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Thorsculpturen — Ausgrabungen in Sendschirli, 3: Berlin: Druck und Verlag von Georg Reimer, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.49504#0014
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208

F. v. Luschan.

Unter seinem Kopfe ist ein grosser Pfeil oder ein kurzer Speer dargestellt, ohne dass sich er-
kennen liesse, ob es Absicht des Künstlers gewesen war, dieses Geschoss als durch den Hals
des Thieres hindurch gegangen darzustellen.
Ueber dem Hirsche links von dem zurückgewandten Kopf ist ein deutlicher Hund dar-
gestellt. lebhaft bewegt, mit hohen Hinterbeinen und wie im schnellsten Lauf nach vorne
gestreckten Vorderbeinen. Der Mund ist weit geöffnet, die Ohren nach vorne gerichtet, der
lange Ringelschwanz erhoben.
i. Platte mit einem Hirschen und einem Löwen (vergl. Abb. 101 und Taf. XXXIV i).
Beide Thiere nach rechts schreitend, der Hirsch über dem Löwen, ohne dass die Art des
Zusammenhangs zwischen den beiden Thieren ersichtlich ist. Der Hirsch, ein mächtiger Zehn-
ender, hat das rechte Vorderbein wie im langsamen Gange erhoben. Auch dei' Löwe scheint
langsam zu schreiten; er hat den Rachen weit geöffnet und den kurzen quastenlosen Schwanz
gesenkt. Die Mähne ist nur schwach angedeutet, wie ja auch in Wirklichkeit der vorder-
asiatische Löwe eine nur sehr wenig entwickelte Mähne hat.


B. BILDWERKE DES ÄUSSEREN BURGTHORES.
Auf einer kleinen Fläche von weniger als 200 qm sind hier vierzig mit Reliefs
geschmückte Orthostaten gefunden worden, in situ, in demselben Thorgebäude, in dem
auch die grosse, hier Taf. I abgebildete Sieges-Stele Asarhaddon’s aufgestellt war. Niemals
früher und auch niemals später hat man in Vorderasien eine solche Menge ältester Bildwerke
auf so kleinem Raume zusammengedrängt gefunden, aber auch wohl niemals sonst bietet eine
Reihe von in situ gefundenen Reliefs eine solche Fülle von Schwierigkeiten der Erklärung.
Thatsächlich erscheinen diese Schwierigkeiten gegenwärtig noch fast unüberwindlich;
jedenfalls muss die vorliegende Arbeit sich darauf beschränken, den objectiven Befund mög-
lichst klar festzulegen und muss von vornherein darauf verzichten, sich für eine bestimmte
Erklärung oder auch nur Datirung zu entscheiden. Zu solcher Vorsicht zwingt vor allem
schon die völlige Unsicherheit, in der uns die bisherigen Ausgrabungen über den wirklichen
Zusammenhang zwischen Thor und Burgmauer gelassen haben. Diese Unsicherheit ist schon
auf unserer Taf. XIII zum Ausdrucke gebracht.
Was wir in dieser Frage bisher wirklich wissen, beschränkt sich auf die folgenden
Thatsachen:
1. Die Burg von Sendschirli war mit einer Mauer umgeben, die sehr vielen Er-
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gänzungen und Umbauten unterworfen war und an der durch viele Jahrhunderte hindurch
immer wieder von neuem aufgebaut und zerstört wurde.
2. An einer Stelle, wo in dieser Burgmauer ein Thor vermuthet werden kann, be-
findet sich ein grosser mit Reliefs geschmückter Thorbau.
3. An diesem Thorbau sind mehrfache Spuren von Umbauten, Verstärkungs- und
Erneuerungsarbeiten nachweisbar.
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4. Im Thorhofe war die Siegesstele Asarhaddon’s aufgestellt, sicher aus der Zeit
zwischen 670 und 668 a. Ch.
5. Mehrere Reliefs sind unvollendet; an der Nordseite des Thorbaues finden sich ganz
ungeschmückte Orthostaten zwischen solchen mit Reliefs.
6. Ob die Reliefs im Thorbau thatsächlich in situ stehen oder etwa von anderen
älteren Bauten herrühren, ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Sicher ist nur, dass die
Reliefs an der Stelle, an der sie gefunden wurden, schon gestanden hatten, als das Denkmal
Asarhaddon’s aufgestellt wurde.
 
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