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Stuttgarter Mitteilungen über Kunst und Gewerbe — 1904-1905

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Wolter, Franz: Die freie Vereinigung württembergischer Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.6370#0218
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F. Wolter,
Freie Ver-
einigung
Württbg.
Künstler.

Hermann Drück in Stuttgart, Mondaufgang.

der anderen aus. Das
eine bekämpft das an-
dere. Wenn man darob
die Tannen im Schnee,
von dickem Rauhfrost
bedeckt, betrachtet, die
auf einer klaren, hellen,
grünlich schimmernden
Luft stehen, so wird so-
fort das eben Gesagte
klar. Deutlicher noch
spricht sich diese Eigen-
schaft in dem Bilde einer
vom Sturme zerrissenen
alten Föhre aus, die
dunkel, fast gespenster-
haft auf einer tiefgoldig
getonten Luft steht! Die

Stimmung dieser fast primitiv zu nennenden Landschaft mit dem einsamen
Baum ist ergreifend, aber mehr noch entzückt den Beschauer das feine male-
rische Gefühl, mit dem der Künstler aus dem Ganzen heraus eine erlesene
kunstvolle Dekoration geschafft, geeignet wie selten ein Werk zur Schmückung
der Wohnung. Dazu kommt noch, daß die weiche, sammtartige Pastelltechnik,
die sowohl Starker als auch Schickardt anwenden, bedeutende Vorteile gegen-
über der Oelmalerei aufweist. „Das Anstrichmäßige, das Schwere, das Mate-
rielle der Oelfarbe, diese niederträchtigsten Eigenschaften", wie Lenbach sich
ausdrückte, fehlt gleich der Tempera auch der Pastelltechnik vollständig.
Dieses Gefühl für die Unzulänglichkeit der Oeltechnik scheint auch in den
Oelgemälden Starkers bemerkbar, denn er bestrebt sich in diesen, durch
Schmelz und Leuchtkraft all jene unangenehmen Erscheinungen der Oelmalerei
zu unterdrücken. Als bezeichnende Proben solcher interessanten Versuche ist
das in kühnen Linien komponierte, von mächtigen Baumgruppen belebte Bild
„Auf der Höhe" zu nennen und eigentümlich in der Farbe das fernliegende
Städtchen mit den dunkel gehaltenen Bäumen im Vordergrunde.

Bevorzugten die beiden genannten Künstler starke Tonwerte, die auf feine
Leuchtkraft der Farben gerichtet sind, so geht Hermann Drück in seinen Land-
schaften mehr auf weiche, zartere Farbenklänge aus, die wenig differenziert,
gewissermaßen eine lyrische Stimmung hervorrufen, wenn man einmal hier
vergleichender Weise die Dichtkunst auf dem Gebiet der Malerei anwenden
will. Charakteristisch hiefür ist „Die Dorfgasse im Mondschein mit dem heim-
kehrenden Schäfer und seiner Herde" und das diesem verwandte Gemälde,
eine „Weite Ebene mit bukolischer Staffage". Gerade die malerischen Quali-
täten jenes größeren Bildes sind, obgleich an sich gut, etwas trocken und ist
der Maler aus Besorgnis, die träumerische melancholische Stimmung zu stören,
in farbiger Beziehung etwas zurückhaltender geblieben, als unbedingt nötig
gewesen wäre. Weniger fällt dies auf in dem großzügigen Frühlingsbilde.

Paul Huber versucht in seinen verschiedenen Bildern seine rein persönliche
Anschauung zu geben, zugleich aber Neuartiges hervorzubringen. Huber geht

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