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Stuttgarter Mitteilungen über Kunst und Gewerbe — 1904-1905

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Haenel, Erich: Der Stuttgarter Künstlerbund auf der Dresdener Kunstausstellung 1904
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https://doi.org/10.11588/diglit.6370#0202
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einen sehr sympathischen Blick
durch ein Fenster auf eine son-
nige Landschaft mit rötlich schim-
mernden Dächern. A. Eckeners
..Kühe auf der Weide" (Abb.
S. 179) sind mit breiter flächiger
Technik energisch hingesetzt. In
Carl Caspars Bildnis spricht
eine gewisse Schlichtheit der Cha-
rakterisierung an, die durch das
sehr bestimmte, aber etwas krei-
dige Kolorit noch verstärkt wird;
desselben Künstlers .,Frühling" ist
über die ziemlich spröde Akt-
studie nicht hinausgekommen. Mit
dem Prädikat .,gut" schlechthin
darf Ernst Gablers ..Radierer"
bedacht werden (Abb. S. 188).
Eine höchst gesunde, ungekün-
stelte Malerei wie diese, die sich
ihrer Mittel und ihrer Grenzen
bewußt ist, trifft man leider nur
noch selten bei den Jüngeren.
Auf der Suche nach einem deko-
rativen Stil ist Ulrich Nitschke
ungefähr zwischen Puvis de Chavannes und Ferdinand Hodler gelandet (Abb.
S. 180). Aber es wäre vielleicht besser, wenn der Künstler, bevor er weiter-
geht, dem Studium des menschlichen Körpers noch einige Aufmerksamkeit
zuwendete. Daß Pankok den Zusammenhang mit der Malerei nicht verloren
hat, haben seine Fresken im Eheschließungszimmer zu Dessau kürzlich zu
Mancher Erstaunen bewiesen. Sein Selbstporträt (Abb. S. 182) fesselt ebenso
wie die kleine sonnige Landschaft (Abb. S. 180) durch die Energie der Mache,
die Farbe und Zeichnung gleichmäßig durchdringt.

Die Zeit, wo an den Akademien in den absolutistischen Kunststädten
Kunst gelehrt und geschaffen wurde, wie an den kleinen deutschen Universi-
täten Wissenschaft gelehrt und geschaffen wird, außerhalb des Wellenschlages
der Zeit, liegt heute weit zurück. Die Entwicklung der jüngstverflossenen
Jahre hat besonders in Süddeutschland den Akademien wieder den Zu-
sammenhang mit dem Leben geschenkt, nicht nur dadurch, daß um ihre Sitze
das wirtschaftliche und nationale Leben sich stärker zu konzentrieren begann,
sondern vor allem auch durch das Heranziehen einer Reihe unabhängiger und
fortschrittlicher Meister. Einen Gegensatz zu konstruieren zwischen staatlich
geprüfter und autorisierter und ..freier" Kunst wird auch in Stuttgart nie-
mandem mehr einfallen. Wie Kalckreuth und Grethe, die unsern Zug eröff-
neten, sind auch Speyer und Haug Lehrer an der Akademie der bildenden
Künste. Speyer ist als Pferdemaler, besonders durch einen temperament-
vollen Schimmel, der in Kavallerieattacken die Tete zu bilden pflegte, seit
langem bekannt. Man irrt wohl nicht, wenn man in diesem Schimmel auch

E. Haenel,
Die Aus-
stellung in
Dresden.

Robert Pötzelberger in Stuttgart, Gaul in der Schwemme.

189
 
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