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Viertes Hauptstück.
Veränderungen seit Jahrtausenden in jenen Wiegenländern der
Gesittung des Menschengeschlechts dieselben blieben, uns ge-
naueren Aufschluss geben. Sie wären aber trotz ihres verhältniss-
mässig geringen Alters, verglichen mit den Schutthügeln der süd-
lichen Gegenden der Euphratebenen, für uns stumm geblieben,
ja noch weniger als bei letzteren hätte sich von ihrer ursprüng-
lichen Form erhalten, weil die gebrannten Backsteine bei ihrer
Ausführung seltener benutzt wurden als bei der Erbauung jener
ältesten Werke, hätte sich nicht zu dei' Zeit der Entstehung des
neuen Reiches zugleich ein neues Prinzip der Wandbekleidung
entwickelt, wonach ein Stoff dazu in Anwendung kam, der inner-
halb der feuchten Ruinenhaufen und der wieder in Erde aufge-
lösten Luftziegelmauermassen der Verwitterung widerstand. Ohne
die flachen Steintafeln womit dio Räume der assyrischen Paläste
unterhalb bekleidet waren und die, wo sie nicht durch Feuer
zerstört oder durch Menschenhand schon früher entfernt wurden,
sich noch unversehrt an Ort und Stelle erhielten, hätten die Aus-
grabungen höchstens zu der Auffindung einiger Thongeräthe,
bronzener Gegenstände, Steincylinder und dergl. geführt; man
würde sie bald aufgegeben haben- und niemals hätten wir Auf-
schluss über assyrisch-chaldäische Baukunst durch sie erhalten.
Ueberall wo die steinernen Getäfel der Luftziegelwände fehlen,
und nur der geringere Theil der Mauern war auf diese Weise
bekleidet, verlieren wir den Ariadnefaden, der uns durch das
Labyrinth der Gänge führt, die in dem Grundplane eines assyri-
schen Palastes ein für uns so neues und charakteristisches Ele-
ment der architektonischen Anordnung bilden.
Diese Steintafeln, meistens Alabasterplatten, sind daher als
Erhalter der räumlichen Idee die ihren architektonischen Aus-
druck fand schon in architektonologischer Hinsicht und an und für
sich das Wichtigste wozu uns die Nachgrabungen der Botta,
Layard, Loftus, Rassam und anderer geführt haben, abgesehen
von den unschätzbaren Aufschlüssen, welche die allgemeine Kul-
turgeschichte, insbesondere aber die Geschichte jener längst unter-
gegangenen Reiche Asiens, durch den Inhalt und die Behandlung
des auf ihnen Dargestellten sowie durch die Inschriften die sie
aufweisen erhielt. Wir wollen dem Kommenden nicht vorgreifen
und die Anlage jener Paläste sowie den Inhalt jener Darstellungen
und Inschriften hier nur soweit berücksichtigen, als es die uns
Viertes Hauptstück.
Veränderungen seit Jahrtausenden in jenen Wiegenländern der
Gesittung des Menschengeschlechts dieselben blieben, uns ge-
naueren Aufschluss geben. Sie wären aber trotz ihres verhältniss-
mässig geringen Alters, verglichen mit den Schutthügeln der süd-
lichen Gegenden der Euphratebenen, für uns stumm geblieben,
ja noch weniger als bei letzteren hätte sich von ihrer ursprüng-
lichen Form erhalten, weil die gebrannten Backsteine bei ihrer
Ausführung seltener benutzt wurden als bei der Erbauung jener
ältesten Werke, hätte sich nicht zu dei' Zeit der Entstehung des
neuen Reiches zugleich ein neues Prinzip der Wandbekleidung
entwickelt, wonach ein Stoff dazu in Anwendung kam, der inner-
halb der feuchten Ruinenhaufen und der wieder in Erde aufge-
lösten Luftziegelmauermassen der Verwitterung widerstand. Ohne
die flachen Steintafeln womit dio Räume der assyrischen Paläste
unterhalb bekleidet waren und die, wo sie nicht durch Feuer
zerstört oder durch Menschenhand schon früher entfernt wurden,
sich noch unversehrt an Ort und Stelle erhielten, hätten die Aus-
grabungen höchstens zu der Auffindung einiger Thongeräthe,
bronzener Gegenstände, Steincylinder und dergl. geführt; man
würde sie bald aufgegeben haben- und niemals hätten wir Auf-
schluss über assyrisch-chaldäische Baukunst durch sie erhalten.
Ueberall wo die steinernen Getäfel der Luftziegelwände fehlen,
und nur der geringere Theil der Mauern war auf diese Weise
bekleidet, verlieren wir den Ariadnefaden, der uns durch das
Labyrinth der Gänge führt, die in dem Grundplane eines assyri-
schen Palastes ein für uns so neues und charakteristisches Ele-
ment der architektonischen Anordnung bilden.
Diese Steintafeln, meistens Alabasterplatten, sind daher als
Erhalter der räumlichen Idee die ihren architektonischen Aus-
druck fand schon in architektonologischer Hinsicht und an und für
sich das Wichtigste wozu uns die Nachgrabungen der Botta,
Layard, Loftus, Rassam und anderer geführt haben, abgesehen
von den unschätzbaren Aufschlüssen, welche die allgemeine Kul-
turgeschichte, insbesondere aber die Geschichte jener längst unter-
gegangenen Reiche Asiens, durch den Inhalt und die Behandlung
des auf ihnen Dargestellten sowie durch die Inschriften die sie
aufweisen erhielt. Wir wollen dem Kommenden nicht vorgreifen
und die Anlage jener Paläste sowie den Inhalt jener Darstellungen
und Inschriften hier nur soweit berücksichtigen, als es die uns