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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 1): Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — Frankfurt a.M., 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.67642#0070
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Drittes’ Hauptstück.

rere Linien oder mehrere Fäden derselben Art in paralleler Ord-
nung neben einander gereiht oder in Drehungen umeinander ge-
wunden.



Ein noch kräftigerer Ausdruck des Grundbegriffes binden
wird durch Geflecht erreicht, das entweder flach als Tänie
oder mit halbkreisrundem Durchschnitte als Torus oder Wulst



erscheint. Besonderen Nachdruck und kräftigste Betonung erhält
der Begriff des Bindens durch Geflechte von Riemen, deren Aus-
dehnung nach der Dicke sichtbar gemacht wird.
Das flache Band (der Gurt, die Zone) manifestirt sich oft mit
milderem Ausdrucke auch als Gewebe. Es kommt am meisten
in Anwendung als Stirnbinde (Epikranon), als Saum (limbus), als
Einfassung (crepido, margo). 1

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In gewissen Fällen treten die breiten Gurte als freihängende
Bänder auf, die zwischen feste Punkte gespannt sind und diese
verknüpfen, gleichzeitig aber die Bestimmung haben, Decken
zwischen ihnen aufzuhängen. Der Gurt funktionirt in diesem
Falle doppelt, als Längenverbindung und als Naht (siehe
unten), das heisst er wird nach der Länge und zugleich nach der
Breite oder Quere gespannt. Dazu kommt noch die Belastung,
die indessen nur die Spannung nach der Länge verstärken kann.
Diese reiche Combination findet ihre stilsymbolische Anwendung
in dem vollständig gegliederten Deckensysteme der griechischen
Tempel, worüber die die Tektonik betreffenden Paragraphen
dieses Abschnittes und dei' Abschnitt über hellenische Kunst nach-
zusehen sind.
1 Siehe Farbendruck Tab. I, II und III.
 
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