Textile Kunst. Exkurs. Tapezierwesen der Alten. 297
Cicero in Verr. IV. 55/ wo er von den Gemälden spricht, die die
inneren Wände des Minervatempels zu Syrakus bekleideten.
Wenn dagegen das bekleidende Prinzip eine engere monumentale
Verbindung mit der Architektur eingeht, so bedienen sich für die
Bezeichnung des ersteren und seiner Applikation sowohl Griechen
als Römer ganz besonderer gerade diesen Zustand speciell
charakterisirender Worte. Dergleichen ist äopo&iv,
einfügen, ein Wort das man auch für das Wölben gebraucht, da-
her der Schlussstein Harmonia heisst; ferner fyxQOTsrv, welches Wort
Philostratus benützt, um die Einfügung bronzener (emaillirter
oder eingelegter) Bildertafeln in die Mauer zu bezeichnen, und
welches in der Kunst des Wölbens in demselben Sinne ange-
wandt wird wie agfio&iv. 1 2 3
Die Lateiner brauchen dafür die Worte imprimere, includere,
inserere.4 Was darunter gemeint war erhellt deutlich aus meh-
reren Stellen der Alten, vorzüglich auch aus dem siebenten Buche
des Vitruv, welches ich später in Verbindung mit jenen Stellen
noch besonders besprechen muss, tritt aber noch deutlicher her-
vor an den Wanddekorationen römischer antiker Bauwerke, an
denen sich das Verfahren des Einlegens und Täfelns der Wände
theils thatsächlich dadurch kund gibt dass wir eingelassene und
zum Einsetzen bereitstehende Tafeln mit den Wandöffnungen, die
sie aufnehmen sollen,5 vor Augen sehen, theils nur prinzipiell und
zwar in diesem Sinne überall wo sich überhaupt dergleichen
Ueberreste noch zeigen.
Dergleichen provisorische, nicht monumentale, Verzierungen der
Plätze und Denkmäler mochten nebst vielem Missbrauch ange-
hefteter Inschriftstafeln und Anathemen sich mitunter eine Zeit-
lang erhalten und die öffentlichen Gebäude überwuchern, bis ein-
1 His autem tabulis inferiores templi parietes vestiebantur.
2 Philostr. Sen. Imag. prooem. p. 4. ed Jacobs. Vergl. Raoul Roch. Pein-
tures antiques inedites p. 161, wo viele Stellen citirt sind.
3 Philostr. V. Apoll. II. 20. p. 71. Letronne Lettres d’un antiquaire ä un
artiste p. 435.
4 Letronne 1. c. p. 87, woselbst die Gewährstellen zu finden. Dessgleichen
Raoul Roch, peintures antiques. p. 162.
5 Winkelmann, Geschichte der Kunst. II. p. 126, 127. Brief an den Gra-
fen Brühl, p. 31. Letronne 1. c. S. 74. Rochette p. 378; p. 29 ff. und p. 351.
Note 2.
Semper.
38
Cicero in Verr. IV. 55/ wo er von den Gemälden spricht, die die
inneren Wände des Minervatempels zu Syrakus bekleideten.
Wenn dagegen das bekleidende Prinzip eine engere monumentale
Verbindung mit der Architektur eingeht, so bedienen sich für die
Bezeichnung des ersteren und seiner Applikation sowohl Griechen
als Römer ganz besonderer gerade diesen Zustand speciell
charakterisirender Worte. Dergleichen ist äopo&iv,
einfügen, ein Wort das man auch für das Wölben gebraucht, da-
her der Schlussstein Harmonia heisst; ferner fyxQOTsrv, welches Wort
Philostratus benützt, um die Einfügung bronzener (emaillirter
oder eingelegter) Bildertafeln in die Mauer zu bezeichnen, und
welches in der Kunst des Wölbens in demselben Sinne ange-
wandt wird wie agfio&iv. 1 2 3
Die Lateiner brauchen dafür die Worte imprimere, includere,
inserere.4 Was darunter gemeint war erhellt deutlich aus meh-
reren Stellen der Alten, vorzüglich auch aus dem siebenten Buche
des Vitruv, welches ich später in Verbindung mit jenen Stellen
noch besonders besprechen muss, tritt aber noch deutlicher her-
vor an den Wanddekorationen römischer antiker Bauwerke, an
denen sich das Verfahren des Einlegens und Täfelns der Wände
theils thatsächlich dadurch kund gibt dass wir eingelassene und
zum Einsetzen bereitstehende Tafeln mit den Wandöffnungen, die
sie aufnehmen sollen,5 vor Augen sehen, theils nur prinzipiell und
zwar in diesem Sinne überall wo sich überhaupt dergleichen
Ueberreste noch zeigen.
Dergleichen provisorische, nicht monumentale, Verzierungen der
Plätze und Denkmäler mochten nebst vielem Missbrauch ange-
hefteter Inschriftstafeln und Anathemen sich mitunter eine Zeit-
lang erhalten und die öffentlichen Gebäude überwuchern, bis ein-
1 His autem tabulis inferiores templi parietes vestiebantur.
2 Philostr. Sen. Imag. prooem. p. 4. ed Jacobs. Vergl. Raoul Roch. Pein-
tures antiques inedites p. 161, wo viele Stellen citirt sind.
3 Philostr. V. Apoll. II. 20. p. 71. Letronne Lettres d’un antiquaire ä un
artiste p. 435.
4 Letronne 1. c. p. 87, woselbst die Gewährstellen zu finden. Dessgleichen
Raoul Roch, peintures antiques. p. 162.
5 Winkelmann, Geschichte der Kunst. II. p. 126, 127. Brief an den Gra-
fen Brühl, p. 31. Letronne 1. c. S. 74. Rochette p. 378; p. 29 ff. und p. 351.
Note 2.
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