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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 1): Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — München: Bruckmann, 1878

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https://doi.org/10.11588/diglit.66814#0434
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Viertes Hauptstück.

durch Metalldraht, der sich durch ein auf der hinteren Fläche jeder
Tafel angebrachtes Ohr hindurchzieht, aneinander und mit dem Stuck
verbunden.
Andre Räume waren ähnlich, aber mit Stücken aus farbigem,
ägyptischem, fälschlich sogenanntem Porzellan, nicht einen Zoll lang, etwas
über einen Zoll breit und nicht konvex, sondern flach, bekleidet. Die
Farben dieser Stücke sind grün, schwarz, roth und purpur.1
Diess ist das älteste Beispiel von Mosaikbekleidung der Wandflächen
und meines Wissens das einzige, welches in Aegypten gefunden worden
ist, daher wohl der ihm hier gewordenen Notiz würdig.

Gräber des alten Reichs.

Die Grabkammern rings um die Pyramidengruppe von Gizeh, zum
Theil von gleich hohem Alterthum wie die Pyramiden, jedenfalls derselben
Kulturperiode Aegyptens angehörig, sind in mehrfacher Beziehung in-
teressant. Sie sind aus gelblich weissen
libyschen Kalksteinquadern massiv aus-
geführt, aber die eigentliche Versteinerung
des Motives der holzverkleideten Lehm-
wand hatte sich bei ihrer Erbauung noch
nicht vollendet. Die Thürstürze sind
kräftige runde Balken aus Stein, die
Decken und vorspringenden Simse bestehen
aus runden Palmstämmen; die Fa^aden
sind ein in Stein skulpirtes Gefüge von
Brettern und Lattenwerk, in Putz genauer
ausgeführt und mit dem grellsten Farben-
wechsel bemalt. So zeigen sie sich in
natura und auf den Darstellungen.2
Der Rückblick auf den ältesten Fapadenschmuck Chaldäas, den
wir schon kennen, zeigt unwiderleglich dessen Verwandtschaft mit dieser


1 Minutoli 1. c. pag. 299 und Tafel XXVIII.
2 Vide Lepsius Briefe und dessen grosses Kupferwerk. Wilkinson II, pag. 115.
Aus dieser Holzbekleidungsnachahmung in Stucco ging dann auch ein Stil der Wand-
dekoration hervor, der ebenfalls in den chaldäischen Wandverzierungen (zu Wurka und
sonst) sich wiederholt, nämlich das Füllungswerk. Siehe die Abbildung eines Hauses
bei Wilkinson, Vol. II, pag. 131-
 
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