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Stuttgarter Mitteilungen über Kunst und Gewerbe — 1904-1905

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Die Kunst im württembergischen Buchgewerbe: nach der Ausstellung des Jahres 1904
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https://doi.org/10.11588/diglit.6370#0043
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Kautzsch, wurde, gilt auch hier: es handelt sich darum, neue Zusammenstellungen von
Die Kunst Farben in Leder, Leinwand und Papier zu finden, die Verhältnisse gut abzu-
im württ. wägen, gute Schriften in vernünftig gruppierten Sätzen anzuwenden und somit
Buch- dem Ganzen ein sorgfältig erwogenes, individuelles Gepräge zu geben. Wer

gewerbe. einmal das Reizvolle solcher Bemühungen an sich erfahren hat, der wird all-
mählich gern weiter gehen und sich einen Buchbinder suchen, der imstande
ist, auch einmal eine reichere Dekoration in Gold an einem Ganzlederband
auszuführen.

Ueber die eigentliche Kunstbuchbinderei hier zu sprechen, bietet die Aus-
stellung zu wenig Gelegenheit. Die technisch gewiß sehr sorgfältig und sauber
ausgeführten Arbeiten mehrerer Firmen, die ich gesehen habe, geben noch
kein Bild, von dem aus man ohne weiteres auf den Gesamtzustand der Kunst-
buchbinderei in Stuttgart schließen darf. Zweifellos wird hier noch mehr,
vielleicht auch noch reicheres in dieser Richtung gearbeitet. Ich sehe deshalb
von einer eingehenderen Besprechung des Kapitels ab. Nur das eine darf
ich vielleicht einfließen lassen, daß ich nach Erfahrungen, die ich anderwärts
gemacht habe, unter dem Eindruck stehe, als ob man auch im Gebiet des
Kunstbandes leicht zu viel will, und dabei das Buch mit einer sehr oft zweifel-
haften Ornamentik überlädt, als ob das Ornament die Hauptsache wäre und
nicht der Charakter der Buchdecke, die man mit wenigen Mitteln doch eben
nur schmücken sollte. Einen sehr schönen älteren Gedanken hat Pankok
wieder aufgegriffen: er setzt sein Monogramm in Gold auf das Buch (ich
frage mich allerdings: warum auf den Rücken?); ähnliche Versuche finden
wir in der kleinen gewählten Gruppe der von Baldingerschen Sammlung. Es
gibt Einbände englischer Bücherfreunde des 18. Jahrhunderts, Ganzlederbände,
die keinen anderen Schmuck tragen, als das Wappen des Besitzers in Gold
auf dem Vorderdeckel und die Titelschrift auf dem Rücken. Wie weit ist
der allgemeine Geschmack von solcher vornehmen Einfachheit noch entfernt!

Ich bin am Ende. Der Gesamteindruck, den ich von den ausgelegten Büchern
erhalten habe, ist nicht unbedingt erfreulich. Die Ausstellung allerdings, so
wie sie sich heute dem Betrachter bietet, wirkt weit günstiger: sie zeigt die
Bücher je von ihrer vorteilhaftesten Seite. Meine Aufgabe aber war, jedes
Buch als ein Ganzes für sich zu würdigen. Und da verschiebt sich das Bild
einigermaßen.

Diese Tatsache überrascht, wenn man daran denkt, daß Stuttgart technisch
wie künstlerisch wohl in der Lage wäre, Ausgezeichnetes zu bieten. Das
württembergische Buchgewerbe verfügt über Schriftgießereien und Druck-
anstalten, über Reproduktionswerkstätten verschiedenster Art und von so
ausgezeichnetem Rufe, daß man das Beste erwarten dürfte. Aber Stutt-
gart verfügt auch über künstlerische Kräfte. Nicht nur daß es graphische

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