Bernh. Pankok in Stuttgart, Fratzen an der Vertäfelung
des Mnsikzimmers der "Weltausstellung in St. Louis.
Ausgeführt von der Stuttgarter
Möbelfabrik Georg Schöttle.
uns in Deutschland für die künstlerisch unproduktive, rein technische Arbeit der Er-
gänzung und des Ausbaues mittelalterlicher Kirchen ausgegeben worden sind, wenn
man sich erinnert, daß in Stuttgart sogar der Plan bestanden hat, das alte Lusthaus an
der alten Stelle für einige Millionen neu wiederaufzubauen, dann muß man sich wirklich
sagen: Was könnte mit diesen Mitteln alles für die moderne Kunst getan werden!
Wieviele wirklich künstlerische Neubauten in modernem Stil, wieviele Ausstattungen
öffentlicher Gebäude mit modernen Möbeln, modernen Glasgemälden, Dekorations-
malereien usw. hätten bei jungen schaffenskräftigen Künstlern bestellt werden können!
Alle diese Summen sind der modernen schöpferischen Kunst verloren gegangen oder
sollten ihr verloren gehen, "Warum? "Weil die maßgebenden Kreise, die eigentlich
Kunstverständigen, mit verbundenen Augen an den gesunden und zukunftsreichen
Keimen der modernen Kunst vorübergehen, die nun einmal gepflegt und gefördert
sein wollen, wenn sie nicht zugrunde gehen, in ihrem Entstehen geknickt werden
sollen. Denn es muß leider auch hier wieder betont werden, daß die einflußreichsten
Leute, das heißt diejenigen, die die Hand auf dem Beutel haben, die die Gelder der
Steuerzahler verwalten, der modernen Bewegung fast durchweg feindlich gegenüber-
stehen. Auf diesen Punkt muß einmal öffentlich der Finger gelegt werden, damit
die vielen Tausende, die mit der modernen Bewegung sympathisieren, wissen, woher
es kommt, daß diese nicht vorwärts schreitet, daß unsere staatliche Architektur
sich zum Teil noch immer in den Kreisen eines öden Formalismus bewegt, daß die
eigentlich schöpferischen Kräfte unter unseren jungen Künstlern an die großen monu-
mentalen Aufgaben überhaupt nicht herangelassen werden.
In diesen Kreisen ist es beliebt, die neue Richtung als eine ..Mode", xind zwar als
eine barocke, geschmacklose Mode zu bezeichnen. Nun, eine Bewegung, die in
Deutschland seit nahezu einem Jahrzehnt, in England seit mehreren Jahrzehnten
besteht, immer noch als Mode zu bezeichnen, ist zum mindesten originell. Moden
pflegen eine solche Dauer sonst nicht zu haben. Dekorative Künstler wie Morris,
Crane, van de Velde, Obrist, Eckmann, Pankok, Behrens, Riemerschmid, Paul usw.
sind oder waren zwar Künstler von verschieden starker und verschiedenartiger Be-
gabung. Aber Modefexe, greisenhafte Dekadents, deren barocke Einfälle nächstens
von der Bildfläche verschwinden werden, sind sie wahrlich nicht. Dazu dauert ihre
Arbeit denn doch zu lange und hat in zu weiten Kreisen "Wurzel geschlagen. Und
auch abgesehen davon, ihr Streben nach neuen Formen ist nicht nur innerlich berechtigt,
sondern sogar historisch notwendig. "Was ist es denn, was man dagegen einwendet?
In erster Linie behauptet man, daß es unmöglich sei, einen neuen Stil zu erfinden.
Das habe schon der König Maximilian II. von Bayern seinen Künstlern aufgetragen,
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des Mnsikzimmers der "Weltausstellung in St. Louis.
Ausgeführt von der Stuttgarter
Möbelfabrik Georg Schöttle.
uns in Deutschland für die künstlerisch unproduktive, rein technische Arbeit der Er-
gänzung und des Ausbaues mittelalterlicher Kirchen ausgegeben worden sind, wenn
man sich erinnert, daß in Stuttgart sogar der Plan bestanden hat, das alte Lusthaus an
der alten Stelle für einige Millionen neu wiederaufzubauen, dann muß man sich wirklich
sagen: Was könnte mit diesen Mitteln alles für die moderne Kunst getan werden!
Wieviele wirklich künstlerische Neubauten in modernem Stil, wieviele Ausstattungen
öffentlicher Gebäude mit modernen Möbeln, modernen Glasgemälden, Dekorations-
malereien usw. hätten bei jungen schaffenskräftigen Künstlern bestellt werden können!
Alle diese Summen sind der modernen schöpferischen Kunst verloren gegangen oder
sollten ihr verloren gehen, "Warum? "Weil die maßgebenden Kreise, die eigentlich
Kunstverständigen, mit verbundenen Augen an den gesunden und zukunftsreichen
Keimen der modernen Kunst vorübergehen, die nun einmal gepflegt und gefördert
sein wollen, wenn sie nicht zugrunde gehen, in ihrem Entstehen geknickt werden
sollen. Denn es muß leider auch hier wieder betont werden, daß die einflußreichsten
Leute, das heißt diejenigen, die die Hand auf dem Beutel haben, die die Gelder der
Steuerzahler verwalten, der modernen Bewegung fast durchweg feindlich gegenüber-
stehen. Auf diesen Punkt muß einmal öffentlich der Finger gelegt werden, damit
die vielen Tausende, die mit der modernen Bewegung sympathisieren, wissen, woher
es kommt, daß diese nicht vorwärts schreitet, daß unsere staatliche Architektur
sich zum Teil noch immer in den Kreisen eines öden Formalismus bewegt, daß die
eigentlich schöpferischen Kräfte unter unseren jungen Künstlern an die großen monu-
mentalen Aufgaben überhaupt nicht herangelassen werden.
In diesen Kreisen ist es beliebt, die neue Richtung als eine ..Mode", xind zwar als
eine barocke, geschmacklose Mode zu bezeichnen. Nun, eine Bewegung, die in
Deutschland seit nahezu einem Jahrzehnt, in England seit mehreren Jahrzehnten
besteht, immer noch als Mode zu bezeichnen, ist zum mindesten originell. Moden
pflegen eine solche Dauer sonst nicht zu haben. Dekorative Künstler wie Morris,
Crane, van de Velde, Obrist, Eckmann, Pankok, Behrens, Riemerschmid, Paul usw.
sind oder waren zwar Künstler von verschieden starker und verschiedenartiger Be-
gabung. Aber Modefexe, greisenhafte Dekadents, deren barocke Einfälle nächstens
von der Bildfläche verschwinden werden, sind sie wahrlich nicht. Dazu dauert ihre
Arbeit denn doch zu lange und hat in zu weiten Kreisen "Wurzel geschlagen. Und
auch abgesehen davon, ihr Streben nach neuen Formen ist nicht nur innerlich berechtigt,
sondern sogar historisch notwendig. "Was ist es denn, was man dagegen einwendet?
In erster Linie behauptet man, daß es unmöglich sei, einen neuen Stil zu erfinden.
Das habe schon der König Maximilian II. von Bayern seinen Künstlern aufgetragen,
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