E. Haenel,
Die Aus-
stellung in
Dresden.
der das wilde Treiben
heraufbeschworen.
so wie die „Maschi-
nenhalle", Späteren ein-
mal als Beispiel dienen
können, bis zu wel-
chem Radikalismus die
Kunst des beginnenden
20. Jahrhunderts in ih-
rem Streben gelangen
konnte, die wirkenden
Das Stück Sozialismus,
das in Grethes Monu-
mentalausschnitten aus
dem Hamburger Hafen
steckt, finden wir auch
in Hermann Pleuers
Arbeiten wieder. Der
., Ausfahrende Zug " (Ab-
bild. S. 174) wird, eben-
Georg Lebrecht in Stuttgart, Neckarlandschaft. Farbige Zeichnung. Aufnahme von
K. Tamme in Dresden.
Kräfte der eigenen Zeit in sich aufzunehmen und zu verarbeiten. Von den
beiden Bildern wird die ..Maschinenhalle'' am ehesten ermüden. Dem zügel-
losen Aufwand an Farbenmassen entspricht keineswegs die farbige Durch-
bildung: eine sehr geschickte, handfeste Augenblickskizze, nicht mehr. Auch
in dem größeren Bild drängt sich die Oelfarbe, als Material, noch zu stark
vor. Aber hier zwingt der, wie von einem Kinematographen erjagte Gegen-
stand die Malerei förmlich zu diesem Draufgängertum, das mit dem simpeln
Haarpinsel und seiner herkömmlichen Hantierung kaum mehr etwas zu tun
zu haben scheint. Nach Feinheiten darf man auch hier nicht suchen. Das
Leben, das sich so äußert, ist brutal wer ihm wagt, zu Leibe zu rücken,
der muß harte Fäuste und eiserne Knochen haben. Man denke: was würde
der treffliche Schasler z. B. oder irgend ein andrer der Aesthetiker aus der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu solchem Problem geäußert haben!
Glücklich wir, die wir nur ein Paar gesunder Augen bedürfen, um zu sehen,
daß die Natur auch dann zur Bewunderung hinreißen kann, wenn sie nicht
„in geläuterten Erscheinungsformen einen Inhalt voll edlerer Poesie'' bietet,
sondern wenn sie mit williger Hand dem Tätigen den Siegespreis über die
dumpfen Gewalten ihres Inneren darreicht.
Pleuer, dem Spezialisten, steht Pötzelberger als ein Talent von wunder-
barer Vielseitigkeit gegenüber. Aber in den Landschaften, die er malt, wie
in den Menschen, die er modelliert, entzückt der eine liebenswürdige Zug
einer zarten und schönheitsfreudigen Phantasie, die im Kleinen tätig ist und
aus der scheinbaren Beschränktheit des Umkreises die Mittel zu nachhaltiger
Wirkung zieht. Die Bodenseelandschaft (Abb. S. 175) mag, dem Format nach,
unter den Werken der anderen verschwinden. Wer sich aber einmal in dies
Fleckchen Wasser und Erde hineingesehen hat, dem werden die Reize des
Bildes aufblühen wie ein Selbsterlebtes. Nicht nur der Blick von oben ist
es, der den roten Dächern, dem silbergrauen Wasser mit dem weißen Segel
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Die Aus-
stellung in
Dresden.
der das wilde Treiben
heraufbeschworen.
so wie die „Maschi-
nenhalle", Späteren ein-
mal als Beispiel dienen
können, bis zu wel-
chem Radikalismus die
Kunst des beginnenden
20. Jahrhunderts in ih-
rem Streben gelangen
konnte, die wirkenden
Das Stück Sozialismus,
das in Grethes Monu-
mentalausschnitten aus
dem Hamburger Hafen
steckt, finden wir auch
in Hermann Pleuers
Arbeiten wieder. Der
., Ausfahrende Zug " (Ab-
bild. S. 174) wird, eben-
Georg Lebrecht in Stuttgart, Neckarlandschaft. Farbige Zeichnung. Aufnahme von
K. Tamme in Dresden.
Kräfte der eigenen Zeit in sich aufzunehmen und zu verarbeiten. Von den
beiden Bildern wird die ..Maschinenhalle'' am ehesten ermüden. Dem zügel-
losen Aufwand an Farbenmassen entspricht keineswegs die farbige Durch-
bildung: eine sehr geschickte, handfeste Augenblickskizze, nicht mehr. Auch
in dem größeren Bild drängt sich die Oelfarbe, als Material, noch zu stark
vor. Aber hier zwingt der, wie von einem Kinematographen erjagte Gegen-
stand die Malerei förmlich zu diesem Draufgängertum, das mit dem simpeln
Haarpinsel und seiner herkömmlichen Hantierung kaum mehr etwas zu tun
zu haben scheint. Nach Feinheiten darf man auch hier nicht suchen. Das
Leben, das sich so äußert, ist brutal wer ihm wagt, zu Leibe zu rücken,
der muß harte Fäuste und eiserne Knochen haben. Man denke: was würde
der treffliche Schasler z. B. oder irgend ein andrer der Aesthetiker aus der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu solchem Problem geäußert haben!
Glücklich wir, die wir nur ein Paar gesunder Augen bedürfen, um zu sehen,
daß die Natur auch dann zur Bewunderung hinreißen kann, wenn sie nicht
„in geläuterten Erscheinungsformen einen Inhalt voll edlerer Poesie'' bietet,
sondern wenn sie mit williger Hand dem Tätigen den Siegespreis über die
dumpfen Gewalten ihres Inneren darreicht.
Pleuer, dem Spezialisten, steht Pötzelberger als ein Talent von wunder-
barer Vielseitigkeit gegenüber. Aber in den Landschaften, die er malt, wie
in den Menschen, die er modelliert, entzückt der eine liebenswürdige Zug
einer zarten und schönheitsfreudigen Phantasie, die im Kleinen tätig ist und
aus der scheinbaren Beschränktheit des Umkreises die Mittel zu nachhaltiger
Wirkung zieht. Die Bodenseelandschaft (Abb. S. 175) mag, dem Format nach,
unter den Werken der anderen verschwinden. Wer sich aber einmal in dies
Fleckchen Wasser und Erde hineingesehen hat, dem werden die Reize des
Bildes aufblühen wie ein Selbsterlebtes. Nicht nur der Blick von oben ist
es, der den roten Dächern, dem silbergrauen Wasser mit dem weißen Segel
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