Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Thorsculpturen — Ausgrabungen in Sendschirli, 3: Berlin: Druck und Verlag von Georg Reimer, 1902

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.49504#0035
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Bildwerke des äusseren Burgthores.

229

nur als Bosse zu betrachten. Es ist wahrscheinlich, dass die feineren Details erst im Putz
angelegt waren, mit dem man den Stein später bedeckt hatte oder bedecken wollte. Der
Schweif ist erhoben, sein Ende aber abgebrochen, sodass sich nicht mehr erkennen lässt, ob
er etwa als Vogel- oder Schlangenkopf gebildet war. Der Löwenkopf ist ungefähr dem
Kopf dei’ Thorlöwen ähnlich gebildet, aber etwas roher. Einige Sorgfalt ist nur auf den
menschlichen Kopf des Dämons verwandt. Wiederum ist die Nase unförmlich gross und das
kleine Kinn stark zurücktretend. Ganz über jedes Verhältniss gross ist das Auge gebildet.
Der Kopf ist im Verhältniss zum Gesicht sehr klein und mit einer enganliegenden Haube
bedeckt, vorne mit einem kleinen aufgerollten Zipfel. Hinten ist das Haupthaar zu einem
Zopf mit spiralig aufgerolltem Ende geordnet. Den langen Hals umgiebt ein sehr breites
Halsband, an seinem oberen und unteren Rand anscheinend mit Perlen geschmückt.
Auf diesen Orthostaten folgt ein glatter Block und auf diesen einer mit dem Fig. 135
abgebildeten anscheinend nicht ganz vollendeten Relief. Er zeigt einen nach rechts schreiten-
den Mann mit Speer und Schild. Er unterscheidet sich nicht wesentlich von der grösseren
Figur, die Taf. XXXX abgebildet ist, nur trägt er kein Schwert. Völlig anders ist auch
sein Helm behandelt. Dieser scheint unsymmetrisch, etwa kegelförmig, und an der Spitze




Abb. 135.
Orthostaten vom Burgthor. Gruppe 12.

Abb. 134.

mit einer sehr grossen, breiten Quaste versehen zu sein, die scheitelrecht nach abwärts hängt.
Der Schild ist in der Mitte etwas weniger eingezogen, als auf jenem Relief, dürfte aber doch
ursprünglich der gleichen „mykenischen“ Form entsprochen haben.
Auch auf diesen Orthostaten folgt wiederum ein glatter Block, und diesem ein fünfter,
mit dem sicher unvollendeten Relief, das hier Fig. 136 abgebildet ist. Es zeigt eine nach
rechts gewandte, aufrechte Figur, die in einer Hand einen Hasen (?) zu halten scheint. Vom
Gesicht ist so wenig zu erkennen, dass sich nicht einmal sagen lässt, ob dasselbe menschlich
war oder dem des Dämonen hinter dem Thorlöwen glich.
Nach Westen schloss sich an diesen Block noch ein sechster an, glatt und schmucklos,
wie der zweite und vierte Orthostat dieser Reihe.
Damit hat die Beschreibung der Bildwerke des Burgthors ihr Ende erreicht. Ich war
ängstlich bemüht, sie vollkommen objectiv zu halten und habe aus Princip sogar alle Hin-
weise auf mykenische, trojanische und andere Parallelen unterlassen. Selbst wo der sprach-
lichen Verständigung wegen eine Bezugnahme auf „mykenische“ Formen, erwünscht war, wie
bei der Beschreibung des Schildes, habe ich das Wort zwischen Gänsefüsschen gesetzt, um
nur ja den späteren Erörterungen über die richtige Datirung dieser Denkmälergruppe in
keiner Weise vorzugreifen.
Hier habe ich nur noch mitzutheilen, dass alle Reliefs der Osthälfte nach Berlin, die
der Westseite nach Konstantinopel überführt worden sind.
 
Annotationen