Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Sitzungs-Berichte der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin — 9.1890

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27917#0034
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
vor Augen, dem wir Alteren in persönlicher Liebe
anhangen, alle Fachgenossen aber in dankbarer Ver-
ehrung, weil sie in seinen Fufsstapfen wandeln. Von
Anfang an ein Mann, der seine Person für die
Wissenschaft einsetzte und, durch keine Schwierigkeit
entmutigt, hohen Zielen nachstrebte, hat Eduard
Gerhard zuerst, nach Ruhnkens und Gottfried Her-
manns Vorgänge die Verskunst alexandrinischer Poeten
erforscht und dann aus der Göttinger Bibliothek für
Böckhs Pindar das Wertvolle alter Scholien aus ver-
gilbten Handschriften hervorgesucht. Bei dieser müh-
seligen Arbeit fühlte er 1822 seine Sehkraft er-
matten und nervenkrank mufste er Italien aufsuchen,
um neue Jugendfrische zu gewinnen. Wunderbar be-
währte sich sein schöner Wahlspruch: ‘Der dich ver-
wundete, wird dich auch heilen’; denn als er 2 Jahre
später nach Italien zurückkehrte, war es nicht zum
Ausruhen, sondern um einen Beruf anzutreten, der
seinem Leben einen neuen Inhalt gab. Denn statt
der einsamen Bücherstube waren es die Kunstschätze
Roms, an denen er sich aufrichtete und den Ent-
schlufs fafste, ihrer methodischen Verwertung seine
Kräfte zu widmen.

Die Zeit konnte nicht günstiger sein. Es war
eine Epoche in der Wiederentdeckung des Altertums,
die ihre Geschichte hat, so gut wie die Entdeckung
der neuen Welt, und an einem Tage wie dem heuti-
gen ziemt es wohl, an den grofsen Zusammenhang zu
erinnern, in welchem das, was wir heute treiben, mit
vergangenen Zeiten steht.

Nachdem einst in blutigen Völkerkriegen der Ver-
such gemacht war, den Orient wieder an das Abend-
land zu binden, kam die Zeit friedlicher Eroberung.
Ein dunkles Gefühl tauchte auf, dafs eine volle
Geistesbildung ohne Kenntnis und Verständnis des in
weitzerstreuten Denkmälern bezeugten Altertums un-
 
Annotationen