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Stuttgarter Mitteilungen über Kunst und Gewerbe — 1904-1905

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Haenel, Erich: Der Stuttgarter Künstlerbund auf der Dresdener Kunstausstellung 1904
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https://doi.org/10.11588/diglit.6370#0201
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E. Haenel,
Die Aus-
stellung in
Dresden.

Ernst Gabler in Stuttgart, Der Radierer. Nach Photographie von
R. Tamme in Dresden.

einer sorgfältigen Verschmelzung
der Halbtöne, die bei längerem
Zusehen dann wieder zu eige-
nem, charakteristischem Leben er-
wachen. Eine intensive persönliche
Note besitzen die Bilder Amandus
Faures. Die Romantik liegt hier
nicht nur in dem Gegenstand, dem
Leben der fahrenden Leute, son-
dern mehr noch in dem Vortrag,
der bald an den Ton von Bildern
erinnert, die zu unserer Großväter
Zeiten bewundert wurden, bald
die Ausdrucksmittel des unab-
hängigsten Impressionismus heran-
zieht. ..Eine Glanznummer" (Abb.
S. 178) : wie der Kerl sich auf
dem hohen Turmseil seiner Un-
aussprechlichen entledigt zum gro-
tesken Jubel des Clowns unten,
von dem nervösen, unsoliden Licht
der Manege umflimmert, wie in
der Masse der Zuschauer die Er-
regung ihre Wellen schlägt: halb
ist es Karrikatur, halb Beleuch-
tungsstudie, aber auf alle Fälle ein Brocken Originalität. So unbeholfen
auch in dem größeren Gemälde ..Nach Schluß der Vorstellung'' das
Figürliche ist, gerade der Mangel an Routine berührt erfrischend, wo die
Stimmung der Scene als Ganzes mit solch unverfälschter Kraft erfaßt ist.
Carl Hofers ..Rothaarige mit Katze" war in Dresden schon aufgehängt, sie
ist auf der Gesamtansicht auch sichtbar, als das Schicksal eingriff und das
Bild in die Münchner Sezession entführte, wo es als malerische Leistung in
kurzer Zeit den höchsten Kurs erreicht hat. War es etwa eine übergewissen-
hafte Sittenkommission, die den glänzend gemalten Akt verbannte? Was Hofer
kann, zeigt der ..Kastanienbaum'' (Abb. S. 191), der an der Rothaarigen Stelle
getreten ist. Das ist in der Tat ein Individuum von Baum, kraftstrotzend
und selbstbewußt auf seiner Höhe, von der das Auge weit über die grünen
Lande geht. Breite Flächen ungebrochener Farbe liegen nebeneinander; da ist
nichts geschummert und nichts gewischt, die helle Gesundheit lacht aus dem
Blättergrün, aus der sonnigen Bläue des Sommerhimmels. Vor Heinrich
Nauens Landschaften wird man nicht so leicht warm. Da ist ein ..Frühlings-
abend", bei dem die Beleuchtung zu manchen Bedenken Anlaß gibt. Daß
Hans Thoma Pate gestanden hat, wäre ja kein schlechtes Zeichen, wenn die
Naturbeobachtung dabei den Eindruck größerer Unmittelbarkeit machte.
Leglers ,,Fränkische Landschaft" erscheint, wenn auch in keiner Weise be-
deutend, doch reifer empfunden und auch die Malerei befriedigt mehr. Georg
Greve bringt einmal ein „Mädchen vor dem Spiegel", das nicht ohne Reiz
durchgeführt ist, was die Wiedergabe der doppelten Lichtquelle anlangt, und

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