Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Sethe, Kurt [Hrsg.]; Partsch, Josef [Bearb.]
Demotische Urkunden zum ägyptischen Bürgschaftsrechte vorzüglich der Ptolemäerzeit — Leipzig, 1920

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.44567#0777
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
χχχπ.] II. Jur. Teil. II § 16. Rechtl. Bedeut, d. Beitrittserkl. 763
könnte eine der Prasis naheliegende Konstruktion sein, die in
einem Lande nicht verwunderlich wäre, in welchem das griechische
Notariat dieselbe Denkform wirklich für den griechischen Bebaiotes
kannte. Der Rufende könnte dabei deshalb in Anspruch genommen
werden, weil er durch die Erklärung des Beitritts, die nicht er-
füllt wurde, eine unerlaubte Handlung gegen den Gläubiger be-
ging, welcher auf Aufforderung des Rufenden die traditio chartae
entgegengenommen hatte. Aus dem Gesichtspunkte des Deliktes
könnte dann auch die Haftung des „Rufenden“ gegenüber dem an-
geblichen wahren Herrn der Sache zu erklären sein, indem es als
eine unbefugte Einwirkung auf die fremde Sache angesehen wurde,
wenn ein anderer als der Eigentümer ohne dessen Zustimmung
die Beitrittserklärung für die ihm gehörende Sache zu der Ver-
fügung eines Nichtberechtigten gab. Diese Deutung ist allerdings
für unsere bisherige Kenntnis der Rechts Vergleichung deswegen
verdächtig, wrnil sie keine sichere Handhabe dafür böte, daß der
„Rufende“ berechtigt war, anstatt des Vormannes in den Vindi-
kationsprozeß einzutreten. Einleuchtender bleibt jedenfalls die
erste Hypothese.
Für die Erkenntnis des ägyptischen Rechtsgedankens bleibt
es also bei einem ignoramus. Wir wissen nicht, welche Rechts-
auffassung zugrunde liegt, wenn der Rufende aus seiner Beitritts-
erklärung haftbar wird. Aber schon diese Tatsache, daß er haftet,
ist für die Rechtsvergleichung von großer Bedeutung. Man wird
nicht mehr mit der Sicherheit, mit der es eben noch geschah,
davon sprechen können, daß die ähnlichen babylonischen Beitritts-
erklärungen, in welchen eine nicht vertragschließende Person als
„anwesend bei dem Vertragsschlusse“ bezeichnet wird und dabei
seine Einspruchsrechte durch Verschweigung verliert, nur solche
Verschweigungs- und Verzichtswirkung haben.1) Andererseits ist
mit der ägyptischen Beitrittserklärung eine rechtliche Parallele
von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die griechische Be-
baiosis gefunden, für die Eviktionsgarantie, bei welcher der Bebaiotes
durch seine Erklärung zum Mitverkäufer wird oder als „Vize-
verkäufer“ erscheint.

1) So Koschaker, Assyr.-babyl. Bürgschaftsr. 201 ff., dazu Parisch, Gott.
Gel. Anz. 1913, 36.
 
Annotationen