf andern Gebieten wurzeln.
So z. B. greift die exakte Wissenschaft noch auf ganz andere
viel wirksamere Weise als die vorbezeichnete in die Verhältnisse der
Gegenwart ein, als Leiter nämlich, oder vielmehr als spiritus familiaris,
des spekulirenden Jahrhunderts. Sie bereichert das praktische Leben
und erweitert den Wirkungskreis der vortheilbedachten Geschäftswelt
mit ihren Entdeckungen und Erfindungen, die, statt wie sonst Töchter
der Noth zu sein, diese erst künstlich erzeugen helfen, um Absatz und.
Anerkennung zu finden. Das kaum Eingeführte wird wieder als veraltet
der Praxis entzogen, ehe es technisch, geschweige künstlerisch, verwerthet
werden konnte, indem immer Neues, nicht immer Besseres, dafür an die
Stelle tritt. 1
1 Wie lange währte es, ehe die Meister der grossen Zeit gegen Ende des
Mittelalters als Ersatz für die älteren Prozesse, deren beschränkter Bereich
ihnen nicht genügte, das Leinöl als Bindemittel der Farben zu benützen lern-
ten. Wie spät gelang es, das Geheimniss der opaken Emailfarben für Fayencen,
welches die Perser und Saracenen wahrscheinlich aus antiker LTeberlieferung
schon lange kannten , für den Occident wieder zu erfinden. Keine Ehre für
den Stand der Wissenschaften des damaligen Westens, — aber van Eyk, Luca
della Robbia und Palissy wussten dafür auch ihr Selbstgefundenes zu gebrau-
chen, es künstlerisch zu verwerthen.
Wie wenig dagegen unsere heutigen Maler die ihnen durch die Chemie
in solcher Fülle gebotenen Mittel und Raffinerien der Malerei beherrschen, er-
sieht man z. B., um das eigentliche Künstlerische hier ganz äusser Spiel zu
lassen, schon an dem Verwachsen, Erbleichen und Bersten der Bilder, das
nach wenigen Jahren eintritt, während die Bilder der alten italienischen und
niederländischen Meister, auch in dieser rein technischen Beziehung unsterblich,
wenn schon nachgedunkelt und mit dem Niederschlag der Jahrhunderte dick
überzogen, dennoch ihrellaltung behielten, ja vielleicht durch das Alter gewannen.