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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 1): Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — Frankfurt a.M., 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.67642#0072
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Drittes Hauptstück.

heraldischer oder in ästhetischer Beziehung (meistens in beiden
Beziehungen) bedeutungslos wird. (Vergleiche hiemit, was weiter
unten über buntfarbige, faltenreiche Gewänder folgt.)


Flaggenstöcke, Schmuck der ägyptischen Pylonen; von einem Wandgemälde am Tempel des
Khons zu Theben.

Eine der schönsten Flaggen ist die amerikanische, welche sich
einfach entfaltet und bei der das Verhältniss der Streifen zu dem
Ganzen gut gewählt ist. Auch die Farben sind harmonisch, heiter
und nicht schreiend. Dazu kommt, dass der bezeichnende Theil,
das Sternenfeld, sehr schicklich hart an der Stange angebracht ist,
so dass es niemals „unklar“ werden kann. Das Gegentheil zu ihr
und ein Vorbild der Geschmacklosigkeit ist die Napoleonische Tri-
colore, gemein in den Farben, schlecht in den Verhältnissen der
Theile, endlich mit senkrechten Streifen, also stets unklar.
Sehr wenig Einsicht und Geschmack zeigt durchschnittlich die
moderne Industrie in den Mustern der Bänder und Schleifen, die
für die Toilette der Damen bestimmt sind. Im Allgemeinen lässt
sich annehmen, dass diejenigen Muster, die dem Webstuhle die ge-
läufigsten sind , zugleich am schönsten abrollen und sich entfalten
— aber in unserer Zeit ist dem Webstuhle Alles geläufig und
diese Stilprobe hält daher für uns nicht mehr Stich. Eine der ge-
 
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