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Thorsculpturen — Ausgrabungen in Sendschirli, 3: Berlin: Druck und Verlag von Georg Reimer, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.49504#0008
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F. v. Luschan.

Hingegen soll im folgenden Capitel ein Hauptgewicht auf möglichst zahlreiche Ab-
bildungen gelegt werden, um den objectiven Befund möglichst genau wiederzugeben. Des-
halb schien es auch geboten, neben den nicht immer ganz einwandfreien photographischen
Aufnahmen auch die vollständige Serie von Bleistiftzeichnungen zu reproduciren, welche
Prof. F. Winter 1888 von sämmtlichen Burg- und Stadtthor-Reliefs hergestellt hat. An Ort
und Stelle gezeichnet, haben diese Skizzen den Werth wichtiger Original-Urkunden und ihr
Vergleich mit den Photographien erweist sich vielfach als überaus lohnend und dankbar.
Eine derartige Reproduction von Bleistiftzeichnungen ist allerdings eher ungewöhnlich, aber
sie erschien F. Winter und mir doch richtiger als irgend ein Versuch, die einmal vorhandenen
Vorlagen durch Federzeichnungen zu ersetzen. Hingegen habe ich für die Reliefs des süd-
lichen Stadtthores, deren photographische Aufnahmen als solche zum grössten Theile nicht
reproducirbar waren, meine eigenen schematischen Federskizzen hier auf Taf. XXXIV ver-
einigt, durchaus nicht etwa als Documente für stilistische Einzelheiten, sondern ganz allein
nur um diese ältesten bisher aus Syrien bekannten Bildwerke auf einer Tafel als solche zu-
sammenzufassen. Für die stilistische Eigenart dieser Reliefs verweise ich auf die Tafeln XXXV
und XXXVI, auf denen die beiden nach Berlin gelangten Stücke in grossem Maassstabe
photographisch wiedergegeben sind.
Im Burgthor sind die Orthostaten mit den Reliefs grösstentheils noch in situ gefunden
und in ganzen Reihen photographirt worden. Neben diesen ersten naturgemäss nur in sehr
kleinem Maassstabe gemachten Aufnahmen und neben den WiNTER’schen Zeichnungen sind
einzelne von diesen Reliefs hier auch noch in grösserem Maassstabe reproducirt worden, so
dass von einigen besonders wichtigen oder besonders gut erhaltenen Reliefs hier drei ver-
schiedene Abbildungen gegeben werden. Auch das ist vielleicht ungewöhnlich, aber ich
glaube, dass es zur besseren Kenntniss dieser Bildwerke wesentlich beitragen und deshalb
einer besonderen Rechtfertigung nicht bedürfen wird.
Bildnerische Ausschmückung ist für zwei Thore von Sendschirli einwandfrei gesichert —
für das südliche Stadtthor und für das äussere Burgthor — und für ein drittes, das Thor
der Quermauer, mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen; die Beschreibung wird am besten
mit den zweifellos ältesten Bildwerken, denen des südlichen Stadtthores, beginnen, dann die
des äusseren Burgthores behandeln und mit den jüngsten, die wahrscheinlich dem Thore der
Quermauer angehören, schliessen. Die nachstehende Abhandlung zerfällt also von selbst in
drei Abschnitte, von denen jeder eine nach Fundumständen und Alter von der anderen un-
abhängige Gruppe von Bildwerken zu behandeln hat.
Berlin, December 1901.

A. BILDWERKE DES SÜDLICHEN STADTTHORES.
Dass die Unterstadt von Sendschirli von einem zweifachen nahezu kreisrunden Mauerring
mit etwa 720 m Durchmesser umschlossen ist, darf ich an dieser Stelle wohl als bekannt
voraussetzen; für alle Einzelheiten dieser Anlage verweise ich auf Koldewey’s Abhandlung
S. 107 ff. dieses Werkes. Da ist auch bereits ausführlich gezeigt, wie von den drei grossen
Doppelthoren dieser Mauern das nach Süden zu gelegene weitaus mächtiger angelegt und be-
festigt ist, als die beiden anderen; diese sind auch ohne jeden bildnerischen Schmuck, während
für jenes eine ursprünglich sehr reiche Ausstattung mit Bildwerken angenommen werden muss.
Leider ist gerade dieses Thor sehr schlecht erhalten. Der sonst so harmlose Enteli-
Bach, der noch heute nach starken Gewittern sich an der Nordwestecke der Burg gabelt
und dann einen Theil seines Wassers längs dem Westrande des Burghügels und durch einen
 
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