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Stuttgarter Mitteilungen über Kunst und Gewerbe — 1904-1905

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Haenel, Erich: Der Stuttgarter Künstlerbund auf der Dresdener Kunstausstellung 1904
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https://doi.org/10.11588/diglit.6370#0204
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dern der Patriotismus des Opfermutes
und der schweigenden Selbstlosigkeit.
Dabei ist er jedoch nicht passiv, son-
dern wird im Prasseln der Kugeln, im
wilden Tanz des Todes erst hin-
reißend und groß. Bilder aber wie
die ..Preußen bei Möckern" würden
trotz der fabelhaft echten historischen
Stimmung, trotz der grandiosen Lei-
denschaft, die durch die Komposition
flutet, nicht so unmittelbar zu unserem
Empfinden sprechen, wenn die rein
künstlerischen Werte nicht das Reifste
darstellten, was an realistischem Malen-
Können unsere Zeit zu leisten vermag.
Neben Menzels Wiederbelebungen der
friedericianischen Epoche müssen die
Arbeiten Haugs als die einzigen Kunst-
werke genannt werden, die einen der
denkwürdigsten Ausschnitte unserer
Vergangenheit auch dem Empfinden des modernen Menschen mit unauslösch-
lichen Zügen eingeprägt haben*.

Karl Hofer in Stuttgart, Kastanienbauni.

R. Tamme in Dresden.

Aufnahme von

E. Haenel,
Die Aus-
stellung in
Dresden.

uch in der graphischen Abteilung, die in den bekannten Räumen
zur Rechten des Hauptsaales untergebracht ist, nehmen die Stutt-
garter keinen unwürdigen Platz ein. Außer den Arbeiten von Mit-
gliedern des Künstlerbundes sind hier einige Stuttgarter Künstler
vertreten, die auf unmittelbare Einladung der Ausstellungsleitung
ihre Werke gesandt haben. Zum Teil gehören die Herren zu den
erbittertsten Antagonisten des Künstlerbunds; hier hängen ihre Werke fried-
lich beieinander. Hoffen wir, wenn wir sie auch hier zusammen besprechen,
daß dadurch der erste Balken für eine Brücke zwischen den feindlichen Lagern
der doch kleinen Stadt gelegt wird. - Auf Kalckreuths Radierungen konnte
schon hingewiesen werden; die Schlichtheit des Naturbildes, die Unbefangen-
heit der Technik haben sie mit den Aquarellen gemein. Felix Hollenberg,
der, wie hier ausdrücklich nochmals hervorgehoben sei, nicht zum Künstler-
bund gehört, hat auf Einladung der AussteHnngs-Kommission einige hervor-
ragend schöne radierte Landschaften ausgestellt. Seine Zeichnung ist von
größter Sorgfalt und Delikatesse, ohne ins Kleinliche zu verfallen. Wenn er
die majestätischen Ruinen der Reichsfeste Trifels schildert und den Zügen der
Verwitterung in dem hochgetürmten Gestein nachgeht, so vergißt er daneben
nicht, bei den durcheinandergeschobenen Dächern des Städtchens in der Tiefe
jede Ueberschneidung, jede leiseste Differenzierung von Licht und Schatten
wiederzugeben. Sein Auge entdeckt auch dort noch Form und Ausdruck, wo
dem flüchtigen Blick Licht und Schatten in Eines zusammengehen, und mit der
Gewissenhaftigkeit eines alten Meisters versenkt er sich in die Wunder einer

* Das Reproduktionsrecht dieses Gemäldes ist verkauft, ein Klischee konnte uns nicht überlassen
werden, weshalb wir leider eine Abbildung nicht geben können.

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