K. Lange,
Bernhard
Pankok.
sonders die Lösung der Seitenwangen-
linie und der Pedalriegel vorbildlich ist,
während die Intarsien des Deckels nach
meinem Geschmack die Fläche zu gleich-
mäßig bedecken. Die ungeheure Ueppig-
keit der technischen Ausführung in diesem
Räume, die seine Kosten etwa auf die eines
normalen "Wohnhauses hinaufgeschraubt
hat, erklärt sich daraus, daß derselbe da-
zu dienen sollte, die technische Leistungs-
fähigkeit der württembergischen, speziell
der Stuttgarter Industrie den Amerikanern
vor Augen zu führen, und man muß zu-
geben, daß diese Absicht auch in vollem
Maße erreicht ist. Die alten guten tech-
nischen Traditionen des "Württembergi-
schen Handwerks verbinden sich hier mit
dem Phantasiereichtum der neuen Kunst
zu einer unvergleichlichen Gesamtwirkung,
die für die Zukunft die besten Hoffnungen
erweckt. Ich zweifle durchaus nicht da-
ran, daß derartige Schöpfungen in etwa
100 Jahren, wenn man die Bedeutung der
gegenwärtig bestehenden Bewegung völlig
erkannt haben wird, eine ähnliche histo-
rische Wertung finden werden wie die
besten Schöpfungen der sogenannten
„hohen" Kunst der Renaissance. Und ich
beneide jeden, der wie Obrist in der Lage
ist, sich derartige künstlerische Glanz-
leistungen während der kurzen Zeit zu
kaufen, die diese Blüte des modernen
Kunsthandwerks voraussichtlich dauern
wird. All diese reicheren Räume von
Pankok haben in hohem Grade das, was
den Reiz der dekorativen Kunst neben der
organischen Belebung der Materie in erster
Linie ausmacht, nämlich Stimmung. Und
es ist ganz erstaunlich, wie der Künstler
besonders durch die Farbenwahl dem
Charakter der Räume, die er ausstatten
soll, gerecht zu werden weiß. Man ver-
gleiche in dieser Beziehung etwa das
schwarze Schlafzimmer (jetzt im Besitze
von Professor Krüger), das den Charakter
der Nacht und des finsteren Schweigens
schon durch seine Farbenwahl in fast un-
heimlicher "Weise ausspricht, mit den
zarten und hellen Tönen des Dresdener
Zimmers, das die heitere und tändelnde Eleganz der modernen Damenwelt wieder-
spiegelt, und diese wieder mit den derben etwas bäurischen Farbenkontrasten an
meinem Hause, dem der Typus des Schwarzwälder Bauernhauses zugrunde gelegt ist.
Nirgends ein konventionelles Schema der Farbenwahl, überall vielmehr ein verständ-
nisvolles Eingehen auf den jeweiligen Charakter des zu verzierenden Objekts.
Es hieße aber Pankoks Bedeutung als Künstler unterschätzen, wenn man ihn ledig-
lich als Ausstattungskünstler, als Dekorateur oder Möbelzeichner würdigen wollte.
Schon im Kunstgewerbe selbst ist er vielseitiger als die meisten seiner Berufsgenossen.
Er hat ebenso wie Holzmöbel auch textile Arbeiten entworfen, geknüpfte Teppiche,
Bernhard Pankok in Stuttgart, Notenschrank. Ausgeführt von
der Pianofortefabrik Schiedmayer in Stuttgart mit Elfenbein-
einlagen von B. Rudolph, Elfenbeinschnitzerei in Stuttgart.
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Bernhard
Pankok.
sonders die Lösung der Seitenwangen-
linie und der Pedalriegel vorbildlich ist,
während die Intarsien des Deckels nach
meinem Geschmack die Fläche zu gleich-
mäßig bedecken. Die ungeheure Ueppig-
keit der technischen Ausführung in diesem
Räume, die seine Kosten etwa auf die eines
normalen "Wohnhauses hinaufgeschraubt
hat, erklärt sich daraus, daß derselbe da-
zu dienen sollte, die technische Leistungs-
fähigkeit der württembergischen, speziell
der Stuttgarter Industrie den Amerikanern
vor Augen zu führen, und man muß zu-
geben, daß diese Absicht auch in vollem
Maße erreicht ist. Die alten guten tech-
nischen Traditionen des "Württembergi-
schen Handwerks verbinden sich hier mit
dem Phantasiereichtum der neuen Kunst
zu einer unvergleichlichen Gesamtwirkung,
die für die Zukunft die besten Hoffnungen
erweckt. Ich zweifle durchaus nicht da-
ran, daß derartige Schöpfungen in etwa
100 Jahren, wenn man die Bedeutung der
gegenwärtig bestehenden Bewegung völlig
erkannt haben wird, eine ähnliche histo-
rische Wertung finden werden wie die
besten Schöpfungen der sogenannten
„hohen" Kunst der Renaissance. Und ich
beneide jeden, der wie Obrist in der Lage
ist, sich derartige künstlerische Glanz-
leistungen während der kurzen Zeit zu
kaufen, die diese Blüte des modernen
Kunsthandwerks voraussichtlich dauern
wird. All diese reicheren Räume von
Pankok haben in hohem Grade das, was
den Reiz der dekorativen Kunst neben der
organischen Belebung der Materie in erster
Linie ausmacht, nämlich Stimmung. Und
es ist ganz erstaunlich, wie der Künstler
besonders durch die Farbenwahl dem
Charakter der Räume, die er ausstatten
soll, gerecht zu werden weiß. Man ver-
gleiche in dieser Beziehung etwa das
schwarze Schlafzimmer (jetzt im Besitze
von Professor Krüger), das den Charakter
der Nacht und des finsteren Schweigens
schon durch seine Farbenwahl in fast un-
heimlicher "Weise ausspricht, mit den
zarten und hellen Tönen des Dresdener
Zimmers, das die heitere und tändelnde Eleganz der modernen Damenwelt wieder-
spiegelt, und diese wieder mit den derben etwas bäurischen Farbenkontrasten an
meinem Hause, dem der Typus des Schwarzwälder Bauernhauses zugrunde gelegt ist.
Nirgends ein konventionelles Schema der Farbenwahl, überall vielmehr ein verständ-
nisvolles Eingehen auf den jeweiligen Charakter des zu verzierenden Objekts.
Es hieße aber Pankoks Bedeutung als Künstler unterschätzen, wenn man ihn ledig-
lich als Ausstattungskünstler, als Dekorateur oder Möbelzeichner würdigen wollte.
Schon im Kunstgewerbe selbst ist er vielseitiger als die meisten seiner Berufsgenossen.
Er hat ebenso wie Holzmöbel auch textile Arbeiten entworfen, geknüpfte Teppiche,
Bernhard Pankok in Stuttgart, Notenschrank. Ausgeführt von
der Pianofortefabrik Schiedmayer in Stuttgart mit Elfenbein-
einlagen von B. Rudolph, Elfenbeinschnitzerei in Stuttgart.
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